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Mit Integration und Telematik in die Zukunft

HAMBURG (tmb). Integrierte Versorgung und Telematik sind wichtige Trends im Gesundheitswesen – und werden es unabhängig von möglichen politischen Veränderungen bleiben. Wie eng diese beiden Entwicklungen zusammenhängen und wie sie die Zukunft der Apotheken in politischer und praktischer Hinsicht entscheidend prägen dürften, erläuterte Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, im Rahmen der Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg am 27. Juni.

Viele Maßnahmen im Gesundheitswesen sollen bis zum Jahr 2008 ihre Wirkung entfalten, beispielsweise die Krankenhausfinanzierung über Fallpauschalen und der morbiditätsabhängige Risikostrukturausgleich. Daher erwartet Froese erst 2008 eine große Gesundheitsreform – und bis dahin viele kleine Veränderungen, die auf Leistungsausgrenzungen und mehr Wettbewerb gerichtet sind.

Suche nach künftigem Gesundheitssystem

Außerdem werde die Integrierte Versorgung erheblich an Bedeutung gewinnen. Sie umfasst vorläufig nur einen kleinen Teil des Gesamtmarktes, soll aber als Suchprozess dienen, um die Gestaltung einer künftigen sektorenübergreifenden Regelversorgung zu erproben. Froese forderte eindringlich, die Apotheker sollten sich daran beteiligen, weil sie anderenfalls künftig in die Rolle von Zulieferern gedrängt würden, die von den Beteiligten der vernetzten Strukturen abhängig wären, ähnlich wie dies in der Autoindustrie beobachtet werden kann. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben können die Verträge zur Integrierten Versorgung nicht die Preise, sondern die Qualität und die Struktur der Arzneimittelversorgung regeln, so wie es im Barmer-Hausapothekenvertrag umgesetzt wurde.

Doch könnten die unüberschaubare Vielfalt künftiger Verträge und die Unklarheiten über manche Regularien, beispielsweise zur Ausschreibung, zu Konflikten mit den gesetzlichen Versorgungsaufträgen der Krankenkassen und der Apotheken führen. Daher würden sich die Apotheker um einen Rahmenvertrag zur Arzneimittelversorgung in Integrierten Versorgungsverträgen bemühen, der die grundlegenden Bedingungen beschreibt. Die wesentliche Aufgabe der Apotheken und zugleich das entscheidende Argument für die Bewahrung des bestehenden Apothekensystems sieht Froese darin, "den letzten Meter" der Arzneimittelversorgung sowohl qualitativ als auch wirtschaftlich effizient zu gestalten. Im Gegensatz zu den immer wieder diskutierten Systemveränderungen verspreche dies auch wesentliche wirtschaftliche Vorteile für die Krankenkassen.

Instrumente für die Apotheke

Um dafür die optimale Gestaltung zu finden, sollten auch die Apotheker die Integrierte Versorgung als Probierinstrument im Sinne eines Lernprozesses nutzen. Als Werkzeuge könnten die intensive Kommunikation mit anderen Heilberuflern, die "sprechende Pharmazie" und die Arzneimitteldokumentation dienen. So könnten die Apotheker im Rahmen des Barmer-Hausapothekenvertrages bereits ausprobieren, was später durch die Telematik zum Alltag werde. Auch der schleswig-holsteinische IKK-Serviceapothekenvertrag ziele auf die Arbeit mit der Arzneimitteldokumentation, beispielsweise bei der honorierten Identifizierung von Doppelverordnungen. Die Apotheker seien gefordert, sich hier zu positionieren, da die Auswertung der Arzneimitteldokumentation und die Optimierung der Behandlung als Dienstleistungen nicht apothekenpflichtig sind und auch andere Anbieter interessiert seien, solche honorierten Leistungen zu erbringen. Als weitere Instrumente für die Integrierte Versorgung müssten die Qualitätssicherung und die Datenflüsse auf die künftigen Anforderungen vorbereitet werden. Außerdem sollten die Apotheker neue Aut-idem-Regeln ausprobieren.

Telematik als Voraussetzung

Als wesentliches Werkzeug setzen alle neuen Versorgungsformen auf die Telematik. Froese betonte, dass die Entwicklung einer funktionsfähigen Lösung für die Gesundheitskarte viel Zeit in Anspruch nimmt. Er beschrieb das Flensburger Modell, für das bereits seit 1999 eine Projektgruppe des schleswig-holsteinischen Gesundheitsministeriums besteht, in der alle Beteiligten einvernehmlich und konstruktiv zusammenarbeiten. Im Unterschied zu anderen Modellen werde in Flensburg bereits praktisch mit Gesundheitskarten gearbeitet, zurzeit würde eine zweite Laborphase mit bis zu 1000 Karten eingeleitet. Sowohl beim Flensburger Modell als auch bei der Lösungsarchitektur des Fraunhofer Instituts ist jedem Patienten ein virtuelles Postfach zugeordnet, in das der Arzt verschlüsselte und signierte Daten sendet. Aufgrund der Vorgaben des Datenschutzes muss der Patient der Souverän der Daten sein. Die technische Umsetzung muss es ihm ermöglichen, ein Rezept einzusehen, zu vernichten oder in einer Apotheke seiner Wahl, auch einer Versandapotheke, einzulösen. Um Missbrauch zu verhindern, sollten die Patienten ihre Daten nach Einschätzung von Froese nur in heilberuflichen Institutionen und nicht am heimischen Computer einsehen können.

Apotheken-EDV jetzt vorbereiten

Als wesentliche Neuerung für die Arbeitsabläufe in der Apotheke würden mit den elektronischen Rezepten Verordnungen als Pharmazentralnummern in maschinenlesbarer Form eingehen. Obwohl viele technische Details der künftigen Gesundheitskarte in den bevorstehenden Modellversuchen erst ermittelt werden sollen, rät Froese den Apothekern, schon jetzt die grundlegenden Voraussetzungen in der EDV-Ausstattung zu schaffen. Die EDV sollte über ein modernes Netzwerk und ein modernes Betriebssystem verfügen und einen Zugang zum externen Netz ermöglichen. Die Apotheker sollten jetzt ihre mittelfristigen Entscheidungen überprüfen, weil Apotheken mit moderner Infrastruktur künftig Vorteile hätten. Die Modellregionen werden voraussichtlich im Spätsommer 2005 festgelegt. Aufgrund des zu erwartenden Auswertungsbedarfs erscheine die bundesweite Einführung der elektronischen Gesundheitskarte 2007 realistisch.

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