Lieferengpässe bei Kinderarzneimitteln

Apotheker-Kritik – Lauterbach rechtfertigt sich bei Bild

Berlin - 20.09.2023, 10:45 Uhr

Bis das Lieferengpass-Gesetz wirkt, braucht es Zeit, erklärt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei „Bild“. (Foto: imago images / IPON)

Bis das Lieferengpass-Gesetz wirkt, braucht es Zeit, erklärt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei „Bild“. (Foto: imago images / IPON)


„Apotheker-Aufstand gegen Lauterbach“ war am vergangenen Dienstag in der Bild-Zeitung zu lesen. Der Bundesgesundheitsminister war just an dem Tag auch bei dem Springer-Blatt zum Interview geladen. Die Lieferengpässe habe er nur „geerbt“, erklärte er dort – zu den Forderungen der Apothekerschaft sagte er nichts.

Und noch ein Pressetermin für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): Am gestrigen Dienstag tanzte er bei „Bild“ an. Empfangen worden war Lauterbach von dem Springer-Blatt mit einem Artikel unter der Schlagzeile: „Apotheker-Aufstand gegen Lauterbach“. Auf der Titelseite stand: „Apotheker-Alarm. Medikamentenmangel immer schlimmer“. Das Thema des Gesprächs mit dem Minister schien also gesetzt. Es ging um die prekäre Versorgungslage unter anderem bei Kinderarzneimitteln im Herbst und Winter – und was der Minister vorhat, um diese zu verbessern.

Zur Kritik aus der Apothekerschaft erklärte Lauterbach, er könne „den Groll“ verstehen, wie Bild schreibt. „Apotheker machen eine tolle Arbeit. Aber ich habe diese Lieferengpässe geerbt, viele Reformen sind seit zehn Jahren überfällig.“ Zu dem Vorwurf eines Apothekers, der Bild auch als Schlagzeile diente - „Tiere sind in Deutschland besser versorgt als Kinder“ – sagte Lauterbach, die Aussage sei „grob falsch“. Man gebe für Humanarzneimittel 48 Milliarden Euro im Jahr aus, für Tierarzneimittel 900 Millionen.

„Das alles braucht ein bisschen Zeit“

Im Juli war das Lieferengpass-Gesetz (ALBVVG) verabschiedet worden, das unter anderem vorsieht, die Arzneimittelproduktion in der EU zu forcieren. Auch aus der Apothekerschaft heißt es seither, dass es nicht ausreichen werde. Gegenüber „Bild“ erklärte Lauterbach dazu nun: „Das alles braucht ein bisschen Zeit. Noch gelten alte Rabattverträge, noch gibt es keine neuen Fabriken. Aber wir haben das gesetzlich geändert und dafür gesorgt, dass Produktionsstätten auf ein Maximum hochfahren und so viel liefern wie möglich.“

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Neben den Lieferengpässen sprach das Boulevardblatt auch noch über die anderen derzeit von Lauterbach angestoßenen Reformversuche. 15 seien es an der Zahl, so der Minister, darunter vier Krankenhausgesetze. Leserinnen und Leser dürfen auch erfahren, dass Lauterbach seine Arbeit gerne macht – „aus innerer Überzeugung. Ich möchte die Gesundheitsversorgung in Deutschland verbessern“. Es gebe aber „ein paar Menschen, die mir nicht wohlgesonnen sind“.

„Wir verwalten einen Mangel“

„Bild“ hatte bereits am Montag über die wütenden Reaktionen aus der Apothekerschaft auf Aussagen des Ministers berichtet. Hintergrund war zum einen, dass er gesagt hatte, die Versorgungslage bei Arzneimitteln dieses Jahr werde „deutlich besser“ sein als im vergangenen. Zudem hatte er der Apothekerschaft vorgeworfen, wegen ihres Honorarkampfs Ängste in der Bevölkerung zu schüren.

Ein Apotheker hatte dem Blatt daraufhin eine Liste von 710 Arzneimitteln geschickt, die er nicht bekommen kann, diese Geschichte griff „Bild“ am Montag auf. Einen Tag später dann schrieb das Springer-Blatt, es lägen 200 Defektlisten von Apothekerinnen und Apothekern vor, der Tenor des Berufsstandes sei: „Wir verwalten einen Mangel.“

Die ABDA kommentiert die Berichterstattung bislang nicht. Sie antwortete Lauterbach allerdings am vergangenen Dienstag auf einen Post auf X, vormals Twitter. Auch hier hatte Lauterbach die Apotheker:innen für ihre „gute Arbeit“ gelobt. Die Standesvertretung konfrontierte den Minister erneut mit ihrer Forderung nach einer Anpassung des Honorars.


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Lauterbach/Bild

von Wolfgang Steffan am 21.09.2023 um 19:47 Uhr

Wieso schafft es nur Lauterbach in die Bild-Zeitung und
nicht "unsere" ABDA ?
Habe noch nie ein ABDA-Interview in der Bild gesehen -
Schlafmützen und Leisetreter vertreten uns in der Öffentlichkeit !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Bild/Lauterbach

von Ingrid Schierle am 20.09.2023 um 19:03 Uhr

Liebe Bild -Redaktion

Sie geben in der heutigen Ausgabe Herrn Lauterbach die Gelegenheit, auf die Aussagen der Apotheker zu reagieren.

In seinen Ausführungen kommt sein übliches Verhaltensmuster zum Tragen, das man unter „Lügen und strategische Nebelkerzen“ zusammenfassen kann.

Lüge 1: „Wir zahlen 900 Mio im Jahr für Tiere“
Jeder Tierbesitzer kommt für die Tierarztkosten privat auf, es gibt keine gesetzliche Krankenversicherung für Tiere, so dass „wir“ als Solidargemeinschaft überhaupt nichts für Tiere bezahlen.
Es gab zu keiner Zeit einen Mangel an Antibiotika für Tiere, während wir in der Versorgung von Menschen von einem Engpass zum nächsten schlittern. Woran liegt’s? Eventuell an den Tagestherapiekosten von wenigen Cent bei Menschen im Vergleich zu zweistelligen Eurobeträgen bei Tieren? Schon mal drüber nachgedacht?

Lüge 2: „Ich habe die Probleme geerbt“
Nein, Herr Lauterbach, Sie sind maßgeblich an der Misere schuld. Sie waren es, der unter Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die Ökonomisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben hat! Sie waren es, der eine Vielzahl von Maßnahmen initiiert hat, die jetzt als Bumerang zurückkommen! Egal ob im Apothekenwesen oder im Krankenhaussektor. Wenn Sie jetzt den Geistern, die Sie riefen nicht Herr werden, dann können Sie das nicht auf andere schieben!

Strategie Nebelkerze 1: „Ich bearbeite 15 Baustellen gleichzeitig“
Lieber Herr Minister, jedem sollte doch klar sein, dass es nicht zielführend sein kann, zu viele Themen gleichzeitig anzupacken. Heillose Selbstüberschätzung ist kein gutes Mittel, um Probleme zu lösen! So schaffen Sie nur neue Probleme, indem sie 15 halbausgegorene Lösungen präsentieren! Arbeiten Sie lösungsorientiert und nicht „fame-orientiert“!
Keiner hat Sie gezwungen, Cannabis oder Gesundheitskioske auf die Agenda zu setzen. Sie haben es getan, weil Sie sich Ruhm davon erhofft haben, bekommen haben Sie teure und nutzlose Rohrkrepierer!

Strategie Nebelkerze 2: Wenn es eng für Sie wird, weichen Sie aus und werden unsachlich.
Diese Strategie haben wir Apotheker bereits schmerzlich zu spüren bekommen. Ihr süffisanter Twitterbeitrag zum Protesttag, Ihr Interview zu unseren Honorarforderungen und zuletzt Ihr Auftritt im Morgenmagazin. Dieses Verhalten ist eines Ministers nicht würdig!

Ich möchte Sie bitten, die Aussagen des Ministers kritisch zu hinterfragen.
Die Forderungen nach Konsequenzen für diese Fehlleistungen des Herrn Lauterbach überlasse ich Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Schierle

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Bild/Lauterbach

von Simone Kühn am 22.09.2023 um 7:33 Uhr

Sehr gute Zusammenfassung! Nicht zu vergessen seine ganzen Coronalügen, die bis heute ungeahndet im Raum stehen. Ich finde es absolut lächerlich, diesem Mann überhaupt noch eine Bühne zu geben bzw ihn in diesem wichtigen Amt zu lassen. Das zeigt sehr gut, wo wir in Deutschland hingekommen sind.

AW: Bild/Lauterbach

von Thomas B am 25.09.2023 um 15:08 Uhr

Ich finde auch, sehr schöne Zusammenfassung!
Und es geht bei den Tierarzneimitteln nicht nur ums Geld, auch um den Verbraucherschutz! Aus Gründen des Tierschutzes ist EU-weit der Versand von RX-Tierarzneimitteln verboten! Somit wird Tierschutz tatsächlich über Menschenschutz gestellt!
Zur Honorardebatte: Für die ärztlichen Kollegen gibt es nahezu jährlich eine Anpassung, dieses Jahr 1,47 Mrd €, für uns Apotheken seit 19 Jahren....nix....und diese ewige Argumentation mit der prozentualen Beteiligung geht mir auf die Erbse! Die Beteiligung sind 3 %, Der Kaufkraftverlust seit 2003 sind 45%. Gerne kann er diese 3% abziehen, wenn er die entsprechende Erhöhung um 42% bekanntgibt.... Diese Verlogenheit k...t mich einfach an!

BILD vs DAT

von Jörg Wemsewitz am 20.09.2023 um 18:23 Uhr

Und heute sin(g)kt für sie das Niveau. Zur Bild rennen statt zum DAT, sagt doch schon alles.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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