hkk-Gesundheitsreport

Opioide: Oft zu leichtfertig verordnet

07.06.2022, 12:15 Uhr

Verordnungsvolumen häufig eingesetzter stark wirkender Opioide und Opiate (WHO-Stufe-III) bei hkk-Versicherten in den Jahren 2018, 2019 und 2020. (Quelle: hkk Gesundheitsreport)

Verordnungsvolumen häufig eingesetzter stark wirkender Opioide und Opiate (WHO-Stufe-III) bei hkk-Versicherten in den Jahren 2018, 2019 und 2020. (Quelle: hkk Gesundheitsreport)


Unkritischer Einsatz bei Rückenschmerzen und Arthrose

Ein nicht reflektierter und häufiger Einsatz von Fentanyl – auch als Nasenspray oder Lutschtablette – kann zu Opioid-Abhängigkeiten und eine missbräuchliche Falschanwendung zu einer Überdosierung mit Todesfolge führen. In diesem Zusammenhang weisen die Autoren auf die bereits 2012 von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) veröffentlichte Warnung vor einem unkritischen Einsatz von Fentanyl-Pflastern bei opioidnaiven Patienten hin. 

Des Weiteren wird der 2022 von der AkdÄ ergänzte Warnhinweis zur Opioidabhängigkeit nach wiederholter Anwendung von transmukosal verabreichtem Fentanyl betont und auf Informationen des BfArM hingewiesen. Aus diesen geht hervor, dass das Risiko der Abhängigkeitsentwicklung bei Off-Label-Use, also einer Anwendung außerhalb der behördlichen Zulassung und ohne vorherige klinische Prüfung, erhöht sein kann.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Verordnung von Opioiden bei Arthrose- und Rückenschmerzen. Diese sollten immer zunächst mit Heil- und Hilfsmitteln wie Ergo- oder Physiotherapie und gegebenenfalls zusätzlich mit opioidfreien Analgetika behandelt werden. 

Die Realität sieht indes anders aus. Rund 80 Prozent der starken Opioide werden nicht bei Tumorschmerzen oder sonstigen schweren Schmerzen eingesetzt, sondern bei Patienten mit Rückenbeschwerden und Arthrose. Die Verschreibungen erfolgten fast ausschließlich von Allgemeinmedi­zinern und Internisten. Die Autoren des Opioidreports sehen die Langzeitanwendung von Opioiden außerhalb bestimmter Indikationen kritisch und geben daher folgenden Rat: Sollten Opioide nicht zur Linderung von Tumorschmerzen eingesetzt werden, ist ein Schmerztherapeut hinzuzuziehen, auch um eine Chronifizierung des Schmerzes zu verhindern.

Oxycodon und Naloxon als fixe Kombination – ist das nötig?

Kritisch hinterfragt wird die fixe Wirkstoffkombination Oxycodon und Naloxon. Nach Ansicht der Autoren des Opioidreports können unter Umständen bestimmte Patienten von dieser fixen Kombination profitieren. Allerdings wird die Aussagekraft entsprechender Hersteller-gesponserter Studien als begrenzt und nicht überzeugend eingestuft. In vielen Fällen reiche die Gabe von Oxycodon, gegebenenfalls in Kombination mit einem Laxans wie etwa Macrogol völlig aus, so die Einstufung der Autoren.



Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


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