Wirtschaft

DAX zittert vor dem Rezessionsgespenst

US-Konjunktur weiterhin im Fokus – erste Schnäppchenjäger unterwegs

(hps). Ein kräftiger Gewinnanstieg beim französischen Kosmetikhersteller L‘Oreal, ein Ergebnisüberschuss von 90 Prozent bei der französischen Bank Credit Agricole – hervorragende Ergebnisse, die am Ende die Pessimisten dennoch nicht milde stimmen können. Die Aufmerksamkeit der Profis gehört momentan allein der amerikanischen Konjunktur – der kurzfristig niemand eine Wende zum Besseren zutraut.

Die Marktlage

Man darf es schon Amerika-Hörigkeit nennen, was sich da so an den Weltbörsen abspielt. In den Köpfen der Anleger existieren die USA noch immer als Konjunkturlokomotive. Ein Aufschwung in der Weltwirtschaft ohne Besserung am US-Arbeitsmarkt und dem Immobiliensektor erscheint vielen Investoren unmöglich. Gute Quartalsergebnisse und boomende Märkte in Asien und Brasilien – alles Schnee von gestern. Dabei kam die schlechte Laune nicht über Nacht. Schon im Vorfeld der zur Neige gehenden Berichtssaison, die alle Erwartungen übertroffen hatte, fürchteten viele den Wegfall der positiven Impulse und hatten sich scheinbar von vornherein der Tristesse verschrieben. Und aus diesem Denkschema kommt man jetzt nicht mehr so leicht heraus, zumal nach herrschender Ansicht weder vom US-Arbeitsmarkt noch vom Immobiliensektor auf kurze Sicht positive Nachrichten zu erwarten sind. Da wird man den Blick schon in eine andere Richtung lenken müssen. Vor allem nach Asien, wo sich ein selbsttragender Aufschwung etablieren konnte – trotz hoher Exportabhängigkeit vom amerikanischen Markt. Aber so weit scheinen die Börsen noch nicht zu sein. Die Umsätze in Frankfurt und New York sind gering und die Märkte zeigen erste Ansätze der Stabilisierung, aber noch keine Wende. Es könnten Nachrichten aus China sein, die demnächst die weitere Marschrichtung vorgeben könnten, so wird am Parkett gemunkelt.

Bulle & Bär

Die LBBW empfiehlt den Anlegern, Kurse unter 6000 DAX-Punkten zum Einstieg zu nutzen. Die bislang gesehenen Abschläge erscheinen dem Institut vor dem Hintergrund der guten Unternehmenszahlen nicht gerechtfertigt. Die Landesbank Berlin verweist auf die jüngsten Übernahmeaktivitäten wie z. B. der Kauf des Anti-Viren-Spezialisten McAfee durch den Chipgigant Intel oder das Kaufangebot von Bergbaugigant BHP für den Düngemittelhersteller Potash. Wenn sich das Übernahmekarussell dreht, sei dies grundsätzlich ein gutes Zeichen für die Börse, so die Analysten aus Berlin. Charttechniker sehen dagegen noch Luft nach unten. Manche halten 5700, andere sogar 4500 Punkte für möglich.

Unterdessen geht der Poker der Großinvestoren um den günstigsten Einstiegsmoment weiter. Noch halten sich die institutionellen Anleger vom Parkett fern. Aber der Handlungsdruck der Großinvestoren wächst. Im Durchschnitt zahlen die deutschen Versicherungskonzerne für bestehende Verträge garantierte Zinszahlungen von 3,4 Prozent pro Jahr, die Rendite an den Rentenmärkten liegt indes bereits deutlich darunter. Deutsche Staatsanleihen rentieren zum Beispiel im Durchschnitt unter 2 Prozent. Und eine Erhöhung der Zinsen durch die Zentralbanken ist nicht in Sicht. Bei den Neu-Abschlüssen wird jetzt der Garantiezins nach unten angepasst – aktuell auf 2,25 Prozent. Für Versicherungen ist das nicht unbedingt ein Werbeargument. Für die institutionellen Anleger erscheint es unumgänglich, demnächst ins Risiko zu gehen und ihre Aktienquote zu erhöhen. Die Dividendenrendite der DAX-Werte liegt im Durchschnitt bei 3,3 Prozent, beim Euro Stoxx 50 sogar bei knapp 4 Prozent. Das brächte denn auch den lang ersehnten Geldsegen und die höheren Umsätze, die für einen nachhaltigen Kursaufschwung benötigt werden. Ein schwerer Kurseinbruch an den Börsen erscheint daher vor dem Hintergrund der boomenden Märkte in den BRIC-Staaten und dem Anlagenotstand der Institutionellen unwahrscheinlich. Sobald die Rentenmärkte erste Schwächeanzeichen erkennen lassen, bahnen sich Umschichtungen an und die Börsenampel springt wieder auf Grün.

Weltwirtschaftsfaktor Joe Sixpack?

Der deutsche Ifo-Geschäftsklimaindex hat im August einen Drei-Jahres-Rekord erreicht und dürfte damit der deutschen Wirtschaft auch im dritten Quartal einen dynamischen Aufschwung bescheren. Dennoch will an der Börse keine Euphorie aufkommen. Im Gegenteil. Zu weit verbreitet sind die Ängste vor einem neuerlichen Einbruch der US-Wirtschaft. Dreh- und Angelpunkt dieser Rezessionspanik ist Joe Sixpack – der amerikanische Otto Normalverbraucher. In den USA lahmt die Inlandsnachfrage, weil sich Joe hartnäckig vom Immobilienmarkt fernhält. Diese Abstinenz liegt in der hohen Arbeitslosigkeit begründet, die trotz aller kostspieligen Konjunkturpakete einfach nicht weichen will. Die Schlussfolgerung der Börse lautet folglich: Im zweiten Halbjahr wird es mit der Weltwirtschaft deutlich abwärts gehen. Wasser auf die Mühlen all jener, die ein "double dip", eine doppelte US-Rezession befürchten. Ängste, die allerdings von den meisten Großunternehmen so nicht geteilt werden. Die Quartalsberichte dies- und jenseits des Atlantiks strotzen vor Zuversicht, negative Ausblicke für das dritte Quartal gab es bislang so gut wie nicht. Hat die Exportindustrie, die in den internationalen Aktienindices schwer gewichtet ist, hier etwa eine Eigendynamik entwickelt?

Betrachtet man beispielsweise die Daimler-Nutzfahrzeugsparte, drängt sich dieser Eindruck tatsächlich auf. Die Geschäftslage in Kürze: Auftragseingänge für Nutzfahrzeuge (über 6 Tonnen) plus 80 Prozent im ersten Halbjahr gegenüber Vorjahr, Auftragsorders aus dem Ausland sogar plus 104 Prozent. Prognose für den weiteren Trend: weiter nach oben. Für das Gesamtjahr 2010 werden jetzt 500 bis 700 Millionen Euro Gewinn angepeilt. Zuvor war man von nur 200 Millionen ausgegangen. Dann folgt die Liste der Abnehmerländer mit den höchsten Zuwächsen: Brasilien, dort liegen die Aufträge auf Rekordniveau, Vietnam, Indonesien, Malaysia und natürlich China und Indien. Und irgendwo ganz hinten folgen – richtig, da war doch noch was – die USA. Selbst dort wird man trotz rückläufiger Stückzahlen schwarze Zahlen schreiben. Dank Kostensenkungsprogrammen. Will wohl sagen: Personalabbau. Und das Ergebnis solcher Maßnahmen zeigt sich eben an Joe Sixpack, der heute zu Tausenden um Arbeitslosenunterstützung ansteht. Die Geschäfte indes werden längst woanders gemacht. Und diese Geschichte ist keine reine Daimler-Story. Sie ließe sich von nahezu jedem amerikanischen Konzern, der im Dow Jones gelistet ist, berichten. Fragt sich nur, wann dies auch bis zu den Investoren durchdringen wird.

Eckdaten zum 26. August 2010 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (26. 8., 11.55 h)
5924 Punkte
Dow Jones (25. 8. Schluss)
10.060 Punkte
Gold (Feinunze)
1.243,45 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,09%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
0,84%
1,30% (ING-DiBa)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,30%
1,70% (SWK-Bank)

*Quelle: www.festgeld.de

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