Weniger formale Fehler

Ministudie spricht für elektronisch ausgestellte Rezepte

Düsseldorf - 17.01.2016, 08:00 Uhr

Vom Computer ausgestellte Rezepte führen in Apotheken seltener zur Rückfragen als handschriftlich ausgestellte. (Foto: pixelfokus/Fotolia)

Vom Computer ausgestellte Rezepte führen in Apotheken seltener zur Rückfragen als handschriftlich ausgestellte. (Foto: pixelfokus/Fotolia)


Eine kleine Studie an der Uniklinik Heidelberg konnte zeigen, dass sich in elektronisch ausgestellten Rezepten weniger formale Fehler finden als in handschriftlichen. Das könnte Zeit und Ärger sparen, meinen die Forscher.

Die schlechte Nachricht: Ganz ohne Fehler geht es auch bei der Verwendung elektronisch ausgestellter Rezepte nicht – aber es werden wohl weniger. Forscher des Universitätsklinikums Heidelberg haben jetzt im Fachblatt „Deutsche medizinische Wochenschrift“ eine Ministudie veröffentlicht, nach der sich die Zahl der formalen Fehler bei der Verwendung elektronisch ausgestellter Rezepte in Kombination mit einer Schulung der Mitarbeiter im Vergleich zum Zustand vor der Schulung erheblich reduziert.

Im Ergebnis kommt das Team um Hanna Seidling, Leiterin der Kooperationseinheit Klinische Pharmazie an der Uniklinik Heidelberg, auf 12,9 Prozent mehr formal richtig ausgestellte Rezepte, wenn ein elektronisches Verordnungssystem verwendet wird und die Mitarbeiter geschult werden. Waren zuvor 52,9 Prozent, also etwas mehr als die Hälfte der Rezepte korrekt, verbesserte sich der Anteil anschließend auf 65,8 Prozent. Damit wies nur noch rund jede dritte Verordnung Mängel auf.

Acht Wochen, 20 Apotheken

Die Studie lief über insgesamt acht Wochen in den Ambulanzen des Universitätsklinikums. Die Mitarbeiter erhielten eine Kurzschulung über korrektes Ausstellen von Rezepten sowie darüber, wie eine Rezeptsoftware zu bedienen ist. In 20 umliegenden Apotheken wurden vier Wochen vor der Schulung und vier Wochen im Anschluss die Daten der Rezepte anonym erhoben, dokumentiert und ausgewertet.

Bevor die Forscher die Kurzschulung anboten, lag nach ihren Daten der Anteil elektronisch ausgestellter Rezepte bei 34,9 Prozent, anschließend erhöhte sich der Anteil auf 46,9 Prozent. Insgesamt werteten die Forscher zunächst 976 und nach der Schulung 1084 Rezepte aus. Dabei sei nach Angaben der Wissenschaftler durchgängig die formale Qualität der elektronisch ausgestellten Rezepte höher gewesen als die der handschriftlichen. Vor allem die Zahl der Rückfragen zu Rezepten durch die Apotheken bei den Ambulanzen sei zurückgegangen, von 22,95 Prozent auf nach der Schulung 8,58 Prozent.

Weniger Rückfragen, mehr Patientensicherheit

Die Forscher kommen so zu dem Schluss, dass elektronische Verordnungen kombiniert mit Kurzschulungen vor allem viel Zeit für Rückfragen sparen könnten, im Schnitt drei Minuten pro Rückfrage – und dass die Sicherheit für die Patienten sich mit dieser Kombination erhöhen lasse.

Ganz ohne formale Fehler, die von Apothekern unter anderem auch deswegen gefürchtet werden, weil sie manchen Krankenkassen Anlass zu Nullretaxationen bieten, geht es aber auch bei elektronischen Rezepten bislang nicht. Eine amerikanische Studie der Forscher um Karen Nanji vom Massachusetts General Hospital in Boston kam noch 2011 zu dem Schluss, dass rund jedes zehnte elektronische Rezept einen Fehler aufwies. Hauptfehlerquelle war in der Regel der Mensch: Die meisten Fehler bestanden darin, dass Informationen fehlten, etwa zur Dosierung der Arzneimittel oder die Dauer der Einnahme.

Bedenken gegen E-Rezept auf Gesundheitskarte

Die Akzeptanz zukünftig geplanter elektronischer Rezepte unter den Patienten ist ebenfalls nicht gefestigt. So kommt etwa eine Studie des Marktforschungsinstituts TNS Emnid aus dem Jahr 2015 auf das Ergebnis, dass nur rund jeder dritte sein Rezept auf der elektronischen Gesundheitskarte hinterlegt haben wollte. Eine Studie im Auftrag der Techniker Krankenkasse kam ebenfalls 2015 zu dem Schluss, dass rund jeder zweite Patient der TK online mit dem Arzt in Kontakt treten möchte und 82 Prozent von diesen auch digital Rezepte erhalten wollen würden. Bislang werden Rezepte aber in Papierform ausgestellt. Auch elektronisch erstellte werden ausgedruckt und auf Papier in den Apotheken eingereicht.

Seitens der Apotheker gibt es zahlreiche Befürchtungen, dass künftig digitale elektronische Rezepte den Versandapotheken größeren Zulauf bringen könnten. In der Ärzteschaft wird dagegen über einen möglichen höheren Zeitaufwand bei der elektronischen Signatur der E-Rezepte diskutiert.


Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Meinungsmache über headlines

von Friedemann Ahlmeyer am 15.01.2016 um 18:48 Uhr

Soso, nach Schulung steigt der Anteil von formal richtig ausgestellten E-Rezepten in Kliniken an. Mehr als jedes 3. Rezept ist aber trotz Schulung unsd Software- Unterstützung immer noch fehlerhaft ausgestellt- eine inakzeptable Fehlerquote.
Bei handschriftlich ausgestellten Rezepten hat der Verschreiber keine Taxe zur Hand. Mangels Informationen z.B. über den Vertriebsstatus, Normgrößen, Präparatenamen etc. finden sich hier naturgemäß mehr Fehler als bei softwaregestützt ausgestellten Rezepten. Von der Lesbarkeit der handgeschriebenen Rezepte mal ganz abgesehen.
Angesichts der angegeben Daten einen Vorteil für das E-Rezept herauszulesen und in der Überschrift darzustellen, halte ich für eine unlautere Arbeitsweise, da wahrscheinlich die fehlervermindernden Faktoren die Schulung und die Softwareunterstützung ausmachen. Papierrezepte aus der Taxe ausgedruckt und nach Schulung der Aussteller werden wahrscheinlich die gleiche Fehlerquote aufweisen wie E-Rezepte.
Unter diesen Umständen halte ich die Überschrift für plumpe Meinungsmache - sachlicher Journalismus sieht wirklich anders aus.

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E-Rezepte

von Heiko Barz am 15.01.2016 um 18:04 Uhr

Tempora mutantur, et nos mutamur in illis.
In der letzten Dekade aber hat sich unsere pharmazeutische Arbeitswelt dermaßen schnell gewandelt, dass es immer schwerer fällt, die sich ständig ändernden Vorgaben und Gesetze zu erfüllen. Aber klare Verhältnisse zu schaffen, die es ermöglichen, ein Rezept beanstandungsfrei zu beliefern, das wird wohl auch gar nicht angestrebt, wem sollen denn dann die KKassen so erfolgreich in die Taschen greifen können, wie derzeit den Apothekern.
Wenn auch bei angestrebter höchster Elektronik ( E-Rezept ) sich prozentuale Fehler einschleichen, wie oben beschrieben, wem will man dann erfolgreich Regresse aufladen? Etwa den verschreibenden Ärzten? Die aber werden die Softwarehäuser schnell zur Verantwortung ziehen.
Dagegen machen sich derzeit unsere Softwareunternemen zu vielen Problemen einen schlanken Fuß und entziehen sich jeder Verpflichtung. Dazu sollte man die AGBs studieren!

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