Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

07.01.2024, 07:30 Uhr

2024 beginnt wenig hoffnungsfroh. Wie erreichen wir endlich die dringend benötigte  Honorarerhöhung? (Foto: Alex Schelbert) 

2024 beginnt wenig hoffnungsfroh. Wie erreichen wir endlich die dringend benötigte  Honorarerhöhung? (Foto: Alex Schelbert) 


Honorarumverteilung statt Honorarerhöhung – so nicht, mein liebes Tagebuch. Immer mehr Apotheken schließen, Apotheken sollen immer mehr personalintensive Aufgaben erledigen und können ihr hochqualifiziertes Personal nicht mehr bezahlen, wenn sie überhaupt noch Personal finden. So nicht! Lauterbach will uns für dumm verkaufen. Wir müssen uns wehren – und schauen mal eben zu den Ärztinnen und Ärzten, die den Druck auf den Gesundheitsminister erhöhen. Was werden sie erreichen? Wir schauen auch mal aufs E-Rezept: Technikausfälle, Retaxgefahren, Probleme in Arztpraxen und die Versender mit Zugang zur Gesundheitskarte. Macht keinen Spaß.

2. Januar 2024

Eigentlich dachten wir doch bereits zu Beginn des letzten Jahres, dass eine Honorarerhöhung nun endlich kommen muss. Fehlanzeige. Es kam noch schlimmer: Der Bundesgesundheitsminister gab mittlerweile ein klares Nein zu unserer Honorarforderung. Anfang 2024 steht das Vorhaben von Lauterbach im Raum, den prozentualen Anteil unseres Honorars zu kappen und es umzuverteilen, was letztlich einer Honorarkürzung entspräche. DAZ-Wirtschaftsredakteur Dr. Thomas Müller-Bohn hat sich mit diesem Thema erneut auseinandergesetzt. In seiner Analyse macht er deutlich, dass die Apotheken mehr prozentuales Honorar brauchen, weil darin eben eine Anpassung an steigende Preise steckt – also nicht weniger Honorar. Eine Umverteilung wäre langfristig eine Belastung, weil steigende Kosten dann noch stärker durchschlagen. Müller-Bohn zeigt auch, warum die Grundidee der geplanten Reform in die falsche Richtung geht. Denn heute  interessieren nicht die Betriebsergebnisse von gestern, sondern die Gehälter von morgen. Das Ministerium sehe wohl keinen Bedarf, dass Apotheken neues Personal zu zeitgemäßen Bedingungen gewinnen. Dabei wäre genau dies dringender denn je. Arzneimittel sind und bleiben erklärungsbedürftig, von Mensch zu Mensch, im persönlichen Gespräch. Und dafür braucht es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mein liebes Tagebuch, sieht das Ministerium diese Notwendigkeit nicht? Glaubt das Ministerium, dass der Arzneimittelkauf, die Übergabe von Arzneimitteln keine Beratung und Betreuung mehr brauchen? Es gibt zwar Trends, dass überall Personal eingespart wird und wir mittlerweile alles selbst machen müssen: Wir checken im Hotel selbst ein, wir machen „Komfort-Check-in“ bei der Bahn, wir checken uns selbst und unser Gepäck am Flughaften an Automaten ein und machen online unsere Bankgeschäfte. Und die Online-Einkäufe erreichen uns per Päckchenversand – will das Ministerium diese Do-it-yourself und Self-Check-in-Szenarien auf Arzneimittel übertragen? Hat unsere Berufsvertretung versäumt, dem Ministerium in aller Klarheit darzulegen, dass diese neue Welt bei Arzneimitteln nicht funktioniert? Ein Fazit von Müller-Bohn: „Die persönlich zugewandte Arzneimittelversorgung zu sichern, erfordert langfristig viel Nachwuchs, der gut honoriert werden muss. Die Apotheken brauchen genug Geld für genug Personal. Das Geld ist dem System im Laufe von zwei Jahrzehnten verloren gegangen…“ Werden wir dies jemals aufholen? Oder läuft letzten Endes alles auf die Frage hinaus: Für welche Leistungen werden wir Apothekers in Zukunft bezahlt und in welcher Höhe? Was erwartet die Politik, was erwartet die Gesellschaft von der Apotheke? Muss man Apotheke in Zukunft anders, neu buchstabieren und definieren? Müssen wir uns neu erfinden? Und wenn ja, wie? Bevor wir uns noch jahrelang mit alten Zöpfen herumärgern: Wir brauchen endlich auch eine Zukunftsdiskussion!

 

E-Rezept-Pflicht ab 1. Januar 2014 – und schon gibt es wieder Störungen in der Telematikinfrastruktur (TI). Dieses Mal liegt es laut einer Meldung der Gematik, die sie auch über ihren WhatsApp-Kanal verschickt, „an dem von der Bitmarck betriebenen sektoralen IDP“ – na klar, mein liebes Tagebuch, hätte man sich gleich denken können. Da fällt mir ein, ist eigentlich in der neuen Ausbildungsordnung für uns Apothekers auch ein kleines Informatikstudium vorgesehen? Nein, im Ernst, beim E-Rezept läuft noch lange nichts rund. Was auch immer die Ursachen für Störungen sind: Es klemmt immer wieder. Macht keinen Spaß. Auch wenn bisher die Störungen relativ kurzfristig behoben werden konnten – ich warte schon darauf, dass die TI und die Server in Kürze in die Knie gehen und mindestens ein Tag lang kein Zugriff auf E-Rezepte möglich ist. Und dann?

 

3. Januar 2024

Die letzte offizielle Zahl der Apotheken in Deutschland stammt von Juni 2023: Es gab nur noch 17.830 Apotheken. Anfang dieses Jahres melden einige Kammerbezirke bereits die weiter gesunkenen Zahlen der  Apotheken fürs gesamte vergangene Jahr: In Westfalen-Lippe haben insgesamt 53 Apotheken dichtgemacht. Und im Kammerbezirk Nordrhein ist die Zahl der Apotheken in 2023 um 34 gesunken. Die Gründe für die Schließungen bringt der Präsident der Kammer Nordrhein, Armin Hoffmann so auf den Punkt: „Zu geringe Honorierung, zu viel Bürokratie, nicht enden wollende Lieferengpässe, ein sich immer mehr verschärfender Fachkräftemangel – das alles macht es den Inhaberinnen und Inhabern schwer“. Mein liebes Tagebuch, andere Kammern werden in Kürze ebenfalls ihre Apothekenzahlen vorlegen – die Zahl der Apotheken in Deutschland wird vermutlich um die 17.500 liegen. Der Trend nach unten geht weiter.

 

4. Januar 2024

Viele Hausarztpraxen blieben „zwischen den Jahren“ geschlossen – der Druck auf Lauterbach sollte erhöht werden. Und er ließ wissen, dass er dafür kein Verständnis zeige. In der kommenden Woche, am 9. Januar, stehen Gespräche der Ärzteschaft mit dem Gesundheitsminister an – die Ärztinnen und Ärzte haben ihren Gesprächstermin bekommen. Und trotzdem stellt der Chef des Virchowbundes, Dirk Heinrich, weitere Praxisschließungen in Aussicht. Es wird ein Krisengipfel werden, denn die Hausärzteschaft fordert auch die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen und eine „spürbare Entbürokratisierung“. Es gehe nicht ums eigene Portemonnaie, so Heinrich, es gehe auch darum, die Praxisteams zu honorieren. Mein liebes Tagebuch, wir werden sehr aufmerksam die Gespräche zwischen Ministerium und Hausärzteschaft verfolgen. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD), hat sich bereits zu Wort gemeldet: Er sehe die „Notwendigkeit“, dass die Ärzteschaft „wie auch alle anderen Berufsgruppen in Deutschland – für Ihre Arbeit angemessen entlohnt werden“. Ob dies auch  Lauterbach hört und versteht?

 

Es kommt, wie es kommen muss: Das E-Rezept sorgt zu Jahresbeginn auch in vielen Arztpraxen noch für technische Probleme mit der Telematikinfrastruktur und der Software. Dies ergab eine Blitzumfrage des Ärztenachrichtendienstes. Die Umfrage zeigte außerdem: Neben technischen Schwierigkeiten gibt es auch noch das Problem, dass viele Menschen noch immer nicht wissen, was es mit dem E-Rezept auf sich hat. Das bedeutet, dass die Praxisteams viel Zeit aufwenden müssen, die Versicherten darüber zu informieren. Mein liebes Tagebuch, tja, wer hätten das gedacht…


5. Januar 2024


Das E-Rezept – für einige noch immer enthusiastisch gefeiert, von anderen (es dürfte die Mehrzahl sein) mehr als skeptisch und frustriert betrachtet. Ja, würde es wirklich reibungslos funktionieren, wäre der Versand außen vor und hätte man für den Notfall einen Plan B – es könnte so schön sein. Doch alle drei Punkte sind Wunschdenken – nichts funktioniert zuverlässig, der Versand darf sogar über die Gesundheitskarte mitspielen und einen Plan B für den Notfall gibt es nicht. Wenn also z. B. die Technik versagt (Apotheken-Hardware), der Strom ausfällt, das Internet gestört ist, die Server schwächeln, wenn also der Patient mit seinem E-Rezept“ und der Versichertenkarte in der Apotheke steht und sein Rezept nicht eingelöst werden kann, was dann? Die Versichertenkarte ist nur der Zugang zum Server, das Rezept ist darauf nicht gespeichert. Welche Arzneimittel hat der Arzt verordnet? Mein liebes Tagebuch, warum gibt es da eigentlich noch keinen Plan B? Ein Beitrag in der neuesten „AWA – Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker“ geht solchen Fragen nach. die Lektüre kann ich empfehlen, Sie finden den Beitrag hier.


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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10 Kommentare

Lauterbach und meine ABDA

von Webeha am 13.01.2024 um 23:20 Uhr

Jetzt bin ich schon 7 Jahre im Ruhestand. Es ist nicht mehr ertragbar, was diese ABDA all die Jahre gemacht hat: Ruhe- es könnte noch schlimmer kommen !!! Lauterbach ist einfach nicht qualifiziert wie seine Vorgänger.
Warum machen die deutschen Apotheken nicht mal EINE WOCHE dicht? Das wäre schon letztes Jahr besser gewesen.


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Quittung der Angeberei

von Dr. Radman am 07.01.2024 um 16:06 Uhr

Die Ärzte haben bei E-Rezept aller Freiheiten der Welt. Nur wir wurden – dank DAV- in einen Korsett rein gezwängt, so dass wir unsere Arbeit nicht mehr ordentlich machen können. Die ABDA bzw. DAV wollten damit angeben, dass Sie besser und schneller E-Rezept können als die Ärzte . Und nun haben wir die Quittung.

Mich wundern diejenigen, bei den das Wasser angeblich bis zum Hals steht und dennoch der ABDA ohne zu hinterfragen Gefolgschaft leisten und brav die Beiträge samt 18 % Erhöhung zusammenkratzen. Für die Kolleginnen und Kollegen wäre die Mitwirkung in der „freien Apothekerschaft“ eine Alternative. Warten Sie bitte nicht so lange auf die Standesvertretung. Sie könnten den Zug verpassen.

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eRezept

von Karl Friedrich Müller am 07.01.2024 um 15:55 Uhr

Was soll / muss man sich als Apotheke noch alles gefallen lassen? Zur Kürzung kommt nun ein teures, untaugliches und dysfunktionales eRezept.
Nicht nur, dass alle Versprechen gebrochen wurden bzgl Fehlerfreiheit usw,es verkompiziert die Abgabe erheblich. Wenn mal die TI funktioniert. Was haben wir davon "eRezept ready" zu sein (Herr Ditzel!), wenn der Rest nicht funktioniert? Angefangen bei der Gematik, TI; Kassen?
Viele Praxen sind nicht gut vorbereitet. Fehlerquellen ohne Ende. Und die Apotheke soll für alles gerade stehen? Im Ernst? Wo ist der Aufschrei, der DAV, die ABDA? Im WIntertiefschlaf?
Das nennt sich Digitalisierung? Warum ist das nicht anwenderfreundlich programmiert, dass gar keine Fehler auftreten? Auch anwenderfreundlich für den Kunden? ES ist nur anwenderfreundlich für den Versand. Da wurde immer sofort reagiert. Ja, weil keine Vorgaben für Praxen und Apotheken kamen und weil die Programmierer keine Ahnung von den Abläufen hatten. Wir waren auch nicht wichtig, oder?
Man hat ein irres Geld verballert für diesen Mist!
Das eRezept in dieser Form muss weg. Vielleicht schaut man mal im Ausland wie es funktioniert.
Was Herr Giese schreibt, kommt noch oben drauf. Schöner Beruf: Ade.

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e- Rezept

von Christian Giese am 07.01.2024 um 15:23 Uhr

Das e-Rezept dürfte das Berufsbild des Apothekers gewaltig verändern.
Bisherige Freiheitsgrade, die z.B. zur Bearbeitung und Heilung eines "wackeligen" Muster- 16 Rezepts, wie Toleranz, Aufmerksamkeit, Umsicht, pharmazeutische Bedenken, Achtung, Respekt, Good Will aber auch Konsequenz zur Verfügung standen, werden so nicht mehr möglich sein.
Ab jetzt herrscht digitale Bürokratie, ein automatisiertes System, automatisierte Apotheker.
In Bälde wohl ein KI Apotheker?
Und um in die Zukunft zu schauen, nix dagegen tut sich!

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Wertschätzung

von Dr. House am 07.01.2024 um 11:35 Uhr

Wenn sich ganze Berufsgruppen aufgrund des Zeitgeists ändern müssen, liegt darin erstmal nichts schlechtes oder böses. Das Problem was ich habe ist, dass man uns gegenüber so tut, als ändert sich nichts, nur um zu erreichen, dass wir selbst die neue Zeit, also unsere eigene Abschaffung, einleiten, begleiten, Kollateralschäden der Patientenversorgung dämpfen, nur um am Schluss mit nichts dazustehen und von der Versorgungsbühne gänzlich verjagt zu werden. Politik und Krankenkassen kann man schlecht finden, aber die sprechen hin und wieder mehr Klartext als unsere Kammern und Verbände (kann man aktuell bezügl des Generalstreiks sehr gut sehen) Unsere eigenen Leute tun so, als wäre alles für ewig in Stein gemeißelt, dabei sind sie es dann die uns „verpflichten“ nahtlos fleißig und ohne Aufmucken unser eigenes Grab zu schaufeln.

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Lautes Schweigen

von Ulrich Ströh am 07.01.2024 um 8:43 Uhr

Mal ganz einfach - norddeutsch - formuliert:

Die Standesvertretung bekommt jetzt -leider -
die Quittung für die letzten zehn Jahre
lautes Schweigen.

Jetzt ist es zu spät mit der Wahrnehmung
und der erwünschten Wertschätzung…

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Lautes Schweigen

von Dr.Diefenbach am 07.01.2024 um 10:31 Uhr

...betreffend die WERTSCHÄTZUNG:Die ermisst sich unter Anderem an dem neuen Nachsatz in der AM-Werbung....." oder fragen Sie in der Apotheke".Mehr Dumpfheit geht PR-mässig zur Zeit kaum.Das wurde auch hier schon vor Monaten angeprangert, schlimm genug dass unsere PR -nun in neuen Händen-
wiederum NICHTS auf die Beine stellen konnte.Der Nachsatz ist einfach:Abqualifizierend UND richtungsweisend zugleich.....

AW: Lautes Schweigen

von Conny am 07.01.2024 um 10:40 Uhr

@Herrn Diefenbach: die Frage ist ja auch wenn frage ich in der Apotheke: die Putzfrau, den neben mir stehenden Kunden, den Botendienstfahrer der zufällig reinkommt, die Helferin ? Hat ja nicht jeder Glück gleich an Frau Peter zukommrnen.

.

von Anita Peter am 07.01.2024 um 7:54 Uhr

Die ABDA ist leider mal wieder völlig untergetaucht. Von Eskalation nichts zu hören und zu sehen. Das ist keine Standesvertretung. Woanders wird mit harten Bandagen gekämpft und werden Erfolge erzielt. Wer nicht kämpft hat verloren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Harte Bandagen

von Thomas Kerlag am 07.01.2024 um 9:59 Uhr

Ja schicken Sie mal die Apotheker in den Bauernkrieg. Es gibt ja kaum noch welche

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