Herstellerpflichten

Was bedeutet die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung für Apotheken? (Teil 2)

Köln - 27.05.2021, 11:45 Uhr

Der Vertrieb von Medizinprodukten, z. B. Halspastillen mit Hyaluronsäure, die das Apotheken­logo tragen, ist bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung mit dem Hersteller weiterhin möglich, ohne dass die Apotheke zum Hersteller im Sinne der MDR wird. (Foto: IMAGO / Seelige)

Der Vertrieb von Medizinprodukten, z. B. Halspastillen mit Hyaluronsäure, die das Apotheken­logo tragen, ist bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung mit dem Hersteller weiterhin möglich, ohne dass die Apotheke zum Hersteller im Sinne der MDR wird. (Foto: IMAGO / Seelige)


Weitere Händlerpflichten der Apotheke

Zur Identifizierung innerhalb der Lieferkette sollen die Apotheken gemäß Artikel 25 Abs. 1 MDR mit den Herstellern oder ihren Bevollmächtigten zusammenarbeiten. Dadurch wird ein angemessenes Niveau der Rückverfolgbarkeit von Produkten angestrebt. In diesem Zusammenhang ist jeder Händler gemäß Absatz 2 verpflichtet, gegenüber der zuständigen Behörde Angaben zu machen über

  • alle Wirtschaftsakteure, an die sie ein Produkt direkt abgegeben haben;
  • alle Wirtschaftsakteure, von denen sie ein Produkt direkt bezogen haben;
  • alle Gesundheitseinrichtungen oder Angehörigen der Gesundheitsberufe, an die sie ein Produkt direkt abgegeben haben.

Diese Verpflichtung gilt in einem Zeitraum von mindestens zehn Jahren, nachdem das letzte von der EU-Konformitätserklärung erfasste Produkt in Verkehr gebracht wurde. Da Apotheken Medizinprodukte vom Großhändler, der ein Wirtschaftsakteur ist, beziehen und die Produkte an Gesundheitseinrichtungen, wie Senioren- und Pflegeheime, Krankenhäuser oder Ärzte, direkt abgeben, kommt voraussichtlich ein erheblicher Verwaltungsaufwand auf sie zu, der sich nur mit entsprechenden Softwarelösungen bewältigen lassen wird.

Die zuständigen Behörden üben Marktüberwachungstätigkeiten aus und können gemäß Artikel 93 Abs. 3 MDR

  • Wirtschaftsakteure verpflichten, die für die Zwecke der Durchführung der Tätigkeiten der Behörden erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen und, falls gerechtfertigt, die erforderlichen Produktstichproben kostenfrei bereitzustellen oder kostenfreien Zugang zu den Produkten zu ermöglichen, und
  • angekündigte und erforderlichenfalls unangekündigte Kontrollen in den Räumlichkeiten der Wirtschaftsakteure sowie in den Räumlichkeiten von Zulieferern und/oder Unterauftragnehmern und, falls erforderlich, in den Einrichtungen beruflicher Anwender durchführen.

Insofern können auch Apotheken Adressaten solcher Maßnahmen und Kontrollen werden. Das Ergebnis des behördlichen Überwachungsberichts wird dem Wirtschaftsakteur gemäß Abs. 7 mitgeteilt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Was ist Apotheken nun zu raten?

Zusammenfassend ist den Apotheken zu raten, insbesondere das QMS der Apotheke mit den Vorgaben der MDR in Einklang zu bringen, um ab Ende Mai 2021 den neuen Händlerpflichten gerecht werden zu können. Bei der Qualitätssicherung können zur Unterstützung insbesondere zwei Leitlinien der BAK sowie die ergänzenden Kommentare und Flussdiagramme („Meldung von Vorkommnissen bei Medizinprodukten“) beziehungsweise Checklisten („Prüfkriterien für apothekenpflichtige Medizinprodukte“) herangezogen und für die eigene Apotheke adaptiert werden. Diese Leitlinien geben Empfehlungen zur Prüfung und Lagerung apothekenpflichtiger Medizinprodukte sowie zu Maßnahmen bei Risiken im Zusammenhang mit Medizinprodukten. Die jeweilige verwendete Apothekensoftware sollte dahingehend überprüft werden, ob sie eine lückenlose Dokumentation der eingegangenen Medizinprodukte im Sinne eines Warenwirtschaftssystems ermöglicht, um die Herkunft und Rückverfolgbarkeit über einen Zeitraum von zehn Jahren sicherzustellen. 



Dr. Janna K. Schweim, Rechtsanwältin, Köln
redaktion@daz.online


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