Live-Talk E-Rezept

Begeisterung wecken für das E-Rezept!

Münchingen - 30.03.2022, 15:45 Uhr

Der Online-Live-Talk der Gehe Akademie fragte bei Expertinnen und Experten nach, wie die Zeit in den Apotheken genutzt werden sollte, um mit dem offiziellen Startschuss fit zu sein für das E-Rezept. (x / Screenshot: Live-Talk Gehe-Akademie | Ditzel / DAZ)

Der Online-Live-Talk der Gehe Akademie fragte bei Expertinnen und Experten nach, wie die Zeit in den Apotheken genutzt werden sollte, um mit dem offiziellen Startschuss fit zu sein für das E-Rezept. (x / Screenshot: Live-Talk Gehe-Akademie | Ditzel / DAZ)


Der Live-Talk der Gehe-Akademie zum E-Rezept hatte eine klare Botschaft: Apotheken sollten die verbleibende Zeit intensiv nutzen, um sich fit für das E-Rezept zu machen. Vor allem aber auch, um auf die Kundinnen und Kunden zuzugehen, sie über das E-Rezept zu informieren und beim Umgang mit dem Smartphone zu unterstützen. Hier liegen die Chancen, sie dafür zu begeistern, dass die Vor-Ort-Apotheke der Ort ist, die E-Rezepte einzulösen, digital und analog.

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Das E-Rezept kommt. Wann es allerdings offiziell startet und in den Apotheken präsent wird, steht noch in den Sternen. Erst wenn 30.000 Rezepte das gesamte Procedere von der Ausstellung der elektronischen Verordnung beim Arzt über die Einlösung durch den Kunden in der Apotheke bis hin zur Abrechnung durch das Rechenzentrum durchlaufen haben, könnte es so weit sein. 

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Der Online-Live-Talk der Gehe Akademie am 29. März, moderiert von DAZ-Herausgeber Peter Ditzel, fragte bei Expertinnen und Experten nach, wie die Zeit bis dahin in den Apotheken genutzt werden sollte, um mit dem offiziellen Startschuss fit zu sein für das E-Rezept.

Nervt die Software-Häuser!

Apothekerin Kerstin Kemmritz, Inhaberin der Falken-Apotheke Weißensee, Berlin, und Präsidentin der Apothekerkammer Berlin, wies in ihrem Impulsvortrag auf die Chancen hin, die sich mit dem E-Rezept ergeben. Allerdings müssen hierfür einige Voraussetzungen stimmen: Die Technik muss laufen, falls nicht, sollte man sich nicht scheuen, „die Softwarehäuser zu nerven“. Die verbleibende Zeit sollte man nutzen, das Apothekenteam zu schulen und Ärzte anzusprechen. Nicht vergessen: Wenn alles im grünen Bereich ist, dann sollte man im DAV-Portal die Apotheke als „E-Rezept-ready“ markieren, damit auch die verordnenden Ärztinnen und Ärzte, aber auch die Kundinnen und Kunden wissen, dass dort E-Rezepte eingelöst werden können.

Kemmritz sprach sich deutlich für die Nutzung der Gematik-App aus: „Es ist die App für das deutsche E-Rezept, die kostenlos, werbefrei und diskriminierungsfrei ist und momentan absolut ausreichend ist.“ Die Apotheken und die Patienten sollten wissen, dass sie mit dieser App alleine vollkommen klarkommen.

Zu den Flaschenhälsen der E-Rezept-Einführung gehören Defizite bei technischen Komponenten, nicht nur bei den Apotheken, sondern auch in Arztpraxen, so Kemmritz. Noch immer fehlen außerdem HBA-Karten. Und es klemmt bei der Ausgabe der NFC-fähigen elektronischen Gesundheitskarten der Krankenkassen samt PIN, die letztlich die Voraussetzung dafür sind, dass die Versicherten ihr NFC-fähiges Smartphone zur Einlösung der E-Rezepte nutzen können.

Kemmritz forderte die Apotheken dazu auf, mit Muster-E-Rezepten zu üben, um die Technik zu checken, das System, die Scanner. Das Apothekenteam sollte die Abläufe mit dem E-Rezept üben.

Sprecht die Arztpraxen an!

Apotheker Florian Köster, Cothenius-Apotheke, Anklam, hat bereits Musterrezepte verarbeitet. Er konnte zusammen mit einer Arztpraxis die Abläufe durchspielen. Er versandte „ein klassisches Fax“ an Arztpraxen, um darüber zu informieren, dass seine Apotheke E-Rezept-ready ist und konnte eine Praxis ins Boot holen. Bei den Kundinnen und Kunden hat seine Apotheke bereits einen digitalen Ruf, zum Beispiel durch die digitale Sichtwahl. Er weist sie darüber hinaus an vielen Stellen darauf hin, dass seine Apotheke für das E-Rezept vorbereitet ist, beispielsweise auch mit einem QR-Code auf dem Kassenbon. 

Auch Apothekerin Sarah Wessinger, zuständig für die Scholz online-Datenbank des Deutschen Apotheker Verlags, aber auch Mitarbeiterin in einer öffentlichen Apotheke, konnte von reibungslosen technischen Abläufen mit Musterrezepten berichten. Die Apotheke habe bereits Ärzte im Umfeld angesprochen. Sie stünden dem E-Rezept zwar aufgeschlossen gegenüber, jedoch funktionierten die Praxissysteme noch nicht. „Ich habe allerdings auch nicht den Eindruck, dass die Ärzte Druck auf ihre Softwarehäuser ausüben“, sagte Wessinger. Die Apothekenkunden werden bereits mit Plakaten und Flyern aufs E-Rezept vorbereitet, man wolle in Kürze noch stärker dazu kommunizieren. Die Kunden seien in der Regel sehr aufgeschlossen und ließen sich auch gerne bei der Installation der App helfen, so Wessinger.

Dienstleistung: Patienten-Onboarding beim E-Rezept?

Kemmritz würde zwar auch gerne mit Ärzten zusammenarbeiten, allerdings sieht sie ein Problem darin, dass der jetzige Zeitpunkt nicht besonders günstig sei, Ärzte anzusprechen: Auch in Arztpraxen sind viele Quarantäne-Fälle zu verzeichnen, es gibt personelle Engpässe in den Praxen. Vielleicht sollten die Apotheken daher verstärkt ihre Hausaufgaben machen, wirklich alles checken und üben – und dann auf die Arztpraxen zugehen, schlägt die Apothekerin vor.

Für eine verstärkte Kundeninformation in ihrer Apotheke hat sie sich den Zeitpunkt nach Ostern vorgenommen. Über Homepage, Flyer und Poster wird ihre Apotheke darauf aufmerksam machen, dass man für das E-Rezept bereit ist. Man sollte sich vielleicht auch überlegen, ob die Apotheken nicht das Onboarding der Patienten, das Aufspielen und Erklären der E-Rezept-App, als Dienstleistung anbieten. 

Technik testen, testen und nochmals testen!

Mit der Website TI-Score versucht die Gematik derzeit mehr Transparenz ins Geschehen zu bringen, inwieweit die Technik bei den einzelnen Marktteilnehmern steht. Darauf verwies Hannes Neumann, Produktmanager für das E-Rezept bei der Gematik. 


Aktuell sehen wir relativ viele Zahnarztpraxen, die mit entsprechender Software ausgestattet sind. So nach und nach schließen nun die Hausartzpraxen auf.“

Hannes Neumann, E-Rezept-Produktmanager bei der Gematik


Sein Haus stellt den Apotheken auch Checklisten zur Verfügung. Sein Appell: Alle Beteiligten sollten aktiv werden, die Zeit nutzen zum Testen und Ausprobieren. Ob man Ärzte findet, mit denen man zusammen üben kann, hängt an der zentralen Frage, ob das Praxissystem bereits E-Rezept-ready ist: „Aktuell sehen wir relativ viele Zahnarztpraxen“, so Neumann, „die mit entsprechender Software ausgestattet sind. So nach und nach schließen nun die Hautarztpraxen auf.“ 

Carlos Thees vom Softwarehaus Noventi bot den Apotheken jedwede Hilfe an, um E-Rezept-ready zu werden, allerdings muss von der Apotheke die Bereitschaft dazu kommen. Ganz wichtig: Die Apotheke sollte die erforderlichen Daten bereithalten, um die Technik zum Laufen zu bringen. Hilfestellung bieten Testrezepte, mit denen die Verbindungen überprüft werden können, und Checklisten. Das Softwarehaus informiert die Apotheken auch, wenn in ihrem Umkreis Arztpraxen E-Rezept-ready sind, damit Praxis und Apotheke zusammenfinden können, um mit E-Rezepten zu üben. Apotheken sollten allerdings nicht zögern, ihre Ärzte im Umfeld anzusprechen.

Informiert die Patienten!

Was der Live-Talk deutlich machte: Wichtig ist es, die Patientinnen und Patienten davon zu überzeugen, dass das E-Rezept kein Hexenwerk ist und die Vor-Ort-Apotheke der richtige Ort zum Einlösen dieser Rezepte ist. Aber wie lassen sich die Patienten davon überzeugen?

Hausarzt Carsten Wendt, Zingst, stellt bereits überwiegend E-Rezepte aus, auch wenn es noch Papierausdrucke sind. Er bietet seinen Patientinnen und Patienten diese E-Rezepte aktiv an. Da das E-Rezept derzeit in der Regel als Papier-Token ausgedruckt wird, war es für ihn nicht schwer, seine Patienten ans E-Rezept heranzuführen. Er weist auch in seinem Wartezimmer auf die Vorteile des E-Rezepts hin.

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Susanne Mauersberg, Gesundheitsreferentin beim Verbraucherzentrale Bundesverband, machte deutlich, dass das E-Rezept im Bewusstsein der Verbraucher noch kaum angekommen ist. Nur wenige Patientinnen und Patienten hätten sich bisher mit diesen Fragen befasst und dann zum Teil „Horrorerlebnisse mit der digitalen Welt gehabt“, so Mauersberg: Es funktioniert nur wenig und für Verbraucher gibt es keine Informationen, auch nicht von den Krankenkassen. „Leider hat man in Deutschland keine Sekunde über die Nutzer nachgedacht“, beklagt die Verbrauchervertreterin, „wie man sie besser informieren kann.“ 


 Leider hat man in Deutschland keine Sekunde über die Nutzer nachgedacht.“

Susanne Mauersberg, Gesundheitsreferentin beim Verbraucherzentrale Bundesverband


Eine Ausnahme sieht sie im Bundesland Sachsen: Hier wurden in Apotheken Gesundheits-Terminals aufgestellt (ein Projekt von zwei Krankenkassen und dem sächsischen Gesundheitsministerium), wo sich Patienten über Gesundheitsfragen informieren können. Apotheken und Arztpraxen sollten allerdings auch Verständnis dafür haben, wenn sie von den Versicherten um Rat und Informationen gefragt werden zum Thema App und E-Rezept auf dem Smartphone.

Unterstützung hat auch der Großhandel zugesagt, wie Claudia Pöhl, Mitglied der Geschäftsleitung von Alliance Healthcare und Gehe (AHD), ausführte, denn man wolle die Apotheke vor Ort stärken. Auf den Internetseiten stelle man vielfältige Informationen zum E-Rezept zur Verfügung, auch von Seiten der Gehe-Akademie. Außerdem biete man eine großangelegte Marketing-Kampagne zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheke mit der Botschaft: „Wir können vor Ort und digital“. Die große Chance für die Apotheke sieht Pöhl darin, dass die Vor-Ort-Apotheke ganz nah am Kunden ist, näher als es ein Versandhändler je sein kann. Sie ermunterte die Apotheken dazu, die Kunden im persönlichen Gespräch an die Hand zu nehmen, Beratung anzubieten und so die Bindung zum Kunden zu stärken. Man sollte zeigen, dass man vor Ort einen ganz anderen, einen besseren Service bieten kann als die Versandkanäle.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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