DPhG-Jahrestagung

Viele Innovationen und Verbesserungen bei mAK

Prof. Dr. Georg-Burkhard Kresse, Roche Diagnostics GmbH, Penzberg, bezeichnete die monoklonalen Antikörper als das am schnellsten wachsende Segment innerhalb der Biopharmazeutika.
Georg-Burkhard Kresse
Foto: DAZ/cb

Mehr als 20 monoklonale Antikörper (mAK) sind bereits für Indikationen wie Tumorerkrankungen, rheumatische und entzündliche Erkrankungen zugelassen, weitere ca. 200 befinden sich derzeit in den verschiedenen Phasen der klinischen Entwicklung.

Die Besonderheit der mAK, so Kresse, besteht in ihrer physikochemischen und biologischen Komplexität und ihrer Mikroheterogenität. Letztere führt dazu, dass ein mAK – anders als ein auf chemischem Weg hergestellter Arzneistoff – nicht ein einheitliches Molekül, sondern eine Vielzahl verwandter Moleküle darstellt. Ursache für die Mikroheterogenität der mAK sind verschiedene Modifikationen, die teilweise erwünscht, oft aber auch unerwünscht sind.

Als Beispiele für erwünschte Modifikationen am Antikörpermolekül nannte Kresse Phosphorylierungen oder Pegylierungen, unerwünscht sind dagegen Methylierungen, Formylierungen, Oxidationen oder Modifikationen der Tertiärstruktur. Die Folge ist, dass man bei der Herstellung monoklonaler Antikörper in einem hochreinen Produkt bis zu 108 verschiedene Moleküle finden kann.

Für die Pharmakokinetik und -dynamik der mAK sind nicht nur die Antigen-Bindungsstellen (Fab-Fragment), sondern auch der Fc-Teil von Bedeutung. Denn schon geringe Unterschiede (z. B. in der Fc-Glykosylierung) können einen signifikanten Einfluss auf die klinischen Eigenschaften der mAK haben.

Therapiefortschritt auch bei "alten" Targets

Den Wirkungen der bereits auf dem Markt befindlichen monoklonalen Antikörper liegen viele verschiedene Mechanismen zugrunde, z. B. Auslösung der Apoptose, Komplement-Aktivierung oder Blockade der Ligandenbindung; bei einigen Antikörpern greifen mehrere Mechanismen.

Aktuelle mAK-Forschungen haben nicht nur das Ziel, neue Antikörper zu finden, sondern auch Wirkstoffe mit verbesserten Eigenschaften zu entwickeln. Realisiert wurde dies beispielsweise bei dem anti-TNF-Antikörper Certolizumab (Cimzia®), der nun auch in Europa zur Behandlung der mittelschweren bis schweren rheumatoiden Arthritis zugelassen ist. Certolizumab besitzt keinen Fc-Teil, sondern besteht nur aus einem pegylierten Fab-Fragment, was eine Verlängerung der Halbwertszeit ermöglicht.

Eine weitere Möglichkeit, Antikörper zu verbessern, ist das sogenannte Glykoengineering. Dabei werden Veränderungen im Zuckeranteil wie z. B. die Verminderung des Fucoseanteils vorgenommen.

Eine ganz andere Strategie verfolgt man bei dem monoklonalen anti-HER2/neu-Antikörper Pertuzumab, der sich gegenwärtig in Phase II der klinischen Prüfung befindet. Pertuzumab bindet an das gleiche Antigen wie Trastuzumab, jedoch an ein anderes Epitop und inhibiert zudem multiple Signalwege. Mit der Entwicklung von Pertuzumab ist die Hoffnung verbunden, dass es bei denjenigen Brustkrebs-Patientinnen einsetzbar ist, die gegen Trastuzumab refraktär sind. Nach Kresses Ansicht macht es also durchaus Sinn, gegen ein Antigen verschiedene Antikörper zu entwickeln – diese dürften dann keineswegs als Scheininnovationen bezeichnet werden.

Effektivere Wirkung durch "personalisierte Medizin"

Eine weitere Möglichkeit, die Therapie mit monoklonalen Antikörpern effektiver zu gestalten, ist der Einsatz von Biomarkern, um das Ansprechen auf die Therapie abschätzen zu können. Dadurch kann die Behandlung bei den Patienten unterbleiben, die davon ohnehin nicht profitieren würden. So ist es beispielsweise bei Brustkrebs-Patientinnen längst Routine, den HER2/neu-Status zu bestimmen. Eine Behandlung mit dem mAK Trastuzumab (Herceptin®) wird nur bei positivem HER2/neu-Status – dies ist bei etwa 20 bis 25% der Mammakarzinom-Patientinnen der Fall – durchgeführt.

cb

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