Feuilleton

Ausstellung: Samariter und Arzt in der Kunst

Das Deutsche Medizinhistorische Museum in Ingolstadt zeigt bis zum 27. April die Sonderausstellung "Samariter Ų Arzt und Patient in der Kunst". Die meisten Exponate sind Grafiken des 20. Jahrhunderts, von Max Liebermann bis Horst Janssen.

Der Patient, der "Leidende", ist in einer Lage, in der er auf Hilfe dringend angewiesen ist. Oft geht es um Leben und Tod. Was auch immer sein Leiden sein mag, er wird davon geprägt, und seine individuellen Eigenschaften verblassen dahinter.

Ganz unterschiedlich sind dagegen die Personen, die dem Patienten Hilfe bringen oder dies zumindest versuchen. Sie können Laien oder Fachleute sein, und ihre Motivation kann von Nächstenliebe bis zu beruflicher Routine oder wissenschaftlichem Ehrgeiz reichen. Mit den Begriffen "Samariter" oder "Arzt" sind die Typen nicht beschrieben, sie beinhalten auch keinen prinzipiellen Gegensatz, aber sie deuten tendenziell einen Unterschied im Umgang mit dem Patienten an. Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist wesentlich durch die Persönlichkeit des Helfenden bestimmt. Oder umgekehrt: Sein Umgang mit dem Patienten lässt auf die Persönlichkeit des Arztes schließen. Künstler haben die Arzt-Patienten-Beziehung immer wieder thematisiert, die – wenn sie typisch ist – auch immer etwas über unsere Gesellschaft aussagt.

Eine Radierung des Weißrussen Anatoli Kaplan zeigt, wie sich zwei Personen um einen bettlägerigen Patienten kümmern: der eine direkt am Bett stehend und irgendwie fachmännisch handelnd, der andere abseits an einem Tisch sitzend und passiv, aber zugleich aufmerksam und sichtlich mitleidend. Dieser Patient ist umsorgt, wenn auch nicht unbedingt gut versorgt.

Der Mecklenburger Künstler Werner Schinko hebt in einer Grafik den totalen Gegensatz von Arzt und Patient hervor. Der Patient ist nackt, sitzt einfach da, schaut ins Leere und scheint überhaupt nichts von seinem Zustand zu verstehen. Er ist dem Arzt, der sich vor ihm aufgebaut hat und mit dem Anschein der Allwissenheit seine Krankheit diagnostiziert, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Trotz der körperlichen Berührung ist die ungeheure Kluft zwischen Arzt und Patient spürbar.

Um diesen Gegensatz bewusst zu machen, hat Schinko in einer zweiten Fassung des Motivs den Arzt ebenfalls nackt dargestellt. Das groteske Bild will sagen: Arzt und Patient auf der gleichen Ebene? Undenkbar! Was in vielen ausgestellten Werken immer wieder zum Ausdruck kommt, ist, dass der Patient mehr braucht als Diagnostik und Therapie, nämlich menschliche Zuwendung, Anteilnahme und Mitleid; Gaben, die nichts kosten und zugleich unbezahlbar sind.

Die Ausstellung wird ab 23. Mai in der Ruhr-Universität Bochum, Abteilung Geschichte der Medizin, gezeigt, später auch in Dresden, Hilden und Berlin.

Ausstellungsdaten

Deutsches Medizinhistorisches Museum Anatomiestr. 18, 84049 Ingolstadt Tel. (08 41) 3 05-18 60 Geöffnet: Dienstag bis Sonntag 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr. Katalog: 60 Seiten, 40 Abb. (z. T. farbig), 8,50 Euro (im Museum).

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