Telematik

Akzeptanz und Nutzen der Telematik

In einer Hamburger Studie zeigten die Apotheker im Vergleich zu anderen Berufsgruppen eine besonders hohe Akzeptanz verschiedener Telematikanwendungen. Die Apotheker betrachten dabei nicht nur die Nutzung des elektronischen Rezeptes, sondern erwarten insgesamt eine optimierte Arzneimittelversorgung der Patienten als Ziel der Telematikeinführung. Die Untersuchung zur Bestandsaufnahme und zur Akzeptanz der Telematik unter Leistungserbringern in der medizinischen Versorgung (AK-TEL) wurde von der Arbeitsgruppe "Telemedizin und Versorgungsforschung" am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg (Behörde für Wissenschaft und Gesundheit) durchgeführt.

 

Akzeptieren Ärzte und Apotheker die Gesundheitstelematik?

Wie eine kürzlich veröffentlichte Umfrage der TNS emnid im Auftrag der Techniker Krankenkasse bei Versicherten zeigt, wird das frühzeitige Erkennen von Arzneimittelrisiken als ein wichtiger Vorteil der neuen Gesundheitskarte auf Seiten der Patienten wahrgenommen. Demnach ist die Akzeptanz der elektronischen Gesundheitskarte bei Patienten relativ hoch. Die Akzeptanz der professionellen Anwender – d. h. primär der Ärzte und Apotheker – stellt sich in der öffentlichen Diskussion nicht in dem gleichen Maße positiv dar. Diese Akzeptanz gilt als kritischer Faktor der Einführung und wurde daher in einer breit angelegten Hamburger Untersuchung aus der Perspektive verschiedener Berufsgruppen analysiert.

Mit der Verabschiedung des "Gesetzes zur Organisationsstruktur der Telematik im Gesundheitswesen" ist die Einführung der telematischen Vernetzung für die Praxis relevant geworden. Die Telematik wird in Zukunft den Arbeitsalltag von Ärzten, Apothekern und anderen Berufsgruppen wesentlich prägen. Es müssen aber noch viele Details ausgearbeitet werden, beispielsweise die Anbindung der Datenverarbeitungssysteme der Heilberufe an die Telematikplattform, Sicherheitstechniken zur verteilten Signatur und die Ausgestaltung von Anwendungen in den Arbeitsumfeldern der Beteiligten. Obwohl zunächst nur das elektronische Rezept verpflichtend eingeführt werden soll, sind auch diverse Anwendungen bezüglich der Arzneimittelinformationen, medizinische Daten für Notfälle und die elektronische Patientenakte zu berücksichtigen.

Erwartungen an die Telematik

Im Rahmen einer Felduntersuchung von 1043 Heilberuflern konnten 34% für die Studie gewonnen werden. Apotheker stellen 9,4% der Beteiligten. Ärzte aus 16 verschiedenen klinischen Disziplinen sind mit einem Anteil von knapp drei Vierteln die größte erfasste Berufsgruppe. Hinzu kommen Arzthelfer, Krankenpflegekräfte und Medizinisch-Technische Assistenten. Knapp zwei Drittel der Befragten sind im ambulanten Sektor in Hamburg tätig, ein weiteres Drittel in stationären Einrichtungen.

Insgesamt erwarten die Apotheker einen deutlich höheren Nutzen telematischer Anwendungen als andere erfasste Berufsgruppen, dies betrifft insbesondere den erwarteten Nutzen der Arzneimitteldokumentation, des elektronischen Rezeptes, der elektronischen Therapieschemata, der Gesundheitskarte und des Bestellwesens (siehe Abb. 1).

Andere Berufsgruppen erwarten einen höheren Nutzen in ihren Arbeitsbereichen, beispielsweise Pfleger in der Verordnung häuslicher Krankenpflege und in der Übermittlung hierzu notwendiger Überleitungsbögen. Alle Berufsgruppen stimmen darin überein, dass sie bei Einführung der Telematik deutlich mehr Informationen über Arzneimittelsicherheit nicht nur erhalten, sondern auch versenden wollen (siehe Abb. 2). Mit einem Arzneimittelinformations- bzw. Wechselwirkungscheck sollen beispielsweise die spezifischen Arzneimittelrisiken eines Patienten besser und schneller erkannt und damit Fehler bei der Medikation verhindert werden. Hierbei geht es insbesondere um Doppelmedikationen, Kontraindikationen, Arzneimittelallergien oder möglicherweise atypische Medikationen für bestimmte Alters- und Patientengruppen.

Folgende elektronische Applikationen werden von Apothekern der Hamburger Versorgungsregion als wünschenswerte Applikationen einer elektronischen Vernetzung genannt:

  • Bessere Patientenbetreuung in der gesamten Arzneimittelversorgung
  • Interaktionscheck nicht nur bei Dauer- und Akutmedikation, sondern auch in der Selbstmedikation
  • Notfallkarte, da in Notfallsituationen häufig Versorgungsbedarf in Apotheken geäußert wird
  • Elektronische Kommunikation in der Zytostatikazubereitung (z. B. mit Onkologen)
  • Dokumentation aller Wechselwirkungen in Patientenschulungen
  • Verbesserung ambulant-stationärer Schnittstellen in der Versorgung durch Apotheker als langfristiges Ziel
  • Verbesserung der Medikamentencompliance

Mehr Kommunikation, mehr Kooperation mit Ärzten

Die an der Studie teilnehmenden Apotheker erwarten wesentliche Synergien in der Integrierten Versorgung durch die Verbesserung der Kommunikation unter den Heilberuflern und durch den Ausbau der Kommunikation zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich. Derzeit werden massive Defizite durch mangelnde Kommunikation (z. B. über Impfstatus, Röntgenbilder, Kinderkrankheiten) festgestellt. Die an der Studie teilnehmenden Apotheker erwarten im Vergleich zu den anderen Berufsgruppen einen deutlich höheren Nutzen insbesondere hinsichtlich der besseren Kooperation mit Ärzten, der Transparenz von Daten und der besseren Patientenbindung (zwischen 12,9% bis 48,9% mehr im Vergleich zur Gesamtstichprobe).

Die Apotheker sehen die Patientenbindung nicht nur als kundenorientierte Strategie an, sondern möchten darüber hinaus neben telematischen auch telemedizinische Anwendungen in der Optimierung der Patientenversorgung einsetzen. Die Apotheker gaben jedoch die meisten Nennungen dafür an, den Patienten als primären Partner telemedizinischer Anwendungen im Vergleich der Berufsgruppen und Fachdisziplinen zu sehen.

Mehr Informationen erwünscht

Bezüglich zukünftiger Entwicklungen und Planungen im Bereich der Gesundheitstelematik, die von unmittelbarer Relevanz für die tägliche Arbeit sind, wünscht sich die Mehrheit aller Befragten Informationen über die Gesundheitskarte durch Kammern und Berufsverbände (75%) oder über Fachzeitschriften (63,2%). In der Hamburger Ak-Tel-Studie zeigte sich, dass derzeit die Tagespresse die Hauptinformationsquelle war, und dass vor allem ein Defizit bezüglich Informationen aus Kammern und Berufsverbänden besteht.

Fazit und Ausblick

Die hohe Akzeptanz der Apotheker, Ärzte und anderer Berufsgruppen in spezifischen Anwendungen der Telematik sollte in der Einführungsphase der Gesundheitskarte und bei weiteren telematischen Anwendungen in der Umgestaltung verstärkt aufgegriffen werden. Die Ak-Tel-Studie zeigt, dass den Apothekern versorgungsrelevante Applikationen, beispielsweise die Arzneimitteldokumentation und die Übermittlung von Therapieschemata, genauso wichtig sind wie das elektronische Rezept. Diese basalen Anwendungen zur Medikationshistorie sowie zu Therapieplänen sollten integraler Bestandteil von Telematikanwendungen sein und in verschiedenen klinischen Felder unter Kooperation von Apothekern geprüft und evaluiert werden. Die Ausbildung und Fortbildung zur Telematik und zur Gesundheitskarte ist berufsgruppenspezifisch zu konzipieren, hierbei sind auch spezielle Schulungsprogramme für Apotheker notwendig.

Darüber hinaus bietet sich die verstärkte Integration von Apothekern in unmittelbar versorgungsnahe gesundheitstelematische Projekte an. In Hamburg wird beispielsweise derzeit im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg ein Projekt mit dem Namen "Health@Home" mit speziellem Engagement der Apotheker durchgeführt. Dabei soll die Medikamentencompliance und die häusliche Patientenversorgung durch den Einsatz von Telematik, in diesem Fall durch eine elektronische Medikamentenbox, verbessert werden. Das Arzneimittelmonitoring durch Apotheker soll die Akzeptanz der Maßnahmen fördern. Hierbei werden zukünftig u. a. auch Schulungsprogramme für die Apotheker entwickelt. Die im Rahmen dieses Projektes gewonnenen Praxiserfahrungen an den Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, beispielsweise in der Arzneimittelinformation, stellen ebenfalls einen wertvollen Erfahrungsschatz dar, der in den Arbeitsgruppen der Modellprojekte zur Einführung der Gesundheitskarte genutzt werden kann.

 

 

Kontakt

Dr. Silke Schmidt: (0 40) 4 28 03 - 62 06, 
E-Mail: sischmid@uke.uni-hamburg.de

 

Referenzen

www.uke.uni-hamburg.de/teleag www.hamburg.de/telematik

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