Feuilleton

150 Jahre Anästhesie: Hypnotika, Analgetika, Muskelrelaxanzien

Am Anfang der traditionellen (Mono-)Narkose vor gut 150 Jahren standen einfache gasförmige Substanzen wie Ether, Chloroform und Lachgas. In den folgenden Jahrzehnten wurde erkannt, dass sie den Bedürfnissen von Analgesie und Muskelrelaxation nicht gerecht werden konnten. So war es ein bedeutender Fortschritt, dass die Narkoseärzte auf organische Naturstoffe zurückgreifen konnten.

Vom Morphin zu modernen Kombinationsanästhetika

Seit Einführung der Alkaloidchemie durch Friedrich Wilhelm Adam Sertürner (1817) gewannen organische Naturstoffe zunehmend an Bedeutung, z. B. Morphin und Tubocurarin für die Allgemeinnarkose oder Cocain für die örtliche Betäubung.

Die Entwicklung der Naturstoffchemie, bei der Pharmazeuten im Vordergrund standen, führte dazu, dass bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die wesentlichen pharmakologischen Komponenten der modernen Anästhesiologie zur Verfügung standen. Neben der Kombination vorhandener Wirkstoffe folgte im 20. Jahrhundert die Erforschung und industrielle Herstellung einer Vielzahl von Anästhetika und Adjuvanzien. Hierbei kamen pharmazeutische Unternehmen, die häufig ihre Wurzeln in Apotheken hatten, zu internationaler Geltung.

Europas größte anästhesie-historische Sammlung

Das von Professor Horst Stoeckel inaugurierte Museum der Geschichte der Anästhesiologie in Bonn dokumentiert mit seiner Sammlung und Bibliothek 150 Jahre Medizingeschichte. Mit 850 Exponaten in 36 Themen-Vitrinen beherbergt es die umfangreichste Sammlung auf dem europäischen Kontinent und ist eins von vier großen anästhesiehistorischen Museen weltweit.

Im ersten Teil der Ausstellung sind die Entwicklung und die kontinuierlichen Fortschritte der Anästhesieverfahren dargestellt. Beginnend mit den frühen Apparaturen des 19. Jahrhunderts über die Tropfnarkose bis hin zum modernen integrierten Narkosearbeitsplatz wird der lange Weg nachgezeichnet. Eine Galerie der Pioniere beschreibt hervorragende Einzelleistungen für die Entwicklung der Anästhesiologie.

Die Bedeutung der Pharmakognosie für die Anästhesiologie wird durch drei noch im Aufbau befindliche Vitrinen herausgestellt, die die Stoffe Opium/Morphin, Curare und Coca sowohl kulturgeschichtlich als auch arzneimittelgeschichtlich von der "Apothekenzeit" bis zu den industriell hergestellten Spezialpräparaten aufarbeiten. Wesentliche Exponate aus der "Apothekenzeit" werden noch dringend vom Museum gesucht.

Der zweite Teil der Ausstellung ist Spezialthemen gewidmet, die aus der Anästhesiologie hervorgegangen oder eng mit ihr verbunden sind: Die epochale Erfindung der Intubation der Atemwege ist hier ebenso vertreten wie eine Kollektion über die Arzneimittelentwicklung. Der Werdegang der Langzeitbeatmung und der Notfallmedizin ist mit eindrucksvollen Exponaten vertreten und beschließt diesen Teil der Ausstellung.

Einen Höhepunkt bildet der OP aus dem Jahr 1930. Alle Geräte wie Infusions- und Transfusionsvorrichtung, der spezielle Narkoseapparat, OP-Tisch, OP-Leuchte und Instrumentenschränke sind Originalgeräte dieser Zeit.

Eine Galerie der frühen deutschsprachigen Lehrbücher und Monographien stellt den wissenschaftlichen Hintergrund der "jungen" Disziplin dar und rundet die Ausstellung des Museums ab.

Kasten

Horst-Stoeckel-Museum für die Geschichte der Anästhesiologie, Universitätsklinikum, Sigmund-Freud-Straße 25, 53105 Bonn Tel. (02 28) 2 87 68 76 Fax (02 28) 2 87 46 23 E-Mail: anaesthesia-museum@uni-bonn.de www.meb.uni-bonn.de/institute/kliansint/stoeckel/museum.htm

Geöffnet: Montag bis Freitag 9.00 bis 13.30 Uhr; Gruppenführungen (15 bis 30 Personen) auch an späten Nachmittagen und Samstagvormittag.

Wie Sie das Museum erreichen: Mit dem Auto: A 565, Ausfahrt Bonn-Poppelsdorf. Folgen Sie dann der Beschilderung "Universitätskliniken". Mit dem Bus (ab Hauptbahnhof Bonn): Linie 620, Haltestelle Kliniken.

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