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Neue Ausstellung in Berlin

Der Schmerz hat viele Gesichter

BERLIN (ks). Jeder Mensch kennt ihn, kaum einer will ihn und jeder geht auf eigene Art und Weise mit ihm um: der Schmerz. Er zählt zu den Urphänomenen des Lebens, die jeden Einzelnen körperlich und psychisch beeinflussen, aber auch unsere Kulturgeschichte prägen. Eine neue interdisziplinäre Ausstellung in Berlin spürt den vielen Gesichtern des Schmerzes nach: Im Medizinhistorischen Museum der Charité und im Hamburger Bahnhof finden derzeit eindrucksvoll Kunst und Wissenschaft zueinander.

Manch einen mag der Schmerz lähmen, andere inspiriert er: Künstler geben dem Gefühl, das nur beschränkt in Worte zu fassen ist, in unterschiedlichsten Formen Ausdruck, Wissenschaftler versuchen ihn zu erforschen und Gegenmittel zu entwickeln. Schmerz kann einen unerwartet überfallen, von kurzer Dauer sein oder sich beständig im Leben einrichten. Er kann aber auch willentlich zugefügt oder erlitten werden. Die mehr als 100 Exponate der Berliner Ausstellung bieten zu nahezu jedem Aspekt des Schmerzes Ansichten: Sei es die präparierte Gichthand, eine eiserne Jungfrau, Kreuzigungsdarstellungen, Fotografien aus wissenschaftlichen Schmerzkonferenzen, die erste Aspirin-Flasche oder eine Videoinstallation Trauernder.

Die Ausstellung in den beiden Museen, die 400 Meter voneinander entfernt und durch einen bebilderten "Leidenspfad" miteinander verbunden sind, gliedert sich in vier Schwerpunkte: "Ansichten des Schmerzes" und "Reiz des Schmerzes" werden im Hamburger Bahnhof präsentiert. Hier steht einmal der Schmerz anderer Menschen und der Umgang mit ihm im Mittelpunkt – Ausgangspunkt ist das Leiden Christi. Zu sehen ist hier etwa Francis Bacons Kreuzigung von 1965 oder ein Teil der originalen Partitur der Matthäus Passion von Johann Sebastian Bach. Zum anderen geht es um das eigene Leiden und den Körper als Erfahrungsinstanz des Schmerzes. Hier findet sich unter anderem eine Vitrine mit rund 200 medizinischen Instrumenten, die sowohl Schmerz zufügen als auch lindern können. Themenschwerpunkte im Medizinhistorischen Museum sind "Die Zeit des Schmerzes" und "Der Ausdruck des Schmerzes". Gezeigt wird, wie sich die Vorstellung vom Schmerz im Lauf der Geschichte der Medizin durch religiöse, soziale und wissenschaftliche Einflüsse verändert hat. Zu sehen ist etwa eine frühe Narkosemaske oder ein heilmagnetisches Benediktuskreuz. Dargestellt wird aber auch, wie Schmerzperioden, etwa infolge einer Operation, von Liebeskummer oder bei Kopfschmerzen, auf das individuelle Leben wirken. Sinnbilder hierfür sind Fotografien von Frauen unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes oder Joseph Beuys Stuhl-Installation "Zeige Deine Wunde". Im Medizinhistorischen Museum fügen sich die künstlerischen und historischen Exponate fließend in die ständige Ausstellung pathologischer Präparate – von Gallensteinen bis zu missgebildeten Föten – ein.

Die Ausstellung ist noch bis zum 5. August 2007 im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart –, Invalidenstr. 50-51, und im Berliner Medizinhistorischen Museum, Charitéplatz 1, zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag: 10 bis 18 Uhr, Samstag: 11 bis 20 Uhr, Sonntag: 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet 12 Euro, ermäßigt 6 Euro.

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