Reaktion auf Lieferengpässe

Schwäbischer Apotheker legt Ibuprofen-Wintervorrat an

Berlin - 21.08.2018, 07:00 Uhr

Von Hamstern und Eichhörnchen abgeschaut: Als Antwort auf die Ibuprofen-Lieferengpässe hat sich der schwäbische Apotheker Krombholz im Direktgeschäft einen Langzeitvorrat gesichert. (s / Foto: DAZ.online - jb)

Von Hamstern und Eichhörnchen abgeschaut: Als Antwort auf die Ibuprofen-Lieferengpässe hat sich der schwäbische Apotheker Krombholz im Direktgeschäft einen Langzeitvorrat gesichert. (s / Foto: DAZ.online - jb)


Ibuprofen-Knappheit? In der Adler-Apotheke in Ellwangen offenbar kein Problem. Denn Apothekeninhaber Dr. Richard Krombholz hat einen großen Vorrat mit Ibuprofen 600 Milligramm-Tabletten angelegt, der bis Jahresende halten sollte. Außerdem findet der schwäbische Apotheker, dass Ärzte angesichts der Engpässe ihre Ibuprofen-Verordnungen besser rationieren sollten.

Es ist spannend wie an der Börse: Mal ist Ibuprofen 600 Milligramm lieferbar, kurze Zeit später ist der Großhandel leergefegt. Seit Monaten ist das vielverschriebene Schmerzmittel immer wieder Mangelware. Apotheker Dr. Richard Krombholz aus Ellwangen wollte von der unsicheren Liefersituation unabhängig bleiben und hat sich im Direktgeschäft für mehrere Monate mit 600 Milligramm Ibuprofen von Hexal und Zentiva bevorratet.

Der Inhaber der Adler-Apotheker traf diese Entscheidung im Juni, als er von Außendienstmitarbeitern darüber informiert wurde, dass Ibuprofen weiterhin knapp bleiben könnte. Eigentlich sollte sein Vorrat bis Jahresende ausreichen. Doch Krombholz befürchtet, dass sein Schmerzmittel-Polster angesichts der hohen Nachfrage schon früher abschmelzen könnte.

BASF-Werk steht weiterhin still

Ibuprofen-Tabletten sind seit Monaten knapp. Verschärfend kommt hinzu, dass seit Anfang Juni die Produktionsstätte in Texas von BASF, einem der führenden Wirkstoffproduzenten weltweit, stillsteht. Unklar ist, wann das Werk in den USA seine Produktion wieder aufnehmen wird. Denn die Fehleranalyse, die ursprünglich Anfang Juli beendet sein sollte, ist nach Auskunft des Unternehmens immer noch nicht abgeschlossen. „Im Moment gehen wir davon aus, dass wir Anfang September einen genauen Zeitplan haben werden. Wir informieren unsere Kunden regelmäßig über den Fortschritt der notwendigen Arbeiten“, erklärt das Unternehmen gegenüber DAZ.online.

Die Ibuprofen-Lieferengpässe betreffen vor allem den verschreibungspflichtigen Sektor und dabei insbesondere die Stärke 600 Milligramm in den häufig verordneten Packungsgrößen 20 und 50 Stück. Auf Nachfrage von DAZ.online wechselt es in deutschen Apotheken ständig, welche Packungsgröße bei welchem Hersteller gerade defekt ist. Sobald im Großhandel wieder Ibuprofen 600 Milligramm verfügbar sind, bestellen viele Apotheken, was zu bekommen ist, um die Schmerzmittelrezepte ihrer Patienten weiterhin beliefern zu können. Doch die Vorräte des Großhandels sind begrenzt.

BfArM: „kompensierbare“ Knappheit

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stuft die Verknappungssituation von Ibuprofen als „individuell kompensierbar“ ein. Ein Versorgungsengpass bestehe nicht. „Es sollten aber medikamentöse Alternativen in Betracht gezogen werden“, lautet es in der Zusammenfassung des vergangenen Jour-Fixe-Termins des BfArM vom 4. Juli, bei dem allerdings die Valsartan-Krise im Vordergrund stand. Für Krombholz klingen die Ausführungen der Arzneimittelbehörde realitätsfern: „Das klingt nach Beamtendeutsch“, erklärt der Ellwanger Apotheker gegenüber DAZ.online.

Sollten Ärzte am Ibuprofen sparen?

Aus Sicht des schwäbischen Pharmazeuten sollten Mediziner ihre Verschreibungsmengen besser rationieren. „Eine sparsamere Ibuprofen-Verordnungspraxis wäre gar nicht so schlecht“, sagt Krombholz zu DAZ.online. Die Patienten bekommen aus seiner Sicht zu viel Spielraum bei der Dosierung. „Man bekommt den Eindruck, Ibuprofen gehört bei manchen aufs Frühstücksbrot“.


Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Apotheker bevorraten Arzneimittel - wer hätt's gedacht?

von Hummelmann am 22.08.2018 um 12:54 Uhr

Tolle Information: Apotheker kaufen Arzneimittel ein und lagern sie in der Apotheke, bevor sie wieder verkauft werden!
Solche Neuigkeiten müssen natürlich in einer Fachzeitung sofort nach Bekanntwerden veröffentlicht werden. Das enorme Interesse der Kollegen erkennt man ja schon daran, dass diese Info gleich zum meistgelesenen Artikel der Woche wird.
Mein Vorschlag: Am besten Sie machen gleich eine Folgeserie daraus. Aber bitte klären Sie doch gleich im Teil 2, ob man mit solchen Meldungen die Verknappung der Arzneimittel beheben kann oder eher fördert. Im Teil 3 können wir uns Gedanken machen, ob wir nicht grundsätzlich einen Jahresvorrat für ALLE Arzneistoffe in der Apotheke vorhalten sollten. Am besten gleich gesetzlich geregelt! Auf diese Weise könnten sicher noch eine ganze Weile "heile Welt" vorspielen und sowohl die Kunden, als auch die Krankenkassen und Gesundheitspolitiker merken auch weiterhin nichts von dem Zusammenhang zwischen Arzneipreise und Versorgungssicherheit. Auf Teil 4 freue ich mich ganz besonders. Da rechnet uns die DAZ vor, wie wir ein Warenlager mit der Vorgabe (Lagerwert = Jahres-Wareneinsatz) finanzieren können. Pharmaindustrie und Großhandel können auf diese Weise ihre Vorratshaltung aufgeben. Ich nehme an, die Gegenfinanzierung in der Apotheke erfolgt durch Abschmelzung der größten Position in der Apothekenbilanz, den Personalkosten. Das geht vermutlich ganz automatisch, denn der Arbeitsmarkt liefert uns ja schon lange nicht mehr genug Stellensuchende. Im Teil 5 erfahren wir dann, dass es auch für dieses Problem schon eine Lösung gibt: Apothekenschließungen - vor allem auf dem Land. Die Versorgungssicherheit übernimmt nämlich in Zukunft ein automatisches Hochregallager vom AMAZON und ein kostenloser Drohnenversand. Aber das wird wahrscheinlich eine neue Serie in der Pharmazeutischen Fachpresse.

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von Conny am 21.08.2018 um 16:30 Uhr

Wir haben auch genug da und stehen nicht in der daz. Dafür stehen bei uns die Kunden. Der gleiche Artikel stand schon vor Tagen in Apotheken Adhoc. Wer es nötig hat.

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von Birgit Möllenkamp am 21.08.2018 um 19:49 Uhr

Wir haben auch nahezu einen Ibuprofen-Berg abzubauen, aber mir san halt koi sparsams Schwäble, dass Päckle für Päckle normal übers Großhändle shoppe tut!
Aber Spaß beiseite, zur Zeit kann man schon zufrieden sein, wenn man ohnehin solche Massenprodukte immer in größeren Mengen direkt geordert hat, da muss man die Logistik nicht erst im Notfall aufbauen. Gleiches gilt auch für Valsartan.

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