Projekt an Uni-Klinik Heidelberg

Fehlerfreie Rezepte verbessern die Patientensicherheit

Heidelberg / Stuttgart - 07.07.2017, 16:00 Uhr

Schnellere und sicherere Patientenversorgung durch korrekte Rezepte vom Arzt – das fand das Universitätsklinikum Heidelberg. (Foto: Peter Atkins / stock.adobe.com)

Schnellere und sicherere Patientenversorgung durch korrekte Rezepte vom Arzt – das fand das Universitätsklinikum Heidelberg. (Foto: Peter Atkins / stock.adobe.com)


Wie lassen sich ärztliche Rücksprachen vermeiden?

Was fördert nun die Qualität der Rezepte und die Sicherheit? „Wenn man mehr miteinander spricht, wirkt sich das positiv auf die zügige Patientenversorgung aus“, hat Seidling die Erfahrung gemacht. Und sprechen sollte man, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist und das ärztliche Rezept – unleserlich, unvollständig oder missverständlich – mit dem Patienten die Klinik verlässt. „Die Besonderheit an unserem Projekt zur Patientensicherheit war, dass es wirklich als Schnittstellenprojekt ausgelegt war“, sagt die Apothekerin. Und das Projektteam hatte tatsächlich viele Beteiligte und Akteure, nicht nur im Krankenhaus mit Ärzten, der Pflege, der Klinikapotheke und der EDV-Abteilung. Auch die Landesapothekerkammer und der Landesapothekerverband unterstützen das Projekt und bis zu 20 öffentliche Apotheken waren in die Datenerhebung eingebunden, indem sie im Abstand von etwa jeweils zwei Jahren über einen Zeitraum von einem Monat alle Rezepte des Universitätsklinikums sammelten und sie den Krankenhausapothekern anonymisiert zur Fehlerprüfung überließen.

Dass Rezepte am Ende korrekt ausgestellt sind – formell und fachlich – dafür bedarf es nicht nur des Know-hows über Verschreibungsverordnung und Abrechnungsmodalitäten. Auch die technischen Voraussetzungen mit einfachen Dingen wie Druckern wollen geschaffen sein. Faller hat die Erfahrung gemacht, dass für einen erfolgreichen Start und ein nachhaltiges Gelingen eines solchen interdisziplinären Projekts, die kontinuierliche Betreuung der Beteiligten wichtig ist. Schnell schleicht sich der Frust ein, wenn vielleicht die Software nicht ganz so will, wie sie soll. Darauf waren die Apothekerinnen vorbereitet. „Für diese Fälle haben wir eine extra Hotline eingerichtet“. Bei Fragen und Unklarheiten landen die Ambulanzen direkt bei den Apothekern in der zentralen Koordinationsstelle in der Klinischen Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie.

Apotheker schulen, zeigen Präsenz und schalten Hotline frei

Doch die Apotheker waren vor allem auch direkt in den Ambulanzen präsent. „Wir haben vor Ort geschaut: Was brauchen die einzelnen Ambulanzen, um beispielsweise eine elektronische Rezeptschreibung überhaupt umzusetzen? Hat jeder einen Drucker, ist dies dann auch der richtige?“ Die elektronische Verordnung – das war eines der Projektziele: 80 Prozent der Verordnungen sollten künftig per PC ausgestellt sein. Manche Verordnungsfehler können so bereits im Voraus vermieden werden: So erkennt das System beispielsweise die gemeinsame Verordnung von Arzneimittel und Hilfsmittel – und druckt automatisch zwei Rezepte.

Die Apotheker des Klinikums leisteten auch die Schulungen zur korrekten Rezeptausstellung. Hauptsächlich in der Verantwortung hierfür sah sich Christine Faller. Drei bis fünf Unterweisungen fanden in der Regel statt. Für ein fundiertes Wissen und einen sicheren Umgang mit dem neuen Verordnungssystem hätte ein Termin nicht gereicht, sagt Faller. Die schulenden Apotheker waren hier sowohl in der Frühbesprechung als auch bei der Übergabe aktiv mit dabei. In Kleingruppen wurde anschließend jede Ambulanz zusätzlich hinsichtlich individueller Schwerpunkte unterwiesen. Ergaben die Prozess-Analysen zum Beispiel eine hohe Relevanz für BtM-Rezepte, fokussierten die Apotheker ihre Schulung entsprechend hierauf. „Neben dem standardisierten Infoblock, individualisierten wir je nach Fachbereich: Eine Ambulanz verordnet vielleicht mehr Hilfsmittel, die nächste Rezepturen und die dritte mehr Betäubungsmittel“. Die Apotheker erstellten hierfür extra Schulungsmaterial und Handouts für die Teilnehmer sowie Kurzanleitungen für die Nutzung der elektronischen Verordnungs-Software.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Fehler abstellen

von Karl Friedrich Müller am 08.07.2017 um 16:56 Uhr

Das Problem ist, dass man uns nicht zu hört und Fehler abstellt.
So wird in Praxen, weniger an Kliniken, für ein und den selben Patienten jedes Mal ! der gleiche Fehler gemacht, so dass man dann auch jedes Mal anrufen und hinrennen muss. Das zermürbt und ist unverständlich.
Würden Fehler zur Kenntnis genommen und geändert, gäbe es auf beiden Seiten sehr viel weniger Arbeit, die vermeidbar wäre. Die Zeit könnte erheblich besser genutzt werden.
Ein Traum.
Ach ja: Angebote für Erklärung oder Schulung will man schon gar nicht hören, trotz sonst guter Zusammenarbeit.
Vermutlich Sorge vor Regressen. Die Praxen haben auch unter erheblichem Druck zu leiden

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