Lieferengpässe

Wird jetzt auch Ibuprofen 400 knapp?

Berlin - 28.08.2018, 09:00 Uhr

Eigentlich logisch: Ist der Wirkstoff Ibuprofen weltweit knapp, schränkt das die Lieferbarkeit von Ibuprofentabletten in mehreren Stärken ein. (b / Foto: Imago)

Eigentlich logisch: Ist der Wirkstoff Ibuprofen weltweit knapp, schränkt das die Lieferbarkeit von Ibuprofentabletten in mehreren Stärken ein. (b / Foto: Imago)


Die Lieferschwierigkeiten für Ibuprofentabletten scheinen nicht nur auf die 600-Milligramm-Stärke beschränkt zu sein: Inzwischen werden bei einzelnen Herstellern die 400 Milligramm knapp. Die gemeinsame Ursache ist eine Wirkstoffknappheit, die mittelfristig bestehen bleiben wird. Das BfArM sieht jedoch keinen Handlungsbedarf, weil der Wirkstoff nicht versorgungskritisch sei.

Es war eine Frage der Zeit, bis sich die Ibuprofen-Lieferengpässe auch auf andere Stärken ausweiten: Nachdem die verschreibungspflichtige 600-Milligramm-Stärke – vor allem in der Packungsgröße 50 Stück – immer wieder defekt war, breitet sich die Verknappung bei einzelnen Herstellern offenbar auch auf die 400-Milligramm-Stärke aus.

400 Milligramm-Knappheit (noch) nicht dramatisch

Nach Informationen von DAZ.online sind die Lieferengpässe bei der 400-Milligramm-Stärke jedoch längst nicht so ausgeprägt wie bei 600 Milligramm. Die 600-Milligramm-Stärke wird am häufigsten verschrieben, weshalb die Verknappung hier rasch und deutlich spürbar wurde. Dagegen scheinen sich mit der 400 Milligramm Stärke einige Apotheken im Direktgeschäft umfangreich bevorratet zu haben und bemerken von den aktuellen Lieferschwierigkeiten noch wenig bis gar nichts.  

Betroffen sind offenbar unter anderem die Hersteller Hexal, Zentiva und Aliud. So bestätigt Hexal gegenüber DAZ.online, dass derzeit nicht immer alle Wirkstärken von Ibuhexal lieferbar sind. Das Unternehmen drückt sich vorsichtig aus: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Wirkstoffbeschaffung zu verbessern und langfristig zu sichern. Wir hoffen, bis Ende des Jahres wieder voll lieferfähig zu sein.“

Systemumstellung bei Ibuflam

Auch bei Ibuflam kommt es bei den einzelnen Stärken immer wieder zu Engpässen. Hinzu kommt, dass in der aktuellen Woche bei Zentiva eine Systemumstellung stattfindet, die durch die Trennung von Sanofi bedingt ist und dazu führt, dass einige Produkte, darunter auch Ibuflam, erst ab dem 3. September ausgeliefert werden können. So lautet es in einem Infoschreiben von Zentiva vom 14. August an die Apotheken: „Aufgrund einer Systemumstellung können Ihre Aufträge ab dem 27.8. bis einschließlich 31.8. nicht versendet werden. Diese Aufträge gehen nicht verloren, sondern werden ab dem 3.9. ausgeliefert.“

Ibuprofen bleibt mittelfristig knapp

Wie DAZ.online mehrfach berichtete, sind die Kapazitäten der Ibuprofen-Wirkstoffproduktion ausgereizt. Dies war zu Jahresanfang spürbar, als die Fiebersäfte zur Grippesaison knapp wurden. Später kamen die Lieferengpässe bei den Tabletten dazu. Weltweit wird Ibuprofen in nur in sechs Produktionsstätten hergestellt. Das Werk einer der führenden Wirkstoffproduzenten, BASF, steht seit Anfang Juni – bis auf weiteres – still. Nach eigenen Angaben kann das Unternehmen erst ab Anfang September einschätzen, wann die Produktion wieder aufgenommen werden kann.  

Ibuprofen bleibt also mittelfristig knapp. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sieht noch keinen Handlungsbedarf. Im Rahmen  des 7. Jour Fixe zum Thema Lieferengpässe am 4. Juli dieses Jahres stufte das BfArM die Ibuprofen-Verknappungssituation als „individuell kompensierbar“ und nicht als „Versorgungsengpass“ ein. Denn der Wirkstoff Ibuprofen sei weder versorgungsrelevant noch versorgungskritisch.

Apotheker: „essenzielle Wirkstoffe in Europa produzieren“

Für Apotheker Dr. Richard Krombholz aus Ellwangen geht die Einschätzung des BfArM an der Realität vorbei: „Für den Patienten, der sein Medikament braucht, ist es unerheblich, ob das BfArM den Engpass als ‚versorgungsrelevant‘ einstuft. Engpässe wird es bei generischen Arzneimitteln immer wieder geben. Denn wegen des endlosen Preisdrucks gibt es immer weniger Produktionsstätten für die Wirkstoffe und diese liegen häufig in China oder Indien. Mein Appell an die Arzneimittelbehörden: Es sollte für Deutschland eine definierte Auswahl an essenziellen Wirkstoffen geben, die hierzulande beziehungsweise in Westeuropa in zuverlässiger Qualität produziert werden.“  

Krombholz hat sich, wie einige andere Apotheker auch, bereits vorausschauend mit Ibuprofen in verschiedenen Stärken umfänglich bevorratet. Andere Apotheker versuchen, sich mit Auseinzeln zu behelfen. Entspannung könnte es ab 2021 geben: Da plant BASF, eine Produktionsstätte in Ludwigshafen zu eröffnen. Immerhin ein Anfang. Allerdings wird die weltweite Nachfrage voraussichtlich auch in den kommenden Jahren steigen.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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