Verbraucherschützer warnen vor Quacksalbern im Internet

DÜSSELDORF (ks). Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt vor anonymen medizinischen Beratern in Internetforen. Nach einer Studie der Forschungsgruppe Wahlen nutzen bereits rund 20 Prozent der Bundesbürger Internetforen als Einkaufsberater für rezeptfreie Arzneimittel. Doch hier werde häufig "mit völlig unsinnigen wie gefährlichen Therapien" aufgewartet, so die Verbraucherzentrale.

Verschiedene Web-Seiten preisen sich als unabhängige Kaufberater und bieten Konsumenten die Möglichkeit, unter anderem Medikamente persönlich zu bewerten. Diese Bewertungen - etwa bei Dooyoo, Ciao oder Yopi - können sich "als äußerst tückisch, sogar als gefährlich erweisen", warnte Wolfgang Schuldzinski, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale NRW am 1. März. In den Foren könne sich jedermann anonym als Hobbydoktor betätigen und nahezu ungehindert seine Ansichten zu rezeptfreien Arzneimitteln kundtun.

Gesundheitsgefährdende Tipps

So berichtet etwa ein Nutzer bei Dooyoo, dass er nach Anwendung des Erkältungsmittels Umckaloabo "aufgrund herabgesetzter Blutgerinnungsfähigkeit wie eine Sau aus der Nase geblutet" hat. Bei Yopi werden die Tropfen "in geringer Menge einige Wochen als Vorbeugung und zur Stabilisierung der Atemwege" empfohlen. Den Weg zur Schmerzfreiheit kennt bei Dooyoo angeblich der User "ebiflo": Er schluckt Neo-Angin N, "auch wenn der Verdacht besteht, dass es krebserregend wäre". Und hilft die eine Pille nicht, "dann nehme ich auch Dolo-Dobedan, die betäuben den Hals richtig". Schuldzinski bezeichnete diese Tipps als "gesundheitsgefährdend". Gerade wer zu mehreren Medikamenten gleichzeitig greife, etwa bei chronischen Krankheiten, sollte aufgrund möglicher Wechselwirkungen der Präparate auf jeden Fall den Rat eines Fachmanns einholen.

Warme Füße dank ACC?

Die Verbraucherzentrale startete auch einen Selbstversuch: Unter dem Namen "jurex262" stellten die Konsumentenschützer Erfahrungsberichte zu Neo-Angin N und ACC Akut 600 ein: Gar sonderbare Nebenwirkungen sorgten angeblich für "eine bessere Durchblutung der Füße" und kurierten nebenher noch "eine hartnäckige Verstopfung". Die Forenbetreiber ließen diese Bewertungen durch. Besonders erstaunlich fanden die Verbraucherschützer, dass ihre abenteuerlichen Berichte prompt als "hilfreich" eingestuft wurden.

Honorierung für "hilfreiche" Berichte

Einen Grund für den Boom der Internetforen sehen die Verbraucherschützer darin, dass die Verfasser der Bewertungen oftmals ein Honorar erhalten. Wenn dem Hersteller Laienmeinungen zu seinem Produkt wichtig sind, zahle beispielsweise Ciao zwischen einem halben und zwei Cent für einen mindestens 120 Worte umfassenden Testbericht. Und zwar immer, wenn ein anderes Ciao- Mitglied die Kaufberatung als "hilfreich" oder "sehr hilfreich" einstuft. Auch in anderen Foren werden Entgelte gezahlt. Da liegt der Verdacht nah, "dass so manches Laien-Urteil allein aus Prämiengier ins Netz gestellt wird", so Schuldzinski. Zudem sei nicht auszuschließen, dass Hersteller ihre eigenen Präparate loben ließen oder die der Konkurrenz madig machten. Für Schuldzinski gibt es nur einen Ausweg: "Die Medikamentenecken in Internetforen müssen geschlossen werden!"

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