Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

30.10.2022, 07:09 Uhr

Unsere Apothekenzukunft? Weniger Honorar. Da hilft auch kein Cannabis. (Foto: Alex Schelbert)

Unsere Apothekenzukunft? Weniger Honorar. Da hilft auch kein Cannabis. (Foto: Alex Schelbert)


28. Oktober 2022

Jetzt gibt es kein Zurück mehr: Auch der Bundesrat hat das Spargesetz passieren lassen, trotz aller Kritik. Für die Apotheken bedeutet dies nun endgültig, dass vermutlich schon ab 1. Februar 2023 ein höherer Kassenabschlag zu Lasten der Apotheken gilt: Für jede auf Rezept verordnete, Arzneimittelpackung erhalten die Krankenkassen zwei Jahre lang 23 Cent mehr – und wir bekommen entsprechend 23 Cent weniger Honorar. Das schmerzt. Die Schizophrenie dabei ist, dass dieser Beitrag nicht spürbar zur Verminderung des Krankenkassendefizits beitragen kann. Aber er belastet jede Apotheke empfindlich. Mein liebes Tagebuch, und damit bei uns erst gar keine Freude aufkommt, dass die zwei Jahre vielleicht bald vorbeigehen, droht unser Bundesgesundheitsminister mit dem Inkrafttreten dieses Spargesetzes gleich schon mal die große Finanzreform an, die nötig sei und kommen werde. Es wird nicht besser werden.

 

Klar, sauberes Wasser wollen wir alle. Und bevor es als Abwasser in unsere Flüsse, Gewässer und Meere gelangt, sollte es geklärt werden und frei von umweltschädlichen Stoffen sein: Dafür sind Kläranlagen da, deren Betrieb je nach Aufwand der Reinigung natürlich Geld kostet. Die EU-Kommission hat einen Legislativvorschlag für die Überarbeitung der kommunalen Abwasserrichtlinie veröffentlicht. Mit ihm will die EU-Kommission erreichen, dass die vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen über zwei Industriezweige finanziert wird: die Pharma- und die Kosmetikindustrie. Aber wäre das überhaupt rechtens? Die Verbände der Arzneimittel - und Kosmetikindustrie sind sich da einig: Eine Sonderabgabe für Arzneimittel-Hersteller zur Finanzierung einer vierten Reinigungsstufe für Kläranlagen wäre verfassungswidrig. Mein liebes Tagebuch, nehmen wir das Beispiel Diclofenac: ein Wirkstoff, der als umweltschädlich gilt und  möglichst nicht ins Wasser gelangen sollte. Allerdings dürfte dies illusorisch sein und daher muss das Abwasser aufwändig gereinigt werden (vierte Reinigungsstufe von Kläranlagen) und das kostet. Die Diclofenac-Hersteller und -Vertreiber sollen sich, so das EU-Vorhaben, also daran beteiligen. Wie die EU-Kommission selbst ausführt, ist es Sinn solcher Gesetze, Anreize zu schaffen, dass weniger schädliche Produkte auf dem EU-Markt vertrieben werden. Mag sein, mein liebes Tagebuch, aber lässt sich dieser Gedanke auf wichtige Arzneimittel übertragen? Sollen dann Diclofenac und andere Arzneimittel, die nur teuer aus Abwässern zu entfernen sind, vom Markt verschwinden? Oder werden diese Arzneimittel dann noch teurer, weil Hersteller die Abwasserkosten auf die Preise umlegen? Das letzte Wort ist da noch nicht gesprochen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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10 Kommentare

Schweigen der Lämmer

von Dr.Radman am 30.10.2022 um 13:24 Uhr

ABDA, DAV zu FinStG: Schweigen der Lämmer!
Was ist mit Arnold`s Perspektivpapier „ Apotheke“ 2030?
Warum möchte Herr Arnold nur Stellvertreter sein?
Fragen über Fragen!

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Was geschieht, ist richtig ... !??

von Reinhard Herzog am 30.10.2022 um 10:24 Uhr

Es ist erschreckend, wie bar jeder sachlogischen und wirtschaftlichen Fakten rein auf der Metaebene wieder ein Multi-Milliarden-Markt preisgegeben wird.

Ja, es geht um Cannabis.

Da dürften wir tatsächlich nur noch hinterherschauen, bestenfalls hinterherhecheln. Und zwar zu Recht.
So schmallippig-arrogant, wie man sich bei diesem Thema der Politik gegenüber gezeigt hat ("wenn es nicht anders geht ... ja notfalls können wir auch ...). Bedenken first, Chancen second ...

Ja, Apotheker - der Beruf der verpassten Chancen.
Seit Jahrzehnten ist dieser Spruch gültig, aber selten war er wieder so aktuell.

Der nächste Zug dürfte gerade im Bereich der Diagnostik / predictive analytics abfahren.

Nur ein kleines Beispiel.
In USA gibt es seit etlichen Monaten einen recht beachtlichen Krebstest (Galleri-Test, Fa. Grail / Illumina). Etwas Blut reicht, erfasst rund 50 Krebsarten (!), die für über 70% der Krebstodesfälle stehen. Gut, mit 950 US-$ nicht ganz billig, aber mit recht guter prädiktiver Aussagekraft.

Da staunen die (deutschen) Fachfrauen/männer, die Laien wundern sich ...

Hier tut sich erkennbar ein weiterer Zukunfts-Megamarkt auf.
Wohl selbstredend nicht für uns ...

Das Zusammenschrumpfen auf das versorgungsrelevante Minimum verdienen sich die Apotheken tapfer selbst, weil sie (bzw. ihre Standesführung) Wachstumsmärkte gar nicht zu erkennen vermögen, und selbst wenn, sie trefflich kaputt zu diskutieren und notfalls kaputt zu regulieren weiss. Womit sie sich ehrlicherweise in bester (deutsch-europäischer) politischer Gesellschaft befinden.

That's life - was geschieht, ist richtig.
Nämlich schlicht folgerichtig.
Ob wünschenswert, steht auf einem ganz anderen Blatt ...

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Zukunftsmisere

von Dr.Diefenbach am 30.10.2022 um 9:52 Uhr

.....leider muss man IMMER WIEDER im eigenen Laden, nämlich der ABDA Struktur, die es auch noch geben wird wenn sie längst abgeschafft ist,nach vielen URSACHEN für die Existenzgefährdung suchen.Wobei die alten Vorwürfe auch nach wie vor die gleichen sind;Freundlichkeit,Devotes Verhalten gegenüber Leuten,die uns permanent treten,Alles irgendwie Dann doch Verstehen,Festhalten an PDL-Einkünften,die bilanziert nur selten eine Rolle spielen dürften ,eine lächerliche !!!! PR.
Ich frage mich ,wie arrogant eigentlich die Kern-Truppe ist(man denke an das Kippfahrrad vor wenigen Wochen).Klar,DAS hat die Republik ins Mark getroffen, aber dass die KollegInnen betroffen waren, wurde ignoriert, oder??ALSO solange man auch die Strukturtrennung DAV und BAK nicht angeht, wird die Wirtschaft nicht besser werden ;und dass es NUR ums Geld zu gehen scheint,WIE OFT muss man das noch sagen??.Und auch immer wieder:GIBT es noch Wissenschaft bei uns?Wo bleiben die Ausflüsse in der Praxis aus vielen exzellenten Fachartikeln in DAZ,PZ,medMoPharm etc.??Wir sehen doch dass auch die alte SPD Forderung immer mehr an Kontur gewinnt:Erstmal zerschlagen,DANN gucken was uU besser ist...-Der aktuelle HAV Vorsitzende sagte einmal.dass der Stand für gigantische Umsatzgrössen stünde, nimmt man alle Zahlen
zusammen.WARUM wird nicht mal darüber nachgedacht,W I E man dies in der Praxis umsetzt?.Was nutzt die ganze Klimadiskussion, wenn die Betriebe es nicht zahlen können?Was nutzen die schön geredeten Streikaktionen,die ,da punktuell erfolgt,ÜBERHAUPT !!! keinen Nachhall finden.Nett gemeint,aber was war der Erfolg??Es wurde alles so verabschiedet, wie man es NICHT wollte.Und ich weise auch abermals darauf hin;WIE werden Versorgungswerke in 1o,2o Jahren existieren,wenn die Zahler weniger werden bzw. durch work-life -balance reduzierte Beträge entrichten??Hier sehe ich ein Problem noch ganz anderer Tragweite...Es MUSS neu organisiert werden.Unter anderem mit BWLern!!!!




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30.10.2022

von Dr. Dr. Thomas Richter am 30.10.2022 um 8:50 Uhr

Lieber Herr Ditzel!

Sie haben die Sache auf den Punkt gebracht. Damit wird sich der Apothekenmarkt bis zum Jahr 2030 drastisch verändern. Kleine Apotheken werden schließen, aber auch große Apotheken, deren Cash Flow nicht stimmt, könnten in eine Schieflage kommen. Am Ende wird es sein wie bei der Bundeswehr. Man wird erst aufwachen, wenn die Struktur zerstört ist. Lauterbach vollstreckt nur das, was schon viele Vorgängerinnen und Vorgänger angestoßen haben. Die Geschichte verläuft oft evolutionär, das heißt, diese Entwicklung vollzieht sich schleichend und es kommt am 1.2.203 nicht zu Massenschließungen. Dennoch ist der Prozess unumkehrbar. So ist es aber von den Verantwortungsträgern gewollt!

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AW: 30.10.2022

von Conny am 30.10.2022 um 9:19 Uhr

1..2 203?

Strukturgesetz und pharm. Dienstleistungen

von Ulrich Ströh am 30.10.2022 um 8:45 Uhr

Die Umfrage unter meinen schleswig-holsteinischen Kollegen zeigt mit 99 Prozentiger Mehrheit :

Pharmazeutische Dienstleistungen haben unter den Augen der Inhaber keine zukünftige Relevanz im Betrieb der Offizinapotheken .

Stattdessen sollte die ABDA den Offizinapotheken —bald — mitteilen , wie sie dem anstehenden Strukturgesetz in der Öffentlichkeit entgegentreten will.

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.

von Anita Peter am 30.10.2022 um 8:43 Uhr

Wann beschäftigt sich das Tagebuch mit dem grandiosen Versagen von ABDA, DAV und den Landesverbänden in den letzten 10-20 Jahren?
Wann beschäftigt sich das Tagebuch mit der fehlenden Professionalisierung in den o.g. Strukturen?
Wann bringt es das Tagebuch endlich mal auf den Punkt wo unser "Kernproblem" liegt?

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AW: Versagen

von Conny am 30.10.2022 um 9:21 Uhr

Kritik und Daz sind wie Tag und Nacht

AW: .

von Linda F. am 30.10.2022 um 9:36 Uhr

Ganz genau. Wir brauchen viel mehr Klartext! Auch beim Tagebuch / der DAZ wird die offensichtliche Entwicklung mindestens verharmlost.
Den Apotheken vor Ort geht es nun richtig an den Kragen. Zurzeit schließen 500 Apotheken pro Jahr. Mit der Erhöhung des Kassenabschlags werden wir ab 2023 Richtung 1.000 Apothekenschließungen pro Jahr marschieren. Apotheken, die aufgrund der vernichtenden gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen, unter denen wir zu leiden haben, für immer schließen werden müssen. Für diese Apotheken wird es keinen Ersatz geben - erst recht nicht durch den Online-Versandhandel. Wie viele Apotheken von den 18.000 heute noch vorhandenen (einst 21.000) werden in 2030 noch da sein? <10.000?! Politisch offenbar so gewollt.
Die ABDA tut nichts Nennenswertes dagegen, obwohl unser Untergang durch die Absichten (Stichwort: Honorardeckel) und das Handeln (erhöhter Kassenabschlag, keine Honorarerhöhung seit 10
Jahren trotz massiver Inflation) der Bundesregierung bereits vorgezeichnet ist.
Die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Deutschland ist mit dem Untergang der Apotheken vor Ort in größter Gefahr! Es wird zu großen Versorgungslücken (auch in den Städten, Stichwort: Lieferengpässe) kommen - und das in einer Gesellschaft, die immer älter wird und bei der der Bedarf nach pharmazeutischer Versorgung mit der Zeit sogar noch erheblich zunehmen wird. Eine wahrhaftig tödliche Entwicklung, welche die Politik im Bereich der Arzneimittelversorgung zu Lasten der Bevölkerung leider ganz bewusst eingeschlagen hat.

Mein liebes Tagebuch

von Bernd Haase am 30.10.2022 um 8:31 Uhr

Liebe ADEXA,

Alle Mitarbeiter der öffentlichen Apotheken benötigen eine Zukunftsperspektive.

Die Gehälter, die in den Apotheken gezahlt werden sind auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr wettbewerbsfähig.

Eine notwendige Forderung für die Angestellten in den Apotheken wäre eine Übernahme der Tarifverträge, wie Sie im öffentlichen Dienst für die Mitarbeiter der Klinikapotheken gelten.

Tarifverträge kann man kündigen.

Tarifverhandlungen können scheitern.

Sie müssen keine Tarifverträge akzeptieren, die auf Arbeitgeberseite nicht gegenfinanziert werden.

Es hilft den Angestellten in den Apotheken nicht wenn Ihre Arbeitgeber finanziell ausbluten.

Bitte nehmen Sie den Kampf auf.

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