Arzneimittel und Therapie

Benigne Prostatahyperplasie: Symptomatische Behandlung mit unterschiedlichen Arz

Die benigne Prostatahyperplasie (BPH) ist nicht nur die Ursache für lästige Befindlichkeitsstörungen, beispielsweise Miktionsstörungen, sondern es können auch schwerwiegende Komplikationen auftreten. Dazu gehören Blutungen, Harnverhalten mit Urämie, Infektionen, Nierenstauung, Nierenschädigung und Prostatitis. Zur medikamentösen Behandlung der BPH stehen im Vergleich zur Situation vor zehn Jahren eine Vielzahl zugelassener Arzneimittel zur Verfügung. Traditionell werden in Deutschland vorwiegend Phytopharmaka eingesetzt.

Inzwischen konnte für zahlreiche Phytos die Wirksamkeit nachgewiesen werden, und sie haben so die Zulassungshürde genommen. Langzeitstudien und Metaanalysen, die den Kriterien der Evidence Based Medicine genügen, stehen mit Ausnahme von Phytosterol noch aus.

Multifaktorielle Erkrankung

Die BPH ist eine Erkrankung mit multifaktoriellen Ursachen. Diskutiert werden verschiedene Hypothesen wie

  • Verschiebungen im Hormonverhältnis von Dihydrotestosteron und Estrogen,
  • Stimulation durch Wachstumsfaktoren,
  • veränderte Expression von Wachstumsfaktorrezeptoren,
  • mesenchymale Reaktion,
  • Folge einer bakteriellen oder nichtbakteriellen Prostatitis,
  • natürlicher Alterungsprozess.

Eine gutartige Vergrößerung der Prostata geht von dem direkt um die Harnröhre gelagerten Gewebe aus. Je nach Wachstum kann dies zu einer Einengung des Blasenausgangs und der prostatischen Harnröhre führen.

Veränderungen in der Prostata

Die Hauptsymptome lassen sich von den Veränderungen in der Prostata ableiten. Zu Beginn der Erkrankung stehen irritative Symptome, wie Dysurie, imperativer Harndrang, Pollakisurie, Nachträufeln nach Miktion und das Gefühl einer nicht vollständig entleerten Blase im Vordergrund. Mit fortschreitender Erkrankung nehmen Häufigkeit und Ausprägung von obstruktiven Symptomen wie Abschwächung des Harnstrahls und Restharnbildung zu. Schließlich kommt es zu Harnverhalten, und die Nieren können in Mitleidenschaft gezogen werden.

Bei der BPH lassen sich drei Krankheitsstadien unterscheiden:

  • Reizstadium mit Miktionsstörungen, wobei die Harnblase jedoch entleert werden kann,
  • Stadium der Restharnbildung mit zunehmender Störung der Blasenentleerung und
  • Stadium der Dekompensation (Überlaufblase, Harnstauungsniere).

Im Rahmen der allgemeinärztlichen Untersuchung erfolgt die Basisdiagnostik. Diese umfasst eine digitorektale Untersuchung, Uroflowmetrie, Restharnbestimmung, Urinstatus, orientierenden neurologischen Status, Urosonographie und ab dem 45. Lebensjahr die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA). Zur Behandlung der BPH stehen mehrere medikamentöse Möglichkeiten zur Verfügung.

Alpha1-Rezeptoren-Blocker

Die Blockade der Alpha1-Rezeptoren führt zu einer Erschlaffung der glatten Muskulatur des Blasenhalses, der Harnröhre und der Prostata. Dadurch verringert sich der Harnröhrenwiderstand in der Prostata, und die Symptomatik bessert sich. Eingesetzt werden zur Zeit: Alfuzosin (Urion®, UroXatral®), Doxazosin (Diblocin PP Uro®), Tamsulosin (Alna®, Omnic®) und Terazosin (Flotrim Uro®).

Die Wirkung der Alpha-Rezeptoren-Blocker tritt schnell ein und bleibt auch bei Langzeittherapie erhalten. Wegen der mehr oder weniger stark ausgeprägten Blockade der Alpha-Rezeptoren können unter der Therapie in erster Linie vaskuläre Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit Antihypertensiva auftreten.

Alpha-Reduktase-Hemmer

Aus der Gruppe der Alpha-Reduktase-Hemmer ist derzeit nur ein Arzneimittel zur Behandlung der BPH zugelassen: Finasterid (Proscar®). Der Alpha-Reduktase-Hemmer blockiert die Umwandlung von Testosteron in 5-Alpha-Dihydrotestosteron. Damit wird dem Prostatagewebe ein wichtiger Wachstumsstimulus entzogen. Die vergrößerte Prostata wird unter der Therapie mit Finasterid kleiner. Mögliche Nebenwirkungen sind Gynäkomastie, Libidoverlust und Impotenz

Phytopharmaka

Bei den Phytopharmaka lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: chemisch definierte und extraktdefinierte Phytopharmaka. Alle im Handel befindlichen zugelassenen chemisch definierten Arzneimittel, wie Azuprostat und Harzol, enthalten Phytosterol DAB 9 in unterschiedlichen Konzentrationen. Dabei handelt es sich um ein Substanzgemisch von Sterolen, das aus Hypoxis-, Pinus- und Picea-Arten gewonnen wird und mindestens 70% Beta-Sitosterin enthält.

Der genaue Wirkmechanismus von Phytosterol ist nicht bekannt. In verschiedenen experimentellen Untersuchungen wurden für Beta-Sitosterin-haltige Arzneimittel unter anderem antiphlogistische, antikongestive, antiödematöse, antiproliferative und wachstumfaktorbeeinflussende Wirkungen gezeigt. Die klinische Wirksamkeit wurde in verschiedenen Doppelblindstudien und einer Langzeitstudie gezeigt.

An extraktdefinierten Phytopharmaka sind im Handel Produkte, die Extrakte aus Brennnesselwurzel (Urtica radix), Roggenpollen (Secale cereale), Sägepalmenfrüchten (Serona repens) und Kürbissamen (Curcurbita pepo) enthalten. Der Wirkmechanismus dieser Präparate ist nicht bekannt. Sie scheinen multifaktoriell zu wirken, denn in In-vitro-Studien wurden unter anderem antiandrogene, antiestrogene, antikongestive, antiödematöse, antiphlogistische und antiproliferative Effekte nachweisen.

In zahlreichen Studien konnte für eine Reihe von Präparaten die Wirksamkeit nachgewiesen werden. Bekanntlich ist der Wirksamkeitsnachweis eine Voraussetzung für die Zulassung als Arzneimittel. Beispiele für zugelassene Phythopharmaka sind: Bazoton (Brennessel), Cernilton (Roggenpollen) und Prostagutt forte (Sägepalme). Langzeitstudien stehen allerdings noch aus.

Grundsätzliches zur Therapie

  • Vor jeglicher Therapie und Selbstmedikation steht unbedingt eine ärztliche Untersuchung mit rektaler Abtastung zur Beurteilung der Größe, der Konsistenz und der Oberfläche und die PSA-Messung zum Ausschluss eines Karzinoms, da sich dieses unabhängig von einem Adenom entwickeln kann.
  • Die medikamentöse Therapie sollte, wenn erforderlich, so frühzeitig wie möglich begonnen werden. Bei frühzeitigem Einsatz können die Beschwerden erheblich gelindert werden.
  • Bei der Auswahl eines geeigneten Arzneimittels sind ferner folgende Punkte zu berücksichtigen: Alter, Intensität der Beschwerden, Krankheitsstadium, Komedikation, Komorbidität, Wunsch des Patienten und die Kosten.
  • In Deutschland werden im Rahmen eines kontrollierten Abwartens in erster Linie Phytopharmaka zur symptomatischen Therapie eingesetzt.
  • Ob eine Kombinationstherapie einen zusätzlichen Nutzen bringt, ist derzeit nicht belegt.
  • Bei der Beurteilung des Therapieerfolges ist zu berücksichtigen, dass die BPH eine Erkrankung mit unterschiedliche Verlauf und zeitlich schwankender Intensität ist.
  • Zur Therapieunterstützung sollte auf ausreichendes Trinken und auf regelmäßigen Stuhlgang geachtet werden. Auch ist langes Sitzen möglichst zu vermeiden.
  • Der Therapieverlauf sollte in regelmäßigen Abständen ärztlich kontrolliert werden.
  • Bei einer Verschlechterung des Zustandes oder bei Komplikationen (Blut im Urin, Harnverhalten) muss ein Arzt aufgesucht werden.

Kastentext: Internationaler Prostata Symptom Score (IPSS)

Die Klassifikation der Beschwerden gemäß IPSS erfolgt anhand eines Fragebogens. Der Fragebogen enthält sieben Fragen zu Symptomen und eine Frage zur Lebensqualität. Bei jeder Frage zur Symptomatik sind sechs graduelle Antworten möglich (niemals bis fast immer). Für jede Antwort werden Punkte vergeben (0 - 5). Der Gesamt IPP-Score S reicht dementsprechend von 0 bis 35. Der Index für die Beeinträchtigung der Lebensqualität wird ebenfalls vom Patienten angeben. Hier sind sieben Antwortmöglichkeiten gegeben (ausgezeichnet bis sehr schlecht). Der Lebensqualitätindex L reicht von 0 bis 6. Für die Praxis wird bei einem Score S kleiner 7 keine medikamentöse Therapie empfohlen, es sei denn, der Patient fühlt sich in seiner Lebensqualität stark eingeschränkt.

Quellen: Berges, R. R., A. Kassen, T. Senge: Treatment of symptomatic benign prostatic hyperplasia with beta-sitosterol: an 18-month follow-up. BJU 85, 842 - 846 (2000). Überla, K.: 5th International Consultation on Benign Prostatic Hyperplasia, Paris, 25. Juni 2000.

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