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Die ABDA scheint ihr großes Schweigen zu beenden: Schmidt beschwert sich…. Außerdem: Eine junge coole ABDA-Kampagne hat Aufwind. Und Stationsapotheker stehen schon bald vor den Krankenhaustüren. Dann gibt’s da noch ein bisschen Bewegung beim Thema Liefer- und Versorgungsengpässe. Und eine Super-Aktion zum Medikationsplan – aber anders als gedacht. Schließlich: Wenn wir als Apothekers wissen wollen, ob unsere Arbeit bald ein Roboter macht – fragen wir den Job-Futuromat.
30. April 2018
Eigentlich hatte die Mitgliederversammlung des Deutschen Apothekerverbands (DAV) die Kündigung der Hilfstaxe bereits 2012 beschlossen. Passiert ist seitdem – nichts. Die Preise für Rezeptursubstanzen sind zwar hoffnungslos veraltet, aber was soll’s. Hätte Ende Januar nicht ein Schiedsspruch zur Anlage 3 der Hilfstaxe (hier geht es um Preise für parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie) Bewegung in dieses Thema gebracht, würde die Hilfstaxe wohl immer noch ruhen. Aber jetzt muss endlich etwas geschehen. Was den Schiedsspruch betrifft, so hat der Deutsche Apothekerverband bereits dagegen geklagt. Und was die Hilfstaxe generell anbelangt, so gibt es mittlerweile die Forderung des Hamburger Apothekervereins, die Vereinbarung komplett zu kündigen, und der Hessische Apothekerverband möchte alle Anlagen der Hilfstaxe außer Anlage 3 kündigen. Wie’s nun weitergehen soll, war Thema der letzten DAV-Mitgliederversammlung. Also, von einer Kündigung rückt man ab, statt dessen sollen Gespräche „über alle Anlagen“ aufgenommen werden. Mein liebes Tagebuch, man sucht also erst mal das Gespräch mit dem Krankenkassenverband. Und damit sich das nicht hinzieht und wieder nichts passiert, will man Fristen setzen für Beginn und Ende der Verhandlungen. Das soll Druck erzeugen. Erst wenn der Zeitplan nicht eingehalten würde, soll die Kündigung erfolgen. Na denn, viel Spaß bei den Verhandlungen. Man wird sehen, ob diese Strategie zielführend ist. Vielleicht stellt sich dann heraus, dass eine sofortige Kündigung doch besser gewesen wäre…
Ein neuer Vorstoß, um Liefer- und Versorgungsengpässe transparenter zu machen: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das Paul-Ehrlich-Institut wollen ein gemeinsames Online-Portal schaffen, das über gemeldete Liefer- und Versorgungsengpässe informiert. Bisher haben beide Institute ihre Informationen getrennt auf eigenen Portalen veröffentlicht. Mein liebes Tagebuch, ein gemeinsames Portal ist sicher ein richtiger Schritt. Aber die Auflistung der Engpässe hängt natürlich nach wie vor davon ab, wie rasch und umfassend die Hersteller melden. Aus solchen Aktivitäten kann man allerdings auch entnehmen, dass wir weiterhin mit Liefer- und Versorgungsengpässen kämpfen müssen – vielleicht kommt’s sogar noch schlimmer: Denn der Brexit könnte die Situationen zum Teil verschärfen. Außerdem erwartet man Engpässe durch die Umsetzung der Fälschungsrichtlinie (Stichwort Securpharm) ab 9. Februar 2019. Man geht schon heute davon aus, dass es vor allem kleinere Hersteller nicht schaffen werden, ihre Präparatepackungen nach der neuen Richtlinie zu kennzeichnen (z. B. Aufdruck einer individuellen Seriennummer und Vorkehrungen, die die Unversehrtheit der Packungen erkennen lassen). Mein liebes Tagebuch, das wird nicht lustig. Nachzuvollziehen sind die Versäumnisse der Hersteller kaum, denn der Stichtag 9. Februar 2019 ist seit Jahren bekannt.
1. Mai 2018
Könnte ein Roboter unseren Job als Apotheker erledigen? Mein liebes Tagebuch, zum „Tag der Arbeit“ wurde ich auf eine Internetseite der Bundesagentur für Arbeit aufmerksam. Sie nennt sich Job-Futuromat. Gibt man auf der Startseite seinen Beruf ein, kann man herausfinden, welche Tätigkeiten heute schon ein Roboter in dem jeweiligen Job erledigen könnte. Das machte mich neugierig. Ich habe mal Apotheker eingegeben – das Ergebnis des Job-Futuromats: „Die Automatisierbarkeit in diesem Beruf ist niedrig, da weniger als 30% der Tätigkeiten durch Roboter erledigt werden könnten“, heißt es auf der Ergebnisseite. Von den 12 verschiedenen Tätigkeiten, die man laut dieser Internetseite so als Apotheker macht, könnten 3 und somit 25% schon heute Roboter übernehmen, sagt mir der Job-Futuromat. Na mein liebes Tagebuch, da sind wir ja gerade noch mal gut weggekommen, so leicht können wir also nicht durch Roboter ersetzt werden trotz aller Künstlichen Intelligenz und Augmented Reality und und und. Anders sieht es schon aus, wenn ich als Beruf „Krankenhausapotheker“ eingebe. Hier lautet das Ergebnis, dass die Automatisierbarkeit in diesem Beruf „mittel“ ist: Der Job-Futuromat geht davon aus, dass zwischen 30 und 70% der Tätigkeiten eines Krankenhausapothekers automatisierbar sind. Mein liebes Tagebuch, insgesamt ein nettes Spielzeug, dieser Futuromat, bei dem man sein eigenes Tätigkeitsprofil sogar noch durch Einstellung mittels Schiebereglern anpassen kann und so noch genauer erfährt, wie leicht oder schwer man ersetzbar ist durch den Kollegen Robot. Die Bundesagentur für Arbeit gibt einem darüber hinaus auf diesen Seiten noch weitere Informationen, beispielsweise zur zukünftigen Entwicklung des Jobs, zur Entwicklung der Beschäftigtenzahlen und der mittleren Monatsgehälter. Eine nette Spielerei mit ernstem Hintergrund. Immerhin geht auch die Bundesagentur davon aus, dass apothekerliche Tätigkeiten auch in Zukunft einen Menschen erfordern. Übrigens, ich hab dann mal als Beruf „Bäcker“ eingeben – Ergebnis: „Die Automatisierbarkeit in diesem Beruf ist hoch…“
2. Mai 2018
„Schmidt beschwert sich…“ mein liebes Tagebuch, allein schon diese drei Wörter lassen einen doch richtig aufatmen und beschwingt in den Mai gehen. Er beschwert sich, unser Präsident, will heißen, er äußert sich endlich wieder. Hat er gar sein großes Schweigen beendet? Wir werden sehen. Und worüber hat er sich beschwert? Schmidt legt sich mit dem ARD-Mittagsmagazin an. Das hatte zwei Beiträge zum Thema Arzneimittel-Versandhandel gesendet, die in der Tat fehlerhaft, gefärbt, tendenziös sind und sich dazu noch dem Verdacht aussetzen, Schleichwerbung für DocMorris zu machen. Na, das geht sogar unserem ABDA-Präsidenten zu weit und er hat der ARD einen Brief geschrieben: Die Berichterstattung habe, so Schmidt, in der Apothekerschaft „Befremden ausgelöst“, da im Hinblick auf eine ausgewogene Berichterstattung wichtige Fakten unerwähnt geblieben seien. Der ABDA-Präsident geht dann auf einige Passagen des Beitrags ein. Außerdem beschwert er sich über die Aussage des Magazins, dass das gesamte Gesundheitswesen profitieren könnte, wenn alle Apotheker Rx-Boni gewähren dürften. Recht hat er. Denn: „ Boni beeinflussen die Ausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung nicht“, schreibt er weiter, sie gehen an den einzelnen Patienten… Außerdem, so heißt es in Schmidts Brief weiter, werde der Versandhandel in dem Beitrag zu empathisch dargestellt und der besondere Convenience-Faktor betont, der doch gar nicht gegeben ist. Mein liebes Tagebuch, schön, dass sich der Präsident mal wieder an die Öffentlichkeit traut, dass die ABDA ihre Stimme wiedergefunden hat und so eine Beschwerde aus dem Lindencorso rausgeht. Vielleicht besteht ja die Chance, dass sie in Zukunft wieder häufiger und energischer auf Angriffe auf die Apotheker reagiert.
„Einfach unverzichtbar“ – unter diesem Motto steht die neue ABDA-Kampagne, die die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheke für die Gesellschaft herausstellen soll. Es ist eine Kampagne, die endlich mal frischer, jünger daherkommt, mein liebes Tagebuch – und das wurde auch mal Zeit. Anzeigen laufen dieses Mal auch über Social Media-Kanäle und Smartphone-Apps, zusätzlich zu den klassischen Werbekanälen wie Zeitschriftenanzeigen und Plakaten. Die Kampagne scheint auch bei den Apotheken wesentlich besser anzukommen als die früheren drögen Apotheker-sind-Tränentrockner-Plakate. Knapp 6000 Apotheken haben bereits Plakate für ihre Schaufenster bestellt. Bis zum Tag der Apotheke am 7. Juni soll die Kampagne laufen. Was, gibt’s denn den Tag der Apotheke noch? Ja, den gibt’s noch. Wenngleich in früheren Jahren von diesem Tag bisweilen kaum etwas in den Medien zu hören oder zu sehen war. Vielleicht nutzt die ABDA in diesem Jahr ihre Chance mal richtig…
3. Mai 2018
In einem Rechtsstreit der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) gegen die Siemens Betriebskrankenkassen (SBK) hatte das Landgericht München zugunsten der klagenden AKNR entschieden: Die Krankenkasse hatte ihrer Mitgliederzeitschrift Werbeflyer von DocMorris beigelegt, in denen der Arzneimittelversender mit einem 10-Euro-Gutschein warb, den man erhält, wenn man seine Rezepte bei ihm einlöst. Diese Werbung sei, so das Landgericht ein Verstoß gegen das Verbot von Werbegaben, auch nach dem EuGH-Urteil von 2016. Die SBK als Körperschaft des öffentlichen Rechts hätte den Verstoß erkennen müssen. Pustekuchen, sagt nun die nächste Instanz, das Oberlandesgericht München und urteilt, dass zwar die Verbotsvorschrift des § 7 Heilmittelwerbegesetzes greift, aber dass hier eine Beurteilung nach der Ausnahmeregelung für Zuwendungen, die in Form eines bestimmten Geldbetrages gewährt werden, erfolgen müsste. Die Werbung wäre demnach nur dann unzulässig, wenn sie entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes erfolgt. Und da fällt den Apothekern wieder das EuGH-Urteil auf die Füße: Die Anwendung des deutschen Arzneimittelpreisrechts gegenüber einer niederländischen Versandapotheke ist nämlich nicht mit dem europäischen Recht vereinbar. Außerdem könne sich die SBK auf das sogenannte Presseprivileg berufen, wonach der Herausgeber eines Presseerzeugnisses nur dann für die Veröffentlichung gesetzeswidriger Werbeanzeigen Dritter haftet, wenn er seine Pflicht verletzt hat, zu prüfen, ob die Anzeige grobe und eindeutige, unschwer erkennbare Wettbewerbsverstöße enthalte. Enthielt sie aber nicht, also durfte der DocMorris-Flyer der Krankenkassen-Zeitschrift beigelegt werden. Mein liebes Tagebuch, unabhängig davon, ob das nun rechtens ist oder nicht – ein schöner Zug von der SBK war das nicht und er fördert ganz gewiss nicht das partnerschaftliche Miteinander zwischen SBK und deutschen Vor-Ort-Apotheken.
4. Mai 2018
Stationsapotheker ante portas! Nun, mein liebes Tagebuch, es tut sich was in Sachen Stationsapotheker, aber ganz so schnell geht’s dann auch wieder nicht. Ausgehend vom niedersächsischen Vorhaben, Apotheker auf allen Stationen der Krankenhäuser einzuführen, hat auch die Bundesapothekerkammer die Signale verstanden und sieht, dass dies eine bundesweite Bewegung werden könnte. Die Vorsitzenden der Gesundheitsbehörden aus den Bundesländern haben nämlich einen Antrag zur Verbesserung der Patientensicherheit beschlossen und u. a. gefordert, die Einführung von Stationsapothekern in ganz Deutschland zu prüfen. Der Beschluss geht nun in die Gesundheitsministerkonferenz, die das Vorhaben dann wohl an das Bundesgesundheitsministerium weiterleiten wird. Die Bundesapothekerkammer wittert – nicht zu unrecht – Morgenluft im Krankenhaus und hat sich bereits für eine Weiterbildung für den Bereich „Apotheker auf Station“ ausgesprochen. Die Weiterbildungsinhalte werden in den nächsten Monaten diskutiert, es wird eine Fachkommission gebildet, die die Inhalte erarbeitet, und wenn alles steht, dann der Mitgliederversammlung zum Beschluss vorgelegt. Dann können dies die Kammern in ihre Weiterbildungsordnungen integrieren. Wenn alles gut läuft, könnte es dann schon im nächsten (oder übernächsten) Jahr eine Weiterbildung „Apotheker auf Station“ geben. Und, mein liebes Tagebuch, woher sollen die Apothekerinnen und Apotheker kommen, die dann als Stationsapothekerinnen und -apotheker arbeiten? Gemach, so schnell wird das alles nicht laufen. Ein mögliches Szenario könnte sein: Erst wird wohl Niedersachsen sein Apotheker-auf-Station-Gesetz beschließen, dann könnte es ein Gesetz auf Bundesebene geben. Schließlich müssen die Krankenhäuser die Stellen für die Stationsapotheker schaffen. Und bis das alles soweit ist, haben wir schon einige weitergebildete Apothekerinnen und Apotheker für die Krankenhausstation in Warteposition. Da die Zahl der öffentlichen Apotheken und damit die Arbeitsplätze für Offizinapotheker abnehmen, können die Arbeitsplätze in den Kliniken nach und nach besetzt werden. Vielleicht werden in Zukunft dann noch einige Apothekerinnen und Apotheker anstatt in die Industrie lieber ins Krankenhaus gehen. Es wird schon werden – auf alle Fälle: Die Perspektive, dass Apothekerinnen und Apotheker auf Station arbeiten werden, ist mit Sicherheit eine gute.
Ja, ja, die Diskussion übers Honorargutachten verstummt nicht – auch wenn die ABDA zu diesem Thema stumm bleibt. Fachkreise befassen sich durchaus noch mit dem Gutachten der 2hm-Agentur. So hat der Branchendienst „Observer Gesundheit“ beispielsweise eine von Robert Paquet verfasste Darstellung zum Honorargutachten veröffentlicht, die weitgehend einen positiven Tenor zeigt. Das fordert Frank Diener von der Treuhand Hannover zu einer Replik heraus. Diener zeigt vielfältige ökonomische Mängel des Gutachtens auf, die zum Teil schon aus Analysen bei DAZ.online und in der DAZ bekannt sind. Darüber hinaus führt er zusätzliche Aspekte und zugespitzte Gedanken zum Gutachten an. Alles in allem: Auch Diener ist der Auffassung, dass das Gutachten auf einer stark mangelbehafteten Datengrundlage arbeitet und einen inadäquaten methodischen Ansatz verwendet. Mein liebes Tagebuch, das kann man nicht oft genug sagen!
Eine Super-Aktion zum Medikationsplan läuft da gerade in Stuttgart zum Medikationsplan an – und der Publikumsmagnet Dr. Eckart von Hirschhausen hat sogar die Schirmherrschaft übernommen und unterstützt diese Idee: Das Projekt „MeinPlan Stuttgart“ möchte Ärzte, Apotheker und Patienten für den Medikationsplan sensibilisieren. Als Partner sind beteiligt das Aktionsbündnis Sichere Arzneimittelanwendung Heidelberg, die Stuttgarter Ärzteschaft, die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, der Verband der Krankenhäuser, die AOK und das Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie. Das Projekt kommt also mit großer Kompetenz daher. Hirschhausen in seinem Statement: „Der Medikationsplan ist eine längst überfällige Idee.“ Aber, mein liebes Tagebuch, jetzt kommt’s! Der Clou bei diesem Projekt: Es propagiert nicht den offiziellen Medikationsplan der Bundesregierung, den es nur auf Papier gibt, der ohne initiale Beteiligung der Apotheker daherkommt und der bekanntlich ein Rohrkrepierer ist, sondern einen eigenen Plan, den der Patient selbst ausfüllt und den der Apotheker und/oder der Arzt ergänzt und aktualisiert. Und alles auch gerne elektronisch im Netz als E-Plan. Sogar eine türkische und eine russische Vorlage ist abrufbar. Mein liebes Tagebuch, so ist es im Leben: Eine prinzipiell gute Idee lässt sich nicht von falschen Anfängen aufhalten. In der Apotheke würde ich diesen Plan meinen Patienten gerne aktiv anbieten…
3 Kommentare
Lasst uns die ABDA doch endlich umbenennen…
von Gunnar Müller, Detmold am 06.05.2018 um 11:13 Uhr
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Roboter
von Anita Peter am 06.05.2018 um 10:34 Uhr
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Futuromat
von Bernd Jas am 06.05.2018 um 9:37 Uhr
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