Wirtschaft

DAX: Kleine Verschnaufpause

Sorgen um Griechenland leben wieder auf – Börsengänge und Fusionen dämpfen Verkaufsdruck

(hps). Die altbekannte Griechenland-Story dient wieder als Alibi für längst fällige Gewinnmitnahmen. Gleichzeitig sorgen neue Fusionsgerüchte um US Airways und United Airlines für Kaufinteresse. Von entscheidender Bedeutung wird aber diese Woche die Berichterstattung von Alcoa sein – der Auftakt zum Berichtsreigen zum 1. Quartal.

Er hat es geschafft. Dem DAX gelang letzte Woche der Sprung über seinen Vor-Lehman-Stand. Rückenwind erhielten die Anleger dabei von einigen positiven Nachrichten aus der Wirtschaft. So wurden am US-Arbeitsmarkt so viele neue Stellen geschaffen wie seit drei Jahren nicht mehr, die Zahlen des Institutes for Supply Management für das Dienstleistungsgewerbe fielen gut aus und der Häusermarkt legte dank Steuersubventionen kräftig zu. Schon ist die Rede von den "Selbstheilungskräften der Märkte", wodurch sich Staatsdefizite und Finanzierungsprobleme bald durch höhere Steuereinnahmen und verbesserte Cashflows quasi von selbst erledigen sollen. Doch trotz guter Daten aus dem fundamentalen Umfeld – die Mehrzahl der Marktteilnehmer spricht von einer primär liquiditätsgetriebenen Aufwärtsbewegung. Die Zinsen der amerikanischen Notenbank (FED) liegen bei knapp über Null, was den Zustrom an frischem Geld begünstigt. Lästige Begleiterscheinung: Auch der Ölpreis freut sich über die guten Nachrichten und nimmt die 90-Dollar-Marke ins Visier. Das lässt die Aktienmärkte allerdings bislang genauso kalt wie der schwache Euro, der seine Talfahrt Richtung 1,30 Dollar wieder aufgenommen hat. Die Anleger spekulieren auf eine dynamische Erholung der Weltwirtschaft und argumentieren mit der nach wie vor moderaten Bewertung vieler Aktien. Der DAX wird derzeit mit dem 13,5-Fachen der geschätzten Jahresgewinne bewertet, der historische Durchschnitt liegt bei 15. Und so lange die FED keine Änderung ihrer Zinspolitik signalisiert, werde sich an der Aufwärtstendenz der Börsen auch nichts ändern, meinen die Experten. Griechenland hin oder her.

Bulle & Bär

Da das alte Hoch bei 6234 DAX-Punkten – zumindest kurzzeitig – überwunden wurde und die Anleger weiter die Liquiditätskarte ausspielen können, setzen die Profis ihre Kursziele nun reihum höher. Die Schätzungen auf kurze Sicht liegen nun bei 6500 bis 6600 Punkten, so sehen es etwa die Profis der Landesbank Berlin und der LBBW. Die Silvia Quandt Investmentbank sieht das Börsenbarometer bis Jahresende gar schon bei 7250 Punkten. Die Experten konzentrieren sich nun auf konjunkturabhängige Branchen wie Halbleiter, Chemie und Automobil. Von Euphorie am Parkett will indes kaum jemand sprechen. Das Wirtschaftswachstum wird mittelfristig eher als verhalten eingeschätzt und die Börsengurus werden auch nicht müde, immer wieder auf den "defensiven Charakter" ihrer Anlagestrategie hinzuweisen. Treibende Kraft hinter der Aufwärtsbewegung ist primär die Charttechnik. Wenn eine Hürde nach der anderen fällt, dann muss man eben mitgehen.

Unterdessen scheint sich am Anleihenmarkt ein Nebenkriegsschauplatz aufzutun. Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen ("Treasuries") erreichten phasenweise 4 Prozent. Bei Anleihen entwickeln sich Kurse und Renditen gegenläufig. Nun scheinen hier jedoch alle Dämme brechen zu wollen. Die Investoren fordern jetzt höhere Renditen für die anstehende Emissionsflut an Staatspapieren ein. Allein letzte Woche platzierte die US-Regierung Anleihen im Volumen von 187 Milliarden Dollar. Manche Experten rechnen mit einem regelrechten Einbruch bei den Treasuries. Charttechnisch sind hier historisch wichtige Unterstützungen weggebrochen, der freie Fall scheint bevorzustehen. Und dies würde gravierende Konsequenzen nach sich ziehen. Die Zehnjahresrendite ist nicht nur ein wichtiger Indikator für Hypotheken, Industrie- und Verbraucherkredite, sondern auch für die Staatsverschuldung. Am Aktienmarkt sehen die Profis dieses Szenario mit gemischten Gefühlen. Einerseits könnten die Börsen von Umschichtungen aus Festverzinslichen in Aktien profitieren, was wahrscheinlich neue Jahresrekorde an den Weltbörsen zur Folge hätte. Andererseits würden die höheren Renditen nicht nur die Finanzierung von Unternehmen und Staatsdefiziten maßgeblich verteuern, sondern letztlich auch den Rentenmarkt wieder als risikolosere Alternative zum Aktienmarkt erscheinen lassen. Wer wird also am Ende Recht behalten? Vermutlich treten beide Szenarien ein. Die Erlöse aus den Anleihenverkäufen dürften kurzfristig durchaus dem Aktienmarkt zugute kommen. Mittelfristig indes könnten die gestiegenen Renditen für Ernüchterung sorgen und eine größere Korrektur am Aktienmarkt einleiten. Womit im Ergebnis all jene Experten richtig lägen, die den DAX zum Jahresende tiefer sehen als heute.

Eckdaten zum 8. April 2010
(alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (8. 4., 10.30 h)
6155 Punkte
Dow Jones (7. 4. Schluss)
10.897 Punkte
Gold (Feinunze)
1144,50 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,16%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Beste überregionale Anbieter mit Einlagensicherung*
0,85%
1,50%
(Netbank AG, ING-DiBa, SWK-Bank)
Festgeld 12 Monate
(Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,33%
2,05%
(SWK-Bank)

*Quelle: www.festgeld.de

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.