Interpharm 2018

Nahrungsergänzungsmittel in der Apotheke – zwischen Evidenz und Eminenz

Berlin - 19.03.2018, 13:20 Uhr

Auf der Interpharm führte  Dr. Markus Ziegelmeier durch den Dschungel der Empfehlungen für Nahrungsergänzungsmittel.(Foto: Schelbert / DAZ.online)

Auf der Interpharm führte Dr. Markus Ziegelmeier durch den Dschungel der Empfehlungen für Nahrungsergänzungsmittel.(Foto: Schelbert / DAZ.online)


Gesunde brauchen normalerweise keine Supplemente

Mit Ausnahme von Calcium, das die Mortalität verringerte, zeigte keines der verschiedenen eingenommenen Mikronährstoff-Präparate einen lebensverlängernden Effekt. Auch bei dem viel diskutieren Vitamin D war kein Benefit bezüglich der Mortalität zu erkennen. Diese Aussage ließe sich jedoch nicht unbedingt auf Deutschland übertragen, kommentierte Ziegelmeier. Denn in Iowa ist die UVB-Strahlung, die für die Vitamin D-Synthese in der Haut benötigt wird, übers Jahr höher als in der Bundesrepublik. Und das positive Ergebnis für Calcium aus der Iowa-Studie gälte im Übrigen nur für Frauen. Denn andere Daten wiesen wiederum darauf hin, dass bei Männern eine unkritische Calcium-Supplementation die Lebenserwartung verringern könne, weil vermehrt kardiovaskuläre Ereignisse auftraten.

Fazit: Wenn die Ernährung stimmt, brauchen gesunde Menschen im Grunde genommen keine Nahrungsergänzungsmittel. Und laut der Nationalen Verzehrstudie II gibt es in der deutschen Bevölkerung auch praktisch keinen Vitaminmangel. Allerdings ist für einige Mikronährstoffe eine Unterversorgung zu verzeichnen, deren subklinische Auswirkungen auf lange Sicht unklar sind.

Mikronährstoffe gegen die Folgen geriatrischer Polymedikation

Bei konkreten Patientengruppen, erklärte Ziegler, sei die Indikationsstellung zur Supplementation allerdings klarer. Beispielsweise nähmen älterer Patienten viele Medikamente ein, die als Nebenwirkung bestimmte Mikronährstoffdefizite verursachen. Protonenpumpeninhibitoren führen zu einer unzureichenden B12- und Calciumresorption. Schleifendiuretika schwemmen Calcium, Magnesium und Thiamin aus. Hier sei eine Supplementation angezeigt.

In der Onkologie bestünden ebenfalls Nährstoffdefizite. Insbesondere bei Kachexie träte hier, träte häufig ein Thiamin-Mangel auf. Hier empfahl Ziegelmeier, mit einem Vitamin-B-Komplex zu substituieren. Zur Selengabe sei die Datenlage für Krebspatienten allerdings widersprüchlich. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft könne Ziegelmeier eine unkritische Seleneinnahme daher nicht empfehlen.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Stimmt‘s denn?

von Reinhild Berger am 19.03.2018 um 19:56 Uhr

„Wenn die Ernährung stimmt...“
Bei wem stimmt schon die Ernährung? Ich kenne keinen Menschen, der fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag verzehrt.

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