Arzneimittel und Therapie

Kann eine hochdosierte Statintherapie Diabetes auslösen?

Eine Therapie mit Statinen reduziert im Vergleich zu Placebo signifikant das kardiovaskuläre Risiko, sowohl bei Patienten mit als auch ohne Diabetes. Außerdem kann mit hoch dosierten Statinen das kardiovaskuläre Risiko noch mehr gesenkt werden, als mit moderat dosierten. Nun hat aber eine Metaanalyse von fünf Studien gezeigt, dass Statin-Therapien, und ganz besonders "aggressive" hoch dosierte Statin-Therapien, das Risiko des Beginns einer Diabetes-Erkrankung erhöhen können.

In einer Metaanalyse untersuchten David Preiss, Universität Glasgow, und seine Kollegen Zusammenhänge zwischen hoch dosierten Statin-Therapien, moderat dosierten Statin-Therapien, dem Entstehen von Diabetes und dem Auftreten schwerer kardiovaskulärer Vorkommnisse. Sie analysierten die Daten aus fünf randomisierten, publizierten und nicht-publizierten klinischen Studien an insgesamt 32.752 Teilnehmern ohne Diabetes. Das Follow-up betrug 4,9 Jahre. Während der Nachbeobachtungszeit entwickelten 2749 Teilnehmer (8,4%) eine Diabetes-Erkrankung, 1449 Patienten davon hatten eine Hochdosis-Statin-Therapie erhalten, 1300 nur eine moderate Dosis. Außerdem war es bei 6684 Teilnehmern (20,4%) zu einem schweren kardialen Vorfall gekommen (3134 aus der Intensiv-Gruppe und 3550 aus der moderaten Gruppe). Bei den Patienten mit der intensivierten Statin-Dosis kam es somit zwar zu einer Verringerung der Anzahl an kardiovaskulären Ereignissen um 416 Fälle (OR, 0,84; CI: 0,75 bis 0,94), das heißt zu einem Ereichen des Therapieziels. Aber es traten auch 149 Fälle von Diabetes mellitus auf (OR, 1,12; 95% CI, 1,04 bis 1,22). Die Zahl der Diabetes-Neuerkrankungen war unter der hochdosierten Therapie um 12% erhöht. Zwischen den einzelnen Studien gab es keine signifikanten Unterschiede im Hinblick auf das Neuauftreten von Diabetes, so dass ein Publikations-Bias ausgeschlossen wurde. Zwischen den beiden unterschiedlich dosierten Statingruppen gab es keine Unterschiede im Hinblick auf Todesfälle durch nicht-kardiovaskuläre Ereignisse (OR, 0,98; CI: 0,87 bis 1,10). Die Subgruppenanalysen der beiden Gruppen wiesen im Hinblick auf Alter, HDL-Cholesterol, FPG-Level und BMI keine Unterschiede auf. Allerdings war das Risiko, Diabetes zu entwickeln in der Hochdosis-Gruppe höher bei den Patienten, die Triglyceridspiegel unter dem Median hatten im Vergleich zu denen, die erhöhte Triglyceridspiegel aufwiesen. Zwischen Atorvastatin und Simvastatin gab es keine Unterschiede im Hinblick auf das Diabetesrisiko, allerdings wurde das kardiovaskuläre Risiko mit der Hochdosis-Atorvastatin-Therapie signifikant verringert, nicht jedoch das mit der Hochdosis-Simvastatin-Therapie.

Mechanismus ungeklärt

Als wichtige Fragen blieben auch für die Autoren, wie es im Vergleich zu Placebo zu diesem erhöhten Diabetesrisiko unter einer Statintherapie und wodurch es zu diesen Unterschieden der verschiedenen Dosierungen kommt. Es wird ein Einfluss auf die Insulinwirkung in der Leber diskutiert, aber weitere Studien sind abzuwarten. Zum jetzigen Zeitpunkt müsse die Botschaft an die Kliniker lauten, dass bei Patienten mit Statintherapie, und ganz besonders, wenn diese hoch dosiert wird, der Blutzucker engmaschig im Auge behalten werden müsse, da die Entwicklung eines Diabetes mellitus nicht auszuschließen sei.



Quelle

Baigent, C.; et al.: Cholesterol Treatment Trialist´s (CTT) Collaboration: Efficacy and safety of more intensive lowering of LDL cholesterol: a meta-analysis of data from 170,000 participants in 26 randomised trials. Lancet 376(9753): 1670 – 1681 (2010).

Kearney, P.M.; et al.: Efficacy of cholesterol-lowering therapy in 18.686 people with diabetes in 14 randomised trials of statins: a meta-analysis. Lancet 371: 117 – 25 (2008).

Preiss, D.; et al: Risk of Incident With Intensive-Dose Compared With Moderate-Dose Statin Therapy. J. Am. Med. Assoc. 305(24): 2556 – 2564 (2011).


Apothekerin Dr. Annette Junker



DAZ 2011, Nr. 27, S. 36

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