Diätpillen aus dem Netz

Verbrauchertäuschung mit dem guten Ruf der Apotheke 

Stuttgart - 28.07.2016, 09:15 Uhr

Eine Reporterin berichtet über ihren Diäterfolg mit Mitteln aus der Apotheke. Die Geschichte ist jedoch frei erfunden. (Foto: Screenshot / DAZ)

Eine Reporterin berichtet über ihren Diäterfolg mit Mitteln aus der Apotheke. Die Geschichte ist jedoch frei erfunden. (Foto: Screenshot / DAZ)


Vieles deutet auf ein unseriöses Angebot hin

Wie auf der Bestellseite finden sich bei genauerem Hinsehen in den „Apotheken-Nachrichten" viele kleine Ungereimtheiten. Unter anderem Hinweise darauf, dass Inhalte ausgetauscht wurden – und das offensichtlich mit wenig Sorgfalt. So verliert man beispielsweise laut dem sogenannten Title-Tag, also dem Text der in der Tableiste zu lesen ist, „reelle 14 kg Bauchfett“ (siehe Foto). Die Headline auf der Seite spricht von zwölf. 

Screenshot / DAZ

Auch bei der Datenschutzrichtlinie passt der Title-Tag „Apotheken-Woche“ nicht. Dieses Portal, auf dem ähnliche Abnehm-Märchen zu finden waren, scheint mittlerweile verschwunden zu sein – der Title-Tag wohl ein Relikt. Wie das passiert, ist leicht zu erklären: Überschreibt man lediglich die Inhalte auf einer Seite, ändert sich der Title-Tag in der Regel nicht automatisch mit. 

Hinter den Apotheken-Nachrichten steht die Firma „ABC Food Systems“, die ihren Sitz in Ägypten hat. Im Impressum sößt man auf die „Quadriga Development Ltd" – Firmensitz ist London. So finden sich zahlreiche Kleinigkeiten, die auf ein unseriöses Angebot hindeuten – von dem utopischen Versprechen in 30 Tagen 12 Kilo zu verlieren – und das auch noch wie von selbst – mal ganz abgesehen. 

Bei der Suche im Netz nach der „Quadriga Development Ltd" stößt man auf eine Vielzahl von Berichten, die vor Verbrauchertäuschung durch diese Firma warnen. 

Der gute Ruf wird missbraucht

Dubiose Angebote für Wunderdiätpillen gibt es im Netz unzählige. Besonders ärgerlich an dieser Masche, die offensichtlich mit leichten Abwandlungen immer wieder auftaucht: Sie missbraucht den guten Ruf der Apotheke für fragwürdige Produkte. Verbraucher bringen Apothekern großes Vertrauen entgegen. Laut der Reader´s Digest Studie „Trusted Brands 2015“, teilen sich Apotheker mit den Piloten in Deutschland den dritten Platz im Vertrauens-Ranking der Bevölkerung.

Neben den erfundenen Erfahrungsberichten in den vermeintlichen Apothekenzeitschriften Apotheken-Woche, Apotheken-Welt oder Apotheken-Nachrichten finden sich übrigens Anzeigen in zahlreichen Medien (zum Beispiel Sächsische Zeitung, Berliner Kurier) für „Redupexal und Detoxon: Die Abnehmkombi aus der Apotheke“. 


Die Bestellseite für „den Langzeitschlankmacher aus der Apotheke“ wirbt sogar mit einem Siegel „in der Apotheke erhältlich“ (siehe Foto). Im Gegensatz zu vielen anderen „Fakten“ zu den beiden Produkten, ist letztere Aussage tatsächlich wahr. Laut Vertriebsinformation der Lauer-Taxe können Apotheken die angeblich apothekenexklusiven Wundermittelchen ab einer Mindestbestellmenge von fünf Packungen beim Hersteller, der Londoner Quadriga Development Ltd, direkt beziehen. 

Keine gesundheitsgefährdenden Stoffe

Die gute Nachricht: Zumindest in den Vorläuferprodukten Redunovin und Oxitamin waren keine gesundheitsgefährdenden Stoffe enthalten. Das hatte eine Recherche des MDR vor zwei Jahren ergeben. Somit beschränkt sich der Schaden auf den Geldbeutel. Denn, wie der MDR ebenfalls berichtete, eine fettreduzierende Wirkung konnte für keine der Diätpillen wissenschaftlich bestätigt werden.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.