Ärzte wehren sich gegen Anfeindungen

„Herr Munte - diese Honorarzahlung ist eindeutig Schweigegeld“

München - 24.07.2009, 12:54 Uhr


„Gute Arbeit, Herr Munte! Ulla Schmidt wird Sie für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen!“ beginnt der offene Brief des Bayerischen Facharztverbands an KVB-Chef Dr. Axel Munte, mit dem die bayerischen Fachärzte ihrem Unmut nun Luft machen.

"Aus der Presse durften wir erfahren, dass die Ärzte in Bayern sich völlig unnötig aufgeregt haben und viele von uns deutlich mehr Geld bekommen würden", so Enger weiter. Diese Nachricht habe die betroffenen Ärzte umso mehr überrascht, als viele von ihnen noch gar keine Endabrechnung vorliegen hätten und die Aussagen so nicht nachprüfen könnten. "Ich persönlich halte es für einen sehr unangemessenen Stil, wenn die von Ihnen zumindest rein formal vertretenen "Klienten" als Letztes über wichtige Vorgänge informiert werden!"

Mit der Presserklärung der KVB, die am gestrigen Donnerstag den Stein ins Rollen gebracht hätte, seien die Ärzte den Anfeindungen der Presse schutzlos ausgesetzt worden. Die nun bekannt gewordenen Zahlen seien von der Ärzteschaft jedoch noch weitgehend unkommentiert. Die 25-prozentige Honorarsteigerung der ermächtigten Krankenhausärzte beispielsweise, die als Erfolg gefeiert würde, würde nur das Geld aus der ambulanten Versorgung in die Krankenhäuser saugen und damit die Kräfte in Deutschland stärken, die das Gesundheitswesen industrialisieren und den Kapitalgesellschaften preisgeben wollten. Dies sei kein Erfolg, sondern ein Zeichen der zunehmenden Schwäche des KV-Systems.

Die Darstellungen in der Presse würden dem Schreiben zufolge einen falschen Eindruck vermitteln. So käme nicht zum Ausdruck, dass die Konvergenzregel, welche die Verluste der massiv betroffenen Praxen auf fünf Prozent betrenzen soll, nur zu einem Viertel von den Kassen und zu dreiviertel aus Rücklagen der KV - also von den Ärzten selbst - finanziert werden würde. Hier stelle sich weiter die Frage, ob die Rücklagenbildung einerseits überhaupt rechtens gewesen sei und ob das Geld außerdem ausreichend sei oder ob die KV an dieser Stelle auf Pump leben müsse.

Die jetzt mitgeteilte Regelung sei nur für das erste Quartal 2009 gültig, heißt es in dem Schreiben weiter. Die Kollegen würden mit diesem "Schweigegeld" ruhiggestellt, die berechtigten Proteste diskreditiert. "Es ist sozusagen ein Wahlgeschenk, das Sie uns im Verbund mit dem bayerischen Gesundheitsministerium machen - wohlgemerkt aus unserer eigenen Tasche finanziert! Es ist ein Danaer-Geschenk wie weiland das Trojanische Pferd! Den Ärzten wird mit diesem Geld das Maul gestopft bis nach der Wahl - denn die nächste Abrechnung kommt dann erst im Oktober!"

Es ginge mittlerweile nicht mehr um das Honorar, welches von der KVB "nach Beliebigkeit" zugeteilt und eventuell anschließend wieder abgezogen würde, es gehe inzwischen um einen Umbau im Gesundheitswesen, der konzerngesteuerten, profitorientierten Kapitalgesellschaften ungebremsten Zugang zur ambulanten Versorgung erlauben soll. "Inwieweit das politischer Wille ist bleibt dahin gestellt", so Enger weiter, "was allerdings für zunehmende Teile der informierten Ärzte nicht mehr zu verstehen ist, ist die Tatsache, dass die KVB unter Ihrer Leitung zum Erhalt der eigenen Existenz die Ärzteschaft diesen Kapitalgesellschaften zum Fraß vorwirft!" Die freie Ärzteschaft sei nicht bereit, sich den "Gesundheitsheuschrecken zum Fraß vorwerfen zu lassen. "Seien Sie sich klar darüber, dass sich die Ärzte nicht für 30 Silberlinge verscherbeln lassen, die sie dann auch noch aus der eigenen Tasche finanzieren sollen. Dass die Proteste weitergingen, sei wohl der einzige Punkt, in dem die Ärzteschaft mit dem KVB-Chef einer Meinung sei, schließt die bayerische Fachärztin und stellt provokativ die Fragen in den Raum, "ob diese Presseerklärung wirklich aus Ihrer Feder stammt, oder ob sie nicht etwa politischen Interessen folgt und Ihnen in die Feder diktiert wurde."


Tarja Wündrich