Trübe Aussichten

Was bringt 2024 den Apotheken?

Berlin - 03.01.2024, 17:50 Uhr

Viele Sorgen trüben den Ausblick der Apotheker für 2024. (Foto: imago-images / Frank Sorge)

Viele Sorgen trüben den Ausblick der Apotheker für 2024. (Foto: imago-images / Frank Sorge)


Für die Apotheken gibt es derzeit wenige Gründe, optimistisch ins neue Jahr zu blicken. Die geplante Apothekenreform, steigende Kosten, Lieferengpässe und die Digitalisierung des Gesundheitssystems werden wohl auch zukünftig für einiges Kopfzerbrechen sorgen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte kurz vor Jahresende seine Eckpunkte zur Apothekenreform vorgestellt. Dabei wurde deutlich, dass den Forderungen der Apotheker:innen und PTA offenbar auch zukünftig kein Gehör geschenkt wird. Verbände und Kammern waren sich weitgehend einig darin, dass von den vorgestellten Plänen weitere Kostensteigerungen für die Apotheken zu erwarten sind.

Wachsender Widerstand der Heilberufe

Von dem Vorhaben zur Schaffung von Apotheken mit eingeschränktem Leistungsangebot erwarten die Apotheker:innen ohnehin nichts Gutes. Es bleibt zu vermuten, dass sich der Widerstand von Ärzt:innen, Apotheker:innen und PTA im neuen Jahr verstärken wird, derzeit zeichnet sich eine stärkere Verzahnung der Proteste der Heilberufler ab.

Digitalisierung des Gesundheitswesens

Die verpflichtende Einführung des E-Rezeptes stellt weiterhin eine große Herausforderung für die Apotheker:innen, PTA und Arztpraxen dar. Es gibt einige technische Anlaufschwierigkeiten in der Telematikinfrastruktur, die es zu beheben gilt. Darüber hinaus ist es eine nicht unerhebliche Aufgabe, die Patient:innen für die Nutzung des E-Rezeptes zu begeistern. 

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Dafür stellt die ABDA den Apotheken-Teams im neuen Jahr umfangreiches Werbematerial zur Verfügung, darunter Plakate, Handzettel, sowie Videospots, die in Apotheken der Kundschaft das E-Rezept näher bringen sollen. Für den Zugang zum E-Rezept sowie für den Zugriff auf die elektronische Patientenakte müssen die Krankenkassen seit Jahresbeginn ihren Versicherten auf Wunsch eine digitale Identität in Form einer GesundheitsID zur Verfügung stellen.

Neue Vorratspflichten

Bereits seit dem 27. Dezember 2023 gelten die mit dem Engpassgesetz (ALBVVG) für Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken erweiterten Vorratspflichten. Sie müssen jetzt parental anzuwendende Arzneimittel und Antibiotika zur intensivmedizinischen Versorgung für einen durchschnittlichen Sechs-Wochen-Bedarf bereithalten. Wenn bei Krebsarzneimitteln ein Engpass absehbar wird, müssen Apotheken, die daraus anwendungsfertige Zubereitungen herstellen, mindestens einen Vier-Wochen-Vorrat herstellen.

Präqualifizierung

Für dieses Jahr ist endlich Entlastung in puncto Präqualifizierung zu erwarten. Mit dem ALBVVG wurde ihrem Wegfall mit Blick auf „apothekenübliche Hilfsmittel“ der Weg bereitet. GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) müssen sich noch verständigen, welche Hilfsmittel darunter zu verstehen sind. Zeit haben sie dafür bis zum 27. Januar, gelingt bis dahin keine Einigung, entscheidet die Schiedsstelle bis zum 27. April darüber. Darüber hinaus könnte sich auch das Bundesverfassungsgericht mit der Präqualifizierung befassen: Das Sanitätshaus Stolle hatte im Dezember angekündigt eine Verfassungsbeschwerde gegen die Befreiung der Apotheken von der Präqualifizierungspflicht einzureichen.

Keine Kürzungen für BMG-Projekte

Von den drastischen Kürzungen des Bundeshaushaltes 2024, infolge des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 15. November, ist das Bundesgesundheitsministerium (BMG) im Gegensatz zu anderen Ressorts offenbar nicht betroffen. Für die ambitionierten Vorhaben des Ministeriums stehen also auch nach den Kürzungsbeschlüssen vom 19. Dezember die ursprünglich für 2024 veranschlagten Mittel zur Verfügung.

Arzneimittelversorgung

Auch im neuen Jahr stellen Lieferengpässe bei Arzneimitteln ein drängendes Problem für Patient:innen und Apotheken dar. Bereits seit dem 16. Dezember 2023 gilt die neue „Dringlichkeitsliste“ für den flexibleren Austausch von dort gelisteten Kinderarzneimitteln. 

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Mit dem geplanten Medizinforschungsgesetz möchte das BMG dem diagnostizierten Mangel an klinischen Studien in Deutschland entgegenwirken. Auf diesem Weg sollen medizinische Innovation sowie der Ausbau der Arzneimittelproduktion in Deutschland vorangetrieben werden. In Verbindung mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz und dem Digitalgesetz, die im Dezember beschlossen worden waren und voraussichtlich im Februar in Kraft treten werden, sollen Patientendaten für klinische Forschungsprojekte zugänglich gemacht werden. Zudem möchte das BMG dem Fachkräftemangel in den Heilberufen durch eine vereinfachte Anerkennung von Qualifikationen ausländischer Fachkräfte entgegenwirken. Eine flächendeckende Arzneimittelversorgung ist derzeit auch durch den Mangel an pharmazeutischem Fachpersonal gefährdet.

Genderneutraler Pflichthinweis

Seit dem 27. Dezember 2023 muss in der Publikumswerbung für (OTC-)Arzneimittel die Formulierung „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke“ verwendet werden.

Cannabis-Legalisierung

Durch das geplante Cannabisgesetz soll der private Besitz und Anbau von THC-haltigem Cannabis legalisiert werden. Gleichzeitig sollen auch die Regelungen zur Abgabe von medizinischem Cannabis in Apotheken modifiziert werden. Medizinisches Cannabis wird ab April, nach den Plänen der Bundesregierung, nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, dadurch würde die BtM-Dokumentation, sowie die Pflicht zur Tresorlagerung entfallen.

Dennoch vermuten Vertreter der Cannabis-Branche insgesamt eine Zunahme der Regularien zur Cannabisabgabe. Derzeit gehen die Vertreter:innen der Ampel-Koalition davon aus, dass der Besitz von Cannabis am 1. April legal wird, ab dem 1. Juli soll auch der Anbau und Erwerb in Cannabis-Clubs möglich sein.

Steigende Kosten

Zusätzliche Kosten entstehen den Apothekenbetreiber:innen unter anderem durch die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. Seit dem 1. Januar gilt der erhöhte Mindestlohn von 12,41 Euro pro Stunde. In Apotheken werden einige Stellen mit Minijobbern besetzt. Diese dürfen neuerdings bis zu 538 Euro im Monat verdienen. Arbeitnehmer:innen steht nun zudem ein erweiterter Anspruch auf bezahlte Kinderkrankentage zu – pro Elternteil und Kind wurde die Zahl von zehn auf 15 erhöht. Heiz- und Transportkosten werden durch die Erhöhung der CO2-Abgabe in die Höhe getrieben. Der Preis für emittiertes CO2 steigt von 30 auf 40 Euro pro Tonne. Auch die Strompreise werden sich deutlich erhöhen, die Netzentgelte pro Kilowattstunde verdoppeln sich nahezu gegenüber dem Vorjahr.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

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