Beratung

Vaginale Arzneifor­men – was Apotheker wissen sollten

01.08.2023, 07:00 Uhr

Vaginalovula werden aus den gleichen Grundlagen wie rektale Zäpfchen hergestellt. (Foto: alexmia / AdobeStock)

Vaginalovula werden aus den gleichen Grundlagen wie rektale Zäpfchen hergestellt. (Foto: alexmia / AdobeStock)


Ob Tabletten, Zäpfchen, Cremes oder auch Vaginalringe mit lokaler oder systemischer Wirkung – bei der Abgabe vaginaler Darreichungsformen ist in der Apotheke bei der Beratung an einiges zu denken. 

Die meisten vaginalen Darreichungsformen entfalten ihre Wirkung lokal. Der bekannteste Anwendungsfall dürfte eine Pilzinfektion der Scheide sein. Aber auch bakterielle Scheideninfektionen können vorkommen, sie werden oft mit lokalen Antibiotika behandelt. 

Aufgrund der guten Versorgung mit Blut- und Lymphgefäßen können über die Vaginalschleimhaut auch Wirkstoffe resorbiert werden und dann systemisch wirken. Dies spielt bei der Hormonersatztherapie in den Wechseljahren oder zur Kontrazeption eine Rolle. Bei dieser Art der Applikation entfällt der First-Pass-Metabolismus in der Leber. 

Laut Europäischem Arzneibuch können Vaginalia flüssige, halbfeste oder feste Zubereitungen sein, die in der Regel eine lokale Wirkung haben und einen oder mehrere Wirkstoffe in einer geeigneten Grundlage enthalten. Am häufigsten dürften in der Praxis Vaginaltabletten, Vaginalzäpfchen und halbfeste Zubereitungen vorkommen. Daneben gibt es noch die modernen Vaginalringe, die bisher noch nicht im Arzneibuch monographiert sind. 

Brausetabletten für die Vagina?

Vaginaltabletten enthalten häufig antimykotische Wirkstoffe wie Clotrimazol oder Nystatin und werden bei Pilzinfektionen der Scheide eingesetzt. Zum Ansäuern des pH-Werts sind auch Tabletten mit Ascorbinsäure oder Calciumlactat bekannt. 

Wegen des geringen Flüssigkeitsvolumens in der Vagina enthalten diese Tabletten meist hydrophile, teilweise hygroskopische Hilfsstoffe wie Macrogole, Sorbitol oder Lactose. Für einen schnelleren Zerfall können einige Präparate auch Brausesysteme – bestehend aus Natriumhydrogencarbonat und einer organischen Säure – enthalten. Vaginaltabletten sollten daher vor Feuchtigkeit geschützt aufbewahrt und erst unmittelbar vor der Anwendung aus der Blisterpackung entnommen werden.

Da Vaginaltabletten häufig eine geringere Bruchfestigkeit als perorale Tabletten haben, sollten die Presslinge zudem vorsichtig aus der Verpackung entnommen werden. Zur Verbesserung der Gleitfähigkeit können sie unmittelbar vor dem Einführen mit etwas Wasser benetzt werden. 

Vaginaltabletten und auch Vaginalzäpfchen sollten am besten abends vor dem Schlafengehen angewendet werden. So kommt es zu einer langen Kontaktzeit mit der Schleimhaut und einer guten Wirkstoffverteilung. Die Arzneiform wird dabei in Rückenlage, mit angezogenen Beinen, tief in die Scheide eingeführt. Lipophile Hilfsstoffe in Vaginalia werden nicht vollständig resorbiert und verlassen die Scheide wieder als Ausfluss. Daher ist das Tragen eines Wäscheschutzes bei der Anwendung von Vaginaltabletten sinnvoll. Manche Tabletten enthalten zur leichteren Anwendung zusätzlich einen Applikator, also eine Einführhilfe aus Plastik. Da dabei grundsätzlich das Risiko einer mechanischen Verletzung besteht, dürfen diese Applikatoren nicht während einer Schwangerschaft benutzt werden. 

Vaginalzäpfchen: Zusammensetzung und Lagertemperatur

Als weitere feste Darreichungsform zur Anwendung in der Vagina kommen Zäpfchen zum Einsatz. Diese werden auch als Vaginalovula bezeichnet und aus den gleichen Grundlagen wie rektale Zäpfchen hergestellt. Neben reinen Hartfettmassen kommen häufig auch Hartfette mit Zusätzen an Lecithin und verschiedenen Tensiden wie Macrogol-20-glycerolmonostearat zum Einsatz. Durch die emulgierende Wirkung der Tenside können sich die Zäpfchen leicht verflüssigen. Zäpfchen auf Macrogol-Basis können sich im Vaginalsekret auflösen. Meist ist ihr Schmelzbereich zusätzlich auf Körpertemperatur eingestellt. Grundlagen aus Gelatine-Glycerol kommen meist nur noch bei rezepturmäßig hergestellten Ovula zum Einsatz. Vaginalzäpfchen auf Basis von Hartfett erfordern eine Lagerung bei Temperaturen unter 25 °C. Im Gegensatz zu rektalen Zäpfchen aus Macrogol sind Macrogolvaginalia ebenfalls vor Temperaturen über 25 °C zu schützen. 

Anwendungstipps für Vaginalcremes

Vaginalcremes und -gele kommen sowohl zur Behandlung des äußeren Bereichs der Scheide als auch der Vaginalschleimhaut zum Einsatz und sind in Eindosen- oder Mehrdosenverpackungen erhältlich. Die gebrauchsfertigen Einmaltuben enthalten rund 2 bis 3 ml der Zubereitung. Um eine gute Verteilung in der Vagina zu erreichen, sollte die Tube während des Entleerens langsam aus der Scheide herausgezogen werden. Die Mehrdosenbehältnisse enthalten meist einen auf die Tube aufschraubbaren Applikator. Dieser kann einmal oder mehrfach verwendet werden. Bei den Applikatoren zur Mehrfachanwendung sollte die Kundin darüber informiert werden, dass diese nach jedem Gebrauch mit lauwarmem Wasser und Seife sorgfältig zu reinigen sind. Seifenreste müssen gründlich mit Wasser abgespült werden. Wie bei den Vaginaltabletten auch, dürfen Einführhilfen für halbfeste Vaginalia von Schwangeren nicht genutzt werden. 

Lipophile Hilfsstoffe in halbfesten Vaginalia wie Paraffine können die Elastizität und Reißfestigkeit von Latex verändern und damit die Sicherheit von Kondomen beeinträchtigen. Darauf ist bei der Abgabe ebenfalls hinzuweisen.

Vaginalringe richtig einführen und entfernen

Ringe zur Anwendung in der Vagina werden auch als Vaginalinserte bezeichnet. Es handelt sich dabei um ringförmige, flexible Therapiesysteme aus Kunststoffen, die ein Depot von einem oder zwei Arzneistoffen enthalten. Sie werden im oberen Scheidenbereich platziert und geben kontinuierlich eine definierte Wirkstoffmenge an die Vaginalschleimhaut ab. 

Das Präparat Estring® (Estradiol) wird beispielsweise zur lokalen Behandlung von Wechseljahres-Beschwerden in der Scheide eingesetzt. Der Ring verbleibt dazu ohne Unterbrechung drei Monate in der Vagina. Nach dieser Zeit wird der Ring entfernt und gegebenenfalls durch einen neuen Ring ersetzt. Zum Einführen wird der Ring in eine ovale Form gedrückt und so tief wie möglich in die Scheide eingeführt. Zum Entfernen wird ein Zeigefinger tief in die Scheide eingeführt, in den Ring eingehakt und dieser wieder herausgezogen. 

Verhütungsringe: An Ersatz-Ring denken!

Kontrazeptiv wirkende Ringe (z. B. NuvaRing®, Circlet®) setzen konstant eine Kombination aus Estrogen und Gestagenen frei. Sie werden am ersten Tag der Monatsblutung in die Scheide eingeführt und verbleiben für 21 Tage im Körper der Frau. Danach erfolgt eine Ringpause von sieben Tagen, während der es zu einer Blutung kommt. Nach exakt sieben Tagen (d. h. am gleichen Wochentag) wird der neue Ring möglichst zur gleichen Uhrzeit wie bei der Entnahme eingesetzt. 

Um eine sichere kontrazeptive Wirkung zu gewährleisten, müssen bei der Anwendung der Ringe noch einige weitere wichtige Dinge beachtet werden:

  • Grundsätzlich dürfen nur intakte Ringe angewendet werden, d. h. gebrochene oder gerissene Ringe sind zu entsorgen.
  • Bricht oder reißt ein Ring während der Anwendung, muss er entfernt werden. Um den kontrazeptiven Schutz aufrechtzuerhalten, sollte unmittelbar danach ein neuer Ring eingesetzt werden. Aus diesem Grund sollten Frauen immer einen Ersatzring vorrätig halten.
  • Wie bei den oralen Kontrazeptiva ist die verhütende Wirkung auch in der Anwendungspause gewährleistet – aber nur, wenn rechtzeitig ein neuer Ring eingesetzt wird. Wurde nach der Ringpause von 7 Tagen das Einlegen des neuen Rings vergessen, so muss während der nächsten 7 Tage zusätzlich eine Barrieremethode angewendet werden.
  • Dieses Vorgehen gilt auch, wenn der Ring mehr als drei Stunden außerhalb der Vagina war. Befindet sich der Ring weniger als drei Stunden außerhalb der Vagina, so bleibt der kontrazeptive Schutz erhalten.
  • Vor dem Wiedereinführen kann der Ring mit kaltem bis lauwarmem Wasser abgespült werden. Heißes Wasser oder gar Desinfektionsmittel dürfen keinesfalls verwendet werden, denn dadurch kann die Freigabekinetik therapierelevant verändert werden.

Die oben genannten Verhütungsringe der ersten Generation müssen in der Apotheke bei einer Temperatur zwischen 2 und 8 °C aufbewahrt werden. Die Anwenderinnen können diese zu Hause für vier Monate bei Raumtemperatur lagern. Bei der Abgabe sollte daher das Abgabedatum auf der Packung vermerkt werden. Neue Vaginalringe (z. B. GinoRing®) können dagegen über die gesamte Laufzeit bei Raumtemperatur gelagert werden. Sie müssen also auch in der Apotheke nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden. 

Vaginalringe der ersten und zweiten Generation

Die Vaginalringe der ersten Generation setzen die Wirkstoffe retardiert aus einem Depot aus elastischem Kunststoff frei. Dieses ist von einer weiteren Schicht mit geringerer Diffusionsgeschwindigkeit ummantelt. Während der Lagerung verteilen sich die Wirkstoffe aus dem Depot in die äußere Schicht um. Bei höheren Temperaturen läuft dieser Vorgang beschleunigt ab. Damit sich die Wirkstofffreisetzung nicht entscheidend verändert, müssen diese Vaginalringe in der Apotheke im Kühlschrank gelagert werden. 

Die Vaginalringe der zweiten Generation bestehen aus einem anderen Kunststofftyp, sodass während der Lagerung kaum Diffusion in die äußerste Schicht stattfindet. Erst nach vaginaler Applikation wird das Polymer hydratisiert und dadurch ausreichend permeabel für die Wirkstoffe. Die Lagerung kann daher bei Raumtemperatur erfolgen.

Literatur 

Kirchner W.: Arzneiformen richtig anwenden, Deutscher Apotheker Verlage, 4. Auflage, Stuttgart 2016.
Fachinformation NuvaRing® der Firma Organon Healthcare GmbH. Stand Oktober 2022
Fachinformation Circlet® der Firma Organon Healthcare GmbH. Stand Oktober 2022
Daniels R. Arzneiformen für die Frau. Pharmazeutische Zeitung. 03.04.2022. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/arzneiformen-fuer-die-frau-132162/seite/alle/


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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