Lagerung für Reaktorunglücke

Wer bezahlt die Jodtabletten?

Düsseldorf - 11.10.2016, 09:30 Uhr

Im Umkreis der acht noch im Betrieb befindlichen AKW sind Tabletten vorhanden. (Foto: Christian Schwier / Fotolia)

Im Umkreis der acht noch im Betrieb befindlichen AKW sind Tabletten vorhanden. (Foto: Christian Schwier / Fotolia)


Novellierung des Strahlenschutzgesetzes soll Kostenfrage klären

Bislang aber verfüge der Bund mangels Aufgabenzuständigkeit nicht über eine Finanzierungskompetenz, sagt die Sprecherin. Denn die Jodblockade als Katastrophenschutzmaßnahme läge in der Verantwortung der Länder. „Daher sind die Länder gebeten worden, die Versorgung der Bevölkerung mit Iodtabletten für die erweiterten Planungsgebiete zu überprüfen und, falls Versorgungsdefizite gesehen werden, die jetzt erforderlichen Jodtabletten zu beschaffen“, sagt die Sprecherin. Mit der Umsetzung seien die Länder noch beschäftigt. Thüringen etwa hat gerade erst einen Mehrbedarf von 3,3 Millionen Tabletten für rund 550.000 Thüringer angemeldet, die in den entsprechenden Grenzgebieten zum AKW Grohnde in Niedersachsen wohnen. Nach Ansicht der Thüringer Landesregierung aber müsste der Bund für diese Tabletten aufkommen – was beim Treffen der Innenminister im November wohl entsprechend formuliert werden wird.

Klarheit bei der Kostenfrage soll eine geplante Novellierung des Strahlenschutzgesetzes geben, erklärt die Sprecherin des Bundesumweltministeriums. Darin nämlich solle eine künftige Beschaffung oder Ersatzbeschaffung der Jodtabletten als Bundesaufgabe verankert werden. Allein – es gibt noch keinen Termin dafür, wann diese Novellierung auf den Weg gebracht werden soll.

52 Millionen Tabletten sind noch in den zentralen Lagern

Bis dahin stünden seitens des Bundes aber weiterhin die Jodtabletten aus den zentralen Lagern für die „Verteilung im Ereignisfall“ zur Verfügung. Nachdem NRW einige der eingelagerten Kontingente übernommen habe, stünden in den acht Lagern insgesamt noch rund 52 Millionen Jodtabletten bereit, so die Sprecherin. Und wer selber vorsorgen möchte, erhält die Kaliumjodidtabletten „Lannacher“ als 65 Milligramm-Tabletten rezeptfrei in seiner Apotheke.

Jodblockade

Im Falle eines Reaktorunglücks werden in der Regel radioaktive Isotope des Elements Jod freigesetzt. Um zu verhindern, dass diese in der Schilddrüse eingelagert werden und so mittelfristig zur Entstehung von Krebs oder anderen Strahlenschäden führen können, werden im Katastrophenfall an die Bevölkerung Kaliumjodidtabletten mit einer hohen Dosierung von 65 Milligramm (Typ „Lannacher“) ausgegeben.

Nach den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission erhalten je nach Entfernung zum Unglücksort insbesondere Schwangere sowie Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren die Tabletten, beziehungsweise Erwachsene bis 45 Jahren. Die hohe Joddosis „blockiert“ die Aufnahme radioaktiven Jods in der Schilddrüse durch die Sättigung. Die Tabletten sollen damit insbesondere Spätfolgen minimieren, sind aber natürlich kein unmittelbarer Schutz vor der Strahlung. Vergleichsdaten nach dem Tschernobyl-Unglück aus Regionen, in denen eine Jodblockade durchgeführt wurde, belegen die Wirksamkeit bei der Vermeidung von Spätfolgen wie Schilddrüsenkrebs.

Die Tabletten müssen allerdings genau nach Vorschrift eingenommen werden, da es auch unerwünschte schädliche Wirkungen der Einnahme geben kann.

Ausgegeben werden sie im Katastrophenfall durch die entsprechenden Behörden, in manchen Bundesländern im unmittelbaren Umkreis um Atomkraftwerke auch vorsorglich. Rezeptfrei sind entsprechende Tabletten auch in der Apotheke erhältlich.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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