Update der S3-Leitlinie Osteoporose

Nahrungsergänzungsmittel bei Osteoporose – wozu sollten Apothekenteams raten?

Stuttgart - 20.09.2023, 17:50 Uhr

Knochenmodelle hat und braucht nicht jede Apotheke – aber die passenden Empfehlungen über Nahrungsergänzungsmittel für Menschen mit Osteoporose. (Foto: buritora / AdobeStock)

Knochenmodelle hat und braucht nicht jede Apotheke – aber die passenden Empfehlungen über Nahrungsergänzungsmittel für Menschen mit Osteoporose. (Foto: buritora / AdobeStock)


Die S3-Leitlinie zum Krankheitsbild der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und Männern ab 50 Jahren ist überarbeitet worden. Neu hinzugekommen sind etwa konkrete Empfehlungen zur Zufuhr von Vitamin D und Proteinen. Welchen Patient:innen sollten entsprechende Nahrungsergänzungsmittel empfohlen werden – und in welchen Dosierungen?

Bei der Osteoporose handelt es sich um eine systemische Erkrankung des Skeletts, bei der es zu einer Abnahme der Knochenmasse sowie zu Verschlechterungen in der Mikroarchitektur des Knochengewebes kommt. In Folge ist das Risiko für Knochenbrüche erhöht.

Zur genauen Prävalenz in Deutschland gibt es nur wenige Daten. Selten ist die Erkrankung hierbei keineswegs. In einer europäischen Studie aus dem Jahr 2021 wurde die Prävalenz in Deutschland etwa mit 6,1 Prozent beziffert. Sicher ist, dass die Prävalenz mit dem Alter stark zunimmt und bei Frauen deutlich höher ist als bei Männern.

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Für die Knochengesundheit spielen Calcium und Vitamin D eine entscheidende Rolle. Dementsprechend sollten Osteoporosepatient:innen mit beiden gut versorgt sein. Die Calciumzufuhr sollte hierbei bei 1000 mg pro Tag liegen. Ob diese Menge mit der Ernährung aufgenommen wird, kann beispielsweise mit dem Online-Rechner von gesundheitsinformation.de abgeschätzt werden. Wird die Menge nicht erreicht, ist zu Supplementen zu raten. Hochdosierte Einzelgaben sind hierbei laut der aktualisierten S3-Leitlinie nicht empfehlenswert. Vermehrt auf die Mindestzufuhr von 1000 mg Calcium am Tag sollte bei Patient:innen geachtet werden, die eine spezifische, medikamentöse Osteoporose-Therapie erhalten. Insbesondere parenteral verabreichte Antiresorptiva, aber auch das neu in die Leitlinie aufgenommene Osteoanabolikum Romosozumab, bringen das Risiko von Hypokalzämien mit sich, denen vorgebeugt werden sollte.

Romosozumab

Neu in die Leitlinie aufgenommen wurde der Wirkstoff Romosozumab. Hierbei handelt es sich um einen monoklonalen IgG2-Antikörper, der für die Behandlung der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit deutlich erhöhtem Frakturrisiko zugelassen ist. Durch die Hemmung des im Knochenstoffwechsel wichtigen Proteins Sklerostin vermindert dieser die Knochenresorption durch Osteoklasten und steigert die Aktivität der knochenaufbauenden Osteoblasten. Bei der Therapie zu berücksichtigen ist insbesondere das kardiovaskuläre Risikoprofil des Antikörpers.

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Bei Vitamin D gilt: nicht zu wenig – aber auch nicht zu viel. Mindestens 800 IE Vitamin D sollen täglich zugeführt werden – entweder durch Sonnenlichtexposition, die Ernährung oder aber durch Supplemente. Explizit weist die Leitlinie auf die „hohe Prävalenz suboptimaler Vitamin-D-Versorgung“ hin und rät zum Einsatz von Supplementen bei unzureichender oder unsicherer Versorgung sowie bei Patient:innen ab 70 Jahren. Verwendet werden sollten hierbei Supplemente mit 800 bis 1000 IE pro Tag. Mehr als 2000 bis 4000 IE Cholecalciferol pro Tag sollten nicht eingenommen werden, um eine Überdosierung zu vermeiden. Wird ein Bolus verabreicht, sollte dieser nicht mehr als 20.000 IE enthalten.

Auch an ihren Proteinbedarf sollten Menschen mit Osteoporose denken. Ab dem Alter von 65 Jahren rät die Leitlinie ihnen zu einer eiweißreichen Ernährung mit einer täglichen Aufnahme von mindestens 1,0 g Eiweiß/kg Körpergewicht und Tag. Informationen zu dem Eiweißgehalt verschiedener Lebensmittel finden sich etwa auf der Homepage promiss-vu.eu.

Auch für eine ausreichende Versorgung mit K-Vitaminen sollten Osteoporose-Patient:innen sorgen, da Vitamin-K-abhängige Proteine an der geordneten Knochenmineralisierung beteiligt sind. Die Studienlage zum Effekt einer Vitamin-K-Supplementierung bei Osteoporose ist jedoch uneindeutig, sodass laut Leitlinie eine Supplementierung über den Ausgleich eines ärztlich diagnostizierten Mangels hinaus derzeit nicht empfohlen wird.

Auch zur Substitution von Kalium, B-Vitaminen und Folsäure bei Osteoporose-Patient:innen wurden bereits Studien durchgeführt. Ein positiver Effekt durch die Einnahme entsprechender Präparate konnte jedoch jeweils nicht eindeutig oder nur für bestimmte Subgruppen der Patient:innenpopulation gezeigt werden. Eine Empfehlung zur Einnahme dieser Vitamine und Mineralstoffe sprechen die Leitlinienautor:innen daher nicht aus.

Der Fokus der apothekerlichen Beratung von postmenopausalen Frauen und Männern ab 50 Jahren mit Osteoporose zu Nahrungsergänzungsmitteln sollte daher auf Calcium, Vitamin D sowie der Proteinzufuhr liegen. Als zusätzlichen Hinweis können Apothekenteams ihre Kund:innen ermutigen, regelmäßiges körperliches Training zur Verbesserung von Kraft, Balance und Koordination durchzuführen – denn auch dies wirkt Stürzen entgegen und senkt damit das Frakturrisiko.

Literatur

Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr. Leitlinie des Dachverbands der Deutschsprachigen Wissenschaftlichen Osteologischen Gesellschaften e.V. 2023

Romosozumab kommt nach Europa. DAZ 2020;7:26


Dr. Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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