Vfa-Bilanz und Ausblick

2021: Pharmaunternehmen bringen 46 Arzneien mit neuen Wirkstoffen auf den Markt

Berlin - 30.12.2021, 12:00 Uhr

Die meisten Arzneimittel kamen im Jahr 2021 gegen Krebs auf den Markt (14), gefolgt von Infektionskrankheiten (9), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sonstigen Indikationen (jeweils 5). (Quelle: vfa / Boehringer Ingelheim)

Die meisten Arzneimittel kamen im Jahr 2021 gegen Krebs auf den Markt (14), gefolgt von Infektionskrankheiten (9), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sonstigen Indikationen (jeweils 5). (Quelle: vfa / Boehringer Ingelheim)


Insgesamt 46 Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen kamen im Jahr 2021 hierzulande auf den Markt. Übertroffen wurde diese Zahl bisher nur im Jahr 2014 mit 49 neuen Medikamenten, informiert der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa). Für 2022 erwartet der Herstellerverband eine ähnlich hohe Zahl an Neuentwicklungen.

Der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) zieht eine positive Bilanz für das Jahr 2021: Den Herstellern ist es laut einer Pressemitteilung des Verbands gelungen, insgesamt 46 Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen auf den deutschen Markt zu bringen. Damit bleiben die Konzerne nur knapp hinter der Rekordmarke von 49 neuen Medikamenten im Jahr 2014.

Die meisten Mittel kamen im Jahr 2021 gegen Krebs auf den Markt (14), gefolgt von Infektionskrankheiten (9), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sonstigen Indikationen (jeweils 5). Gegen Entzündungskrankheiten und nicht entzündliche neurologische Erkrankungen launchten die Unternehmen zusammen je vier neue Arzneien sowie drei gegen Stoffwechselkrankheiten und zwei gegen Blutungskrankheiten.

„Hinsichtlich der Einführung neuer Arzneimittel in Deutschland war 2021 ein außergewöhnliches Jahr“, sagt vfa-Chef Han Steutel mit Blick auf die Zahlen. Ein Innovationstreiber war offenbar die Pandemie: „Nie zuvor ist es gelungen, dass ein therapeutisches Medikament in weniger als zwei Jahren entwickelt, erprobt, behördlich geprüft und nach Zulassung in die Versorgung gebracht wurde. Geschafft haben das zwei kooperierende Unternehmen mit einem Antikörper-basierten Medikament gegen COVID-19. Zu verdanken ist das, außerordentlichen Anstrengungen in den Firmen, den Studienkliniken und den mit Genehmigungen befassten Arzneimittelbehörden“, betont Steutel.

Pandemie als Innovationstreiber

Aber auch anderen Infektionskrankheiten konnten Unternehmen 2021 wieder etwas entgegensetzen, wie der vfa in seiner Mitteilung unterstreicht. So führten sie für Patient:innen, die an Infektionen mit problematischen gramnegativen Bakterien leiden, zwei neue Reserve-Antibiotika ein. „Beide sind ein Beitrag gegen das wachsende Problem multiresistenter Erreger“, schreibt der Verband. Zudem brachten Unternehmen demnach zwei neue HIV-Medikamente auf den Markt. „Diese können in Kombination mit weiteren Arzneimitteln beispielsweise eingesetzt werden, wenn bei HIV-positiven Patient:innen die bisherige Therapie nicht mehr ausreichend vor AIDS schützt.“

Mehr noch als Antiinfektiva kamen onkologische Medikamente heraus: insgesamt 14 gegen unterschiedliche Krebsarten oder Krebsvorstufen. Neben häufigen Krebsarten wie dem Brustkrebs oder dem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom werden dem vfa zufolge auch seltene Krebsarten wie bestimmte Lymphome oder blastische plasmazytoide dendritische Zellneoplasien adressiert. Bei fünf dieser Medikamente sei vor der Anwendung mit einem Gen- oder Gewebetest zu prüfen, ob die Krebszellen im vorliegenden Fall bestimmte Merkmale aufweisen, beispielsweise eine Mutation, gegen die das Mittel seine Wirkung ausrichtet.

vfa blickt hoffnungsvoll ins Jahr 2022

Für das Jahr 2022 ist der vfa guter Dinge, dass die Branche die hohe Schlagzahl halten kann: Nach Angaben des Verbands könnten bis zu 45 neue Arzneimittel auf den Markt kommen, wie es in einer zweiten Pressemitteilung heißt. Dabei stützt er sich auf die in der EU beantragten oder kürzlich erteilten Zulassungen für neue Arzneimittel sowie die beschleunigten Entwicklungsprogramme für COVID-19-Medikamente. „Zusätzlich dürfte das Anwendungsgebiet einiger schon eingeführter Medikamente ausgedehnt werden – etwa auf weitere Krebsarten oder COVID-19.“

Mehr als ein Viertel der Medikamente mit neuem Wirkstoff, die 2022 in Deutschland herauskommen, dürften der Behandlung von Infektionskrankheiten dienen, erwartet der vfa. So werden demnach voraussichtlich mehrere Impfstoffe gegen COVID-19 verfügbar, die auf Virusproteinen oder abgetöteten Viren beruhen. Der erste Protein-basierte COVID-19-Impfstoff für die EU, Nuvaxovid, wurde vor kurzem zugelassen. Zur Behandlung Infizierter dürften erste Medikamente kommen, die nicht infundiert oder gespritzt werden müssen, sondern geschluckt werden können. wie Paxlovid (Nirmatrelvir plus Ritonavir, Pfizer) oder Lagevrio (Molnupiravir, Merck). Neue Mittel mit antiviralen Antikörpern könnten unter anderem dazu beitragen, Menschen zu schützen, die keinen ausreichenden Impfschutz aufbauen können. Nach erfolgter Zulasung von Casiivimab/Imdevimab (Ronapreve), Regdanvimab (Regkirona) und Sotrovimab (Xevudy), dürften im nächsten Jahr das Antikörper-Duo Tixagevimab/Cilgavimab noch kommen.

Neue Impfstoffe auch gegen Dengue-Fieber und Pneumokokken

Neue Impfstoffe könnten noch vor anderen Krankheiten schützen, insbesondere vor Dengue-Fieber, Cholera, Hepatitis B, Grippe und Pneumokokken-Infektionen. Gegen problematische Bakterien könnten mehrere neue Antibiotika sowie ein Antikörper-Medikament auf den Markt kommen. „Das kann helfen, gegen die sich ausbreitenden Resistenzen Boden gut zu machen“, ordnet Steutel die Erwartungen ein. „Doch es bleibt eine große Aufgabe für Industrie und Politik, noch mehr antibakterielle Medikamente zu entwickeln und dafür die nachhaltige Finanzierung und Erstattung zu sichern.“

Ein weiteres Viertel der neuen Medikamente 2022 dürfte gegen unterschiedliche Krebserkrankungen gerichtet sein. Die dafür in Betracht kommenden Medikamente gehören zu unterschiedlichen Arzneimittelklassen. Neben einigen Kinasehemmern könnten beispielsweise mehrere Antikörper-Wirkstoff-Konjugate eingeführt werden. Auch weitere CAR-T-Zell-Therapien könnten kommen – gegen verschiedene hämatologische Tumore. CAR-T-Zellen sind Immunzellen des Patienten, die im Labor gentechnisch so ausgerüstet wurden, dass sie nach Rückführung in den Körper bestimmte Tumorzellen bekämpfen können.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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