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Apotheker sind wichtige Impulsgeber

BERLIN (ks). Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) rückt näher. Die Apothekerschaft hat sich maßgeblich an der Entwicklung des großen Telematik-Projektes beteiligt. Dr. Claus-Werner Brill, Telematikbeauftragter der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände –  ABDA, sieht in der eGK den ersten wichtigen Schritt zu einer großen kommunikativen Vernetzung im Gesundheitswesen. Er stellte den Entwicklungsstand des Projektes am 26. April in Berlin vor.

Die eGK soll es künftig ermöglichen, nach und nach eine Vielzahl von Informationen zu sammeln und verfügbar zu machen. Zunächst wird der Arzneimittelbereich im Zentrum stehen: Das elektronische Rezept (eRezept) und die Arzneimitteldokumentation sind die ersten geplanten Anwendungen. Am Ende der schrittweisen Erweiterungen soll die elektronische Patientenakte stehen. Ein echtes "Zukunftsprojekt", erklärte Brill. Er ist sicher, dass es bis zu ihrer Einführung noch mehr als fünf Jahre dauern wird.

Mehr Qualität, weniger Kosten dank Dokumentation

Das "Lieblingskind" der Apotheker im Rahmen der eGK ist die Arzneimitteldokumentation – sie soll die Qualität der Arzneimittelversorgung spürbar erhöhen. Das System soll künftig erkennen, ob eine Doppelmedikation, Kontraindikation, eine Arzneimittelallergie oder eine atypische Medikation für die Altersgruppe oder das Geschlecht vorliegt. "Ein Apotheker kann nicht immer alles selbst erkennen", erklärte Brill. Es sei daher sinnvoll "ein System im Hintergrund zu haben, von dem man weiß, dass es einen unterstützt."

Darüber hinaus soll mithilfe der Dokumentation auch Geld gespart werden: Eine Analyse, die der Ersatzkassenverband VdAK und die ABDA im Jahr 2000 in Auftrag gegeben haben, kommt zu dem Schluss, dass die zeitgleiche Einführung von eRezept und Arzneimitteldokumentation Einsparungen von rund 100 Mio. Euro pro Jahr erzielen kann.

Online- und Offline-Weg fürs eRezept

Für die Übermittlung des eRezepts hat die ABDA ein eigenes Konzept des "körperlosen Rezepts" entwickelt, erklärte Brill weiter. Dieses sieht ein Online- und Offline-Verfahren vor. Beim Online-Verfahren wird das Rezept vom Arzt verschlüsselt an das persönliche Patientenfach im Netz geschickt – dazu ist es nicht zwingend nötig, dass der Patient die Arztpraxis aufsucht. Sodann kann der Patient das eRezept abrufen – etwa von einem öffentlichen Terminal aus – und an die Apotheke seiner Wahl weiterleiten. Die Apotheke wird sodann eine automatisierte Rückmeldung geben, ob das gewünschte Präparat verfügbar ist.

Menschen, die sich mit dieser Technik nicht auseinandersetzen wollen, können das eRezept auch offline auf ihrer eGK transportieren und in der Apotheke einlesen lassen. Für Brill liegen die Vorteile des Online-Systems auf der Hand: Für einen besonders hohen Sicherheitsgrad sorge, dass die Rezepte verschlüsselt im Patientenfach liegen – wo dieses Fach sich befindet, bestimmt der Patient selbst. Auch der Zugriff auf das Fach ist nur ihm persönlich möglich. Zudem zeichnet sich das Verfahren Brill zufolge durch sein hohes Maß an Freizügigkeit aus. Eine Online-Bestellung ist von überall leicht möglich.

Darüber hinaus sei das System universell und könne auch für andere medizinische Transportformulare verwendet werden. Apotheker und Ärzte wollen den Online-Weg mit dem Offline-Weg über die Karte kombinieren, erklärte Brill. Somit könne eine größere Sicherheit beim Ausfall eines Systems gewährleistet werden. Brill betonte, dass die Fraunhofer Gesellschaft – die die Lösungsarchitektur für die eGK entwickelt hat – das "körperlose Rezept" als Hauptmodell für ihre Feldversuche aufgenommen hat.

Das zuvor diskutierte "Server-Modell", bei dem das eRezept ebenfalls offline in Form eines "Vouchers" auf der Karte transportiert wird, soll ebenfalls temporär getestet werden. Brill glaubt allerdings nicht, dass dieses neben dem neuen Konzept Bestand haben wird.

Weitere technische Konzeptionen

Brill stellte zudem zwei weitere technische Werkzeuge für die elektronische Kommunikation vor, die von der Apothekerschaft entwickelt wurden: So soll der "Konnektor" die 250 verschiedenen EDV-Systeme im Gesundheitswesen an die Telematik-Plattform anbinden. "VerSA" heißt die neue Technik, die eine sichere Anbindung aller Apotheken und Arztpraxen an die Sicherheitsinfrastruktur erleichtern soll. Sie ermöglicht es, den elektronischen Heilberufsausweis nicht bei jedem Vorgang, sondern nur einmal einzustecken.

Die Eingabe des sechsstelligen Codes bei jedem Einzelschritt kann dadurch entfallen. Brill zeigte sich überzeugt: die Apothekerschaft ist durch ihre Entwicklung telematischer Lösungen ein "wichtiger Impulsgeber" bei der Arbeit an der eGK. Detaillierte Informationen zu den Lösungsvorschlägen finden Sie im Internet unter www.telematik.biz.

Gematik jetzt auf rechtlich sicherem Boden 

Der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zum 1. Januar 2006 steht rechtlich nichts mehr im Wege. Der Bundesrat billigte am 29. April widerspruchslos das so genannte "Gesetz zur Organisationsstruktur der Telematik im Gesundheitswesen". Damit erhält die im Januar von der Selbstverwaltung gegründete Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte gGmbH (Gematik) im Nachhinein eine rechtliche Grundlage.

Der Bundestag hatte das Gesetz bereits Mitte April einstimmig beschlossen. Gegenüber dem von der Regierungskoalition eingebrachten Entwurf enthält das jetzt verabschiedete Gesetz zahlreiche Änderungen. Diese folgten als Reaktion auf die Sachverständigen-Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestags im März. Unter anderem soll nun die Nutzung medizinischer Daten in einem Notfall auch ohne einen Netzzugang möglich sein. Die Länder werden im Beirat der gematik mit vier statt ursprünglich geplanten drei Vertretern ein größeres Gewicht erhalten.

Weitere Änderungen betreffen Finanzierungsfragen, die auf die Kritik der Spitzenverbände der Krankenkassen gestoßen waren. Künftig wird die Selbstverwaltung Finanzierungsfragen auf vertraglicher Ebene regeln. Nur wenn keine Einigung erzielt werden kann, ist eine Ersatzvornahme des Ministeriums vorgesehen. Die Kassen müssen zwar die Kosten für den Forschungsauftrag des Ministeriums an das Fraunhofer-Institut tragen. Weitere Forschungsprojekte, die das Ministerium zur Entwicklung der eGK anregt, müssen sie aber nicht bezahlen.

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