Arzneimittel und Therapie

Prostata - Schwachstelle des Mannes

Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) - eine der häufigsten Krankheiten des Mannes im höheren Alter - vermindert spürbar die Lebensqualität. Im Gegensatz zu früher, wo es als einzige Behandlungsmöglichkeit die operative Entfernung der Prostata gab, stehen heute verschiedene instrumentelle Verfahren und medikamentöse Therapieformen zur Verfügung. Mit ihnen läßt sich eine Operation oftmals verhindern.

Zwei Wachstumsphasen


Die Prostata ist ein kastaniengroßes Organ, das aus glatter Muskulatur, Bindegewebe (Stroma) und Drüsen besteht. Sie umhüllt die Harnröhre und produziert ein milchiges Sekret, das bei der Ejakulation dem Samen beigemischt wird und dessen Beweglichkeit erhöht. Während der Pubertät wächst die Prostata und erhöht ihr Gewicht von 2 auf 20 Gramm. Mit fortschreitendem Alter des Mannes kann eine zweite, pathologische Wachstumsphase einsetzen. In Deutschland leiden schätzungsweise 1,7 Millionen der über 50jährigen Männer an einer benignen Prostatahyperplasie (BPH); bei fast allen Männern über 80 Jahren ist das Gesamtvolumen der Prostata deutlich erhöht.

Vielfältige Beschwerden


Wer an einer BPH leidet, kann verschiedene Harnspeicher- und Harnentleerungssymptome zeigen. Diese faßt man mit dem Begriff L.U.T.S. (Lower Urinary Tract Symptoms) zusammen, der die früher gebräuchliche Bezeichnung "Prostatismus" ersetzt. Häufiges Wasserlassen, nächtliches Wasserlassen (Nykturie) und Harndrang sind die wichtigsten Speichersymptome. Zu den Entleerungssymptomen, die obstruktiver Art sind, zählt man die Schwierigkeiten, mit dem Wasserlassen zu beginnen, einen schwachen Harnstrahl, das Harnstottern und das Nachträufeln nach dem Wasserlassen.

Die Obstruktion hat zwei Komponenten


Die obstruktiven Symptome der BPH beruhen auf zwei Faktoren. Erstens auf einer anatomisch vergrößerten Prostata, dem "statischen" Faktor, und zweitens auf dem "dynamischen" Faktor, einer erhöhten Spannung der glatten Muskelzellen in der Prostata, die durch eine gesteigerte Noradrenalinsekretion aus sympathischen Neuronen erklärt werden kann. Beide Komponenten können gleichzeitig vorhanden sein. Denn die Vergrößerung der Prostata beruht vor allem auf einer Zunahme der glatten Muskulatur. Es gibt aber auch Fälle, bei denen nur eine der beiden Komponenten auftritt. So können sich zum Beispiel Harnentleerungsstörungen auch bei normaler Prostatagröße einstellen, die allein auf einem erhöhten Tonus der prostatischen glatten Muskulatur beruhen.

Operation nicht immer vermeidbar


Hinter den L.U.T.S.-Symptomen können sich auch schwerwiegende Krankheiten wie etwa ein Prostatakarzinom verbergen. Deshalb ist eine sorgfältige Untersuchung beim Urologen sinnvoll. Das Ziel der medikamentösen Therapie der BPH ist es, die L.U.T.S.-Symptome dauerhaft zu beseitigen und damit einen instrumentellen Eingriff oder eine operative Entfernung der Prostata zu vermeiden. Allerdings eignet sich die medikamentöse Therapie nur für leichte bis mittelschwere Krankheitsfälle. Bei schweren Fällen mit Harnverhalt, Blutharnen (Makrohämaturien), Niereninsuffizienz oder Blasensteinen ist eine transurethrale Prostataresektion angezeigt, der sich jährlich etwa 33000 Männer in Deutschland unterziehen müssen.

Die medikamentöse Therapie


Zur Behandlung der BPH eignen sich der 5-Alpha-Reduktase-Hemmer Finasterid oder selektive Alpha-1-Rezeptorenblocker. Phytopharmaka wie Brennesselwurzel, Sägepalmenfrüchte, afrikanische Prunus-Rinde oder Kürbissamen sind zwar beliebt und werden häufig verordnet. Die Deutsche Gesellschaft für Urologen steht diesen pflanzlichen Mitteln aber skeptisch gegenüber, da klinische Studien zu deren Wirksamkeit und klinischer Relevanz noch ausstehen.

Mit Finasterid


verkleinert sich die Prostata
Unter der Einnahme von Finasterid verkleinert sich die Prostata um bis zu 20 Prozent. Finasterid hemmt das Enzym 5-Alpha-Reduktase und blockiert damit die Umwandlung von Testosteron zu Dihydrotestosteron (DHT), das wachstumsfördernd auf die Prostata wirkt. Unter der Behandlung mit Finasterid sinkt der DHT-Spiegel um 70 Prozent, und die Beschwerden lassen nach.
Die Substanz verursacht nur in seltenen Fällen Nebenwirkungen (fehlende Libido, Impotenz, vermindertes Ejakulatvolumen, Gynäkomastie), die nach Beendigung der Therapie reversibel sind. Die Nachteile einer Finasteridtherapie sind vor allem der langsame Wirkungseintritt (oftmals erst nach drei Monaten), die nur geringe Erhöhung der maximalen Harnflußrate sowie die Tatsache, daß sich während der Behandlung der Wert des Tumormarkers PSA (prostataspezifisches Antigen) vermindert.

Alpha-1-Rezeptorenblocker wirken auf die dynamische Komponente


Alpha-1-Rezeptorenblocker wirken auf die dynamische Komponente der BPH, denn sie können einen erhöhten Tonus der glatten prostatischen Muskulatur lösen und damit die Harnentleerung erleichtern. Zu den Alpha-1-Rezeptorenblockern gehören Terazosin, Doxazosin, Tamsulosin und Alfuzosin. Letzterer besitzt experimentellen Studien zufolge die höchste Selektivität zum Alpha-1A-Rezeptorsubtyp, der in der Prostata überwiegt.
Die Wirkung der Alpha-1-Rezeptorenblocker tritt rasch ein. Bereits drei Stunden nach der Einnahme kann man eine deutliche Zunahme der maximalen Harnflußrate (um bis zu 40 Prozent) sehen. Selektive Alpha-1-Blocker sind gut verträglich; die Nebenwirkungen sind genauso häufig wie bei Plazebo. Alpha-1-Rezeptorenblocker können jedoch aufgrund ihres Wirkmechanismus eine vergrößerte Prostata nicht verkleinern.
Quelle
Prof. Dr. Klaus Höfner, Hannover, Prof. Dr. Kurt Dreikorn, Bremen, Prof. Dr. Frans M.J. Debruyne, Nijmegen/Niederlande, Dr. Hans-Jürgen Fink, Rendsburg, Presseworkshop "BPH-Therapie mit Alfuzosin - Aktuelle Trends und Perspektiven", Hamburg, 24. September 1998, veranstaltet von den Firmen Byk Gulden, Konstanz, und Synthelabo, Berlin.
Michael Stein, München

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