Reaktionen auf MOMA-Interview

Retourkutsche für Lauterbach

Berlin - 14.09.2023, 17:40 Uhr

Hans-Peter Hubmann ärgert sich über die Vorhaltung, Apotheker:innen verunsicherten Eltern und Kinder. (Foto: ABDA)

Hans-Peter Hubmann ärgert sich über die Vorhaltung, Apotheker:innen verunsicherten Eltern und Kinder. (Foto: ABDA)


Verunsichern Apotheker:innen Eltern, um eine Honorarerhöhung zu erreichen? Die jüngsten Aussagen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im ARD-Morgenmagazin sorgen im Berufsstand für Verärgerung. Der DAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann hielt entgegen: „Jeden Tag kämpfen die Apothekenteams für die lückenlose Versorgung ihrer kleinsten Patientinnen und Patienten.“ Auch Thomas Rochell, Chef des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, sprach von einer „maßlosen Unterstellung“. 

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will sich sein Arzneimittellieferengpass- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) nicht schlechtreden lassen. Es brauche Zeit, bis die Maßnahmen greifen, sagte er am Donnerstagmorgen im ARD-Morgenmagazin. Und damit wir über den nächsten Winter kommen, will er den Apotheker:innen nun noch schnell weitere – und vor Retaxationen geschützte – Entscheidungsfreiräume schaffen. Das sieht der jetzt vorgestellte 5-Punkte-Plan zur Sicherung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln im Herbst/Winter 2023/24 vor.

Doch eine Aussage Lauterbachs im Morgenmagazin sorgt für erheblichen Unmut. Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, hatte zuvor in der Sendung gesagt, das ALBVVG sei „nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein“ und die Versorgung hänge im Winter an einem „seidenen Faden“. Dazu erklärte der Minister, dass dahinter der Honorarkampf der Apotheker:innen stehe. Es sei nicht richtig, wenn vergleichsweise gut bezahlte Leute in diesem Kampf Menschen, speziell Eltern, verunsicherten, so der Minister.

Das rief den Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Hans-Peter Hubmann, auf den Plan. Er begrüßte zwar den 5-Punkte-Plan: „Es war richtig und wichtig, dass wir uns in den vergangenen Tagen auch unabhängig von Vergütungsfragen mit der Versorgung von Kindern befasst haben. Sowohl der Minister als auch wir Apothekerinnen und Apotheker können es nicht noch einmal zulassen, dass Eltern und Kinder in Notsituationen unversorgt bleiben. Insofern ist es eine richtige Entscheidung, dass die Apothekenteams noch mehr Entscheidungsfreiheiten bekommen.“ 

Auf die Aussagen zum Apothekenhonorar reagiere man jedoch mit „großer Verwunderung“ und weise sie mit aller Deutlichkeit zurück. Hubmann betonte, dass die Apothekenteams Tag für Tag für die Versorgung der kleinsten Patientinnen und Patienten kämpften. „Natürlich ist unser Einsatz für eine seit Jahren nötige Anpassung der Vergütung auch mit der Versorgung unserer Patientinnen und Patienten verbunden.“ Denn seit Jahren befinde sich die Apothekenzahl im Sinkflug. Die Bundesregierung ignoriere dies ebenso wie die wirtschaftliche Schieflage der Apotheken. Damit nehme sie in Kauf, dass die Menschen in diesem Land schlechter versorgt würden, weil ihre wohnortnahe Apotheke möglicherweise wegbreche. „Der Minister sollte also nicht nur immer wieder die Symptome eines kaputten Systems behandeln“, so Hubmann. Doch eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Arzneimittelversorgung ist mit einem Apothekenhonorar, das seit knapp elf Jahren nicht angepasst wurde, nicht zu haben.

AVWL-Chef: 500 Apotheken weniger, die Lösungen finden können

Auch Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL), tritt in einer Pressemitteilung seines Verbandes der Behauptung entgegen, die Apotheken schürten bei Müttern wegen der anhaltenden Lieferengpässe Panik, um ihre Honorarforderungen durchzusetzen. Dies sei eine maßlose Unterstellung“. Rochell betont: „Wir Apothekerinnen und Apotheker haben gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den vergangenen Monaten alles unternommen, um die Patienten versorgen zu können. Wir haben dabei mitnichten Panik geschürt, sondern immer wieder öffentlich beruhigt, dass wir vor Ort im Austausch mit den Ärzten Lösungen finden“. Es sei aber auch Pflicht der Apotheken, vor einer neuen Mangellage zu warnen. Dies nicht zu tun, wäre fahrlässig. Rochell unterstreicht: „Die Lieferengpässe sind Realität. Sie werden nicht von den Apotheken herbeigeredet.“ Der AVWL-Chef weist ebenfalls auf die rückläufige Zahl der Apotheken hin: „Bundesweit wird es zum Jahresende rund 500 Apotheken weniger geben als zwölf Monate zuvor. 500 Apotheken weniger, die im Falle eines Lieferengpasses eine Lösung für Patienten finden können, indem sie zum Beispiel selbst Säfte herstellen.“ Der Grund: Die Honorierung der Apotheken ist nicht mehr auskömmlich. „Wenn der Minister mit seiner Behauptung recht hätte, dass in den Apotheken gut verdient würde, warum müssen dann so viele Apotheken schließen?“, fragt Rochell.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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