Arzneimittel und Therapie

Benigne Prostatahyperplasie: Dutasterid – der zweite 5-Alpha-Reduktasehemm

Die Vergrößerung der Prostata ist an sich nicht krankhaft. Führt sie jedoch zu Beschwerden im unteren Harntrakt, sollte eine medikamentöse oder operative Behandlung erwogen werden. Eine neue Therapieoption ist der 5-Alpha-Reduktasehemmer Dutasterid (vorgesehener Handelsname Avodart®), der die Zulassung zur Behandlung der benignen Hyperplasie erhalten hat und in Deutschland im Frühjahr auf den Markt kommen soll.

Die Vorsteherdrüse (Prostata) eines jungen Mannes ist nur kastaniengroß und etwa 20 g schwer. Von den Männern ab 40 Jahre weist jeder vierte eine gutartige Vergrößerung der Prostata auf. Mit zunehmendem Alter wird die so genannte benigne Prostatahyperplasie (BPH) immer häufiger.

Beschwerden beim Wasserlassen

Da die Prostata die Harnröhre umgibt, führt ihre Vergrößerung bei einem Teil der betroffenen Männer zu Beschwerden beim Wasserlassen von häufigem Harndrang bis hin zur akuten Harnverhaltung. Eine benigne Prostatahyperplasie mit Beschwerden im unteren Harntrakt wird auch als BPH-Syndrom bezeichnet. Mit dem Internationalen Prostata-Symptomen-Score oder dem entsprechenden Punktesystem der Vereinigung amerikanischer Urologen (AUA-Symptomen-Index) versucht man anhand von Fragen die subjektiven Symptome zu objektivieren. Parallel zu den Miktionsbeschwerden können auch Störungen der sexuellen Funktion, wie verringerte Erektionsstärke, auftreten.

Was passiert in der Prostata?

Zunächst bilden sich in der inneren Mantelzone der Prostata rings um die Harnröhre kleine Knoten. Anschließend beginnt die Prostata zentrifugal zu wachsen. Eine Prostatahyperplasie ist keine Karzinomvorstufe. Für die normale Entwicklung und Funktion, aber auch für das Wachstum der Prostata ist das Androgen Dihydrotestosteron verantwortlich. Während das wichtigste zirkulierende Androgen Testosteron ist, wird in der Prostata sämtliches Testosteron mithilfe des Enzyms 5-Alpha-Reduktase in Dihydrotestosteron umgewandelt. Dort wird auch im höheren Alter, wenn die Testosteron-Serumkonzentration sinkt, Dihydrotestosteron angehäuft.

Dutasterid hemmt beide Isoenzyme

Ein wirksames endokrines Behandlungsprinzip des BPH-Syndroms stellen die 5-Alpha-Reduktasehemmer dar. In einer histopathologischen Untersuchung konnte für Finasterid (Proscar®), den ersten Vertreter dieser Substanzgruppe, gezeigt werden, dass er im Epithel und im Bindegewebe der Prostata zur Apoptose führt. Finasterid wird bei Patienten mit deutlich vergrößerter Prostata (ab 40 ml) eingesetzt. Es verringert das Prostatavolumen und verbessert die klinische Symptomatik. Es reduziert die Wahrscheinlichkeit sowohl für einen akuten Harnverhalt als auch für eine Prostata-Operation.

Mit Dutasterid (Avodart®) kommt in diesem Frühjahr der zweite 5-Alpha-Reduktasehemmer auf den deutschen Markt. Er hemmt beide Isoenzyme der 5-Alpha-Reduktase (Typ 1 und 2, siehe Kasten), während Finasterid nur den Typ 2 angreift. Dutasterid scheint rascher und vollständiger zu einem Abfall der Dihydrotestesteron-Konzentration zu führen. Dies konnte für die Serumkonzentration in mehreren Studien gezeigt werden (Reduktion um über 90% unter 0,5 mg Dutasterid täglich und um gut 70% unter 5 mg Finasterid täglich). Dutasterid besitzt eine orale Bioverfügbarkeit von 60%. Es hat eine lange Halbwertszeit (3 bis 5 Wochen) und wird überwiegend mit den Fäzes ausgeschieden.

Drei große Studien

Dutasterid wurde in drei großen Phase-III-Studien an Patienten mit BPH-Syndrom auf Wirksamkeit und Sicherheit untersucht. Die randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudien ARIA 3001/2 und ARIB 3003 besaßen dieselben Endpunkte. Insgesamt nahmen 4325 Männer ab 50 Jahre mit einem Punktwert ab 12 auf dem AUA-Symptomen-Index (mäßige bis schwere Symptome), einem Prostatavolumen über 30 ml und einem maximalen Harnfluss von höchstens 15 ml/s (= Grenze zum Normbereich) teil. In allen Studien nahmen die Patienten zwei Jahre lang täglich 0,5 mg Dutasterid oder Plazebo ein.

Für die primären Endpunkte ergaben sich insgesamt folgende Unterschiede:

  • Nach 24 Monaten war der Symptom-Punktwert mit Dutasterid um 4,5 und mit Plazebo um 2,3 reduziert. Bereits nach 6 Monaten bestand ein signifikanter Unterschied.
  • Einen ersten akuten Harnverhalt entwickelten innerhalb der zwei Jahre 1,8% der mit Dutasterid Behandelten gegenüber 4,2% der mit Plazebo Behandelten (57% weniger).
  • uch bei den sekundären Endpunkten zeigten sich signifikante Unterschiede:
  • Das durchschnittliche Prostatavolumen hatte sich mit Dutasterid nach 24 Monaten um 25,7% verringert, während es mit Plazebo um 1,7% vergrößert war. Ein signifikanter Unterschied bestand schon nach einem Monat.
  • 2,2% der mit Dutasterid Behandelten und 4,1% der mit Plazebo Behandelten mussten sich einer Prostata-Operation unterziehen (48% weniger).
  • Bereits nach einem Monat war der maximale Harnfluss unter Dutasterid im Vergleich zu Plazebo erhöht.
  • Der BPH-Impact-Index, ein Maß für die Lebensqualität, war unter Dutasterid nach 24 Monaten verbessert.

Insgesamt traten bei 19% der Patienten aus den Dutasterid-Gruppen und bei 14% der Patienten aus den Plazebo-Gruppen unerwünschte Ereignisse auf. Dabei kamen Impotenz und Libidoverlust unter Dutasterid häufiger vor als unter Plazebo (zu den Nebenwirkungen siehe Tabelle 1). Obwohl Dutasterid über CYP3A verstoffwechselt wird, sind bislang keine Wechselwirkungen bekannt.

Achtung: PSA-Wert ist halbiert

Der Dihydrotestosteron-Entzug durch 5-Alpha-Reduktasehemmer bewirkt auch, dass weniger Prostata-spezifisches Antigen (PSA) gebildet wird. Dadurch halbiert sich nach etwa 6 Monaten Finasterid- oder Dutasterid-Gabe die PSA-Serumkonzentration. Dies muss bei der Ausschlussdiagnostik eines Prostatakarzinoms berücksichtigt werden (gemessenen Wert verdoppeln).

Die Vergrößerung der Prostata ist an sich nicht krankhaft. Führt sie jedoch zu Beschwerden im unteren Harntrakt, sollte eine medikamentöse oder operative Behandlung erwogen werden. Eine neue Therapieoption ist der 5-Alpha-Reduktasehemmer Dutasterid (vorgesehener Handelsname Avodart), der die Zulassung zur Behandlung der benignen Hyperplasie erhalten hat und in Deutschland im Frühjahr auf den Markt kommen soll.

Was ist das Besondere an Dutasterid?

  • Dutasterid hemmt beide Isotypen der 5-Alpha-Reduktase. Dadurch könnte es zu einem rascheren und vollständigeren Dihydrotestosteron-Entzug in der Vorsteherdrüse führen als Finasterid.
  • Dutasterid kann auch bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion gegeben werden, weil es kaum renal eliminiert wird.
  • Dutasterid wurde an BPH-Patienten mit einem Prostatavolumen schon ab 30 ml erfolgreich eingesetzt.
  • Das Prostatavolumen und die Harnflussrate verringerten sich in klinischen Studien mit Dutasterid bereits sehr früh (nach einem Monat).
  • Die Abnahme des Prostatavolumens ist möglicherweise auch nach zwei Jahren noch nicht beendet.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten beim BPH-Syndrom

  • Phytopharmaka: es gibt sehr viele, Wirksamkeitsnachweis nur für wenige Präparate
  • Alpha-1-Blocker: beim BPH-Syndrom weltweit am meisten verordnet, wirken durch Muskelrelaxation, Wirkung setzt innerhalb von 4 Wochen ein, Nebenwirkungen vor allem auf Herz und Kreislauf
  • Operation: transurethrale Resektion der Prostata, Lasertherapie, Mikrowellen-Thermotherapie

Gewebeverteilung der 5-Alpha-Reduktase

  • Typ 1 vor allem in nichtgenitaler Haut (u. a. Talgdrüsen des Kopfhaares) und Leber
  • Typ 2 vor allem in Prostata, Samenbläschen, Nebenhoden und Genitalhaut

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