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Grünes Rezept hat sich etabliert

BERLIN (ks). Der OTC-Markt in Deutschland stagniert. Als die rezeptfreien Arzneimittel im Jahr 2004 grundsätzlich aus der Erstattungspflicht der gesetzlichen Kassen gefallen sind, setzten die Hersteller vor allem auf die Information von Patienten und Apothekern, um ihre Produkte im Markt zu halten. Viele haben dabei den Arzt als Empfehler vernachlässigt – doch auch dieser hat nach wie vor erheblichen Einfluss auf die Selbstmedikation. Dies wurde auf der Mitgliederversammlung der Fachabteilung Selbstmedikation des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) am 11. März in Berlin deutlich.

Von dem im Jahr 2007 rund 38 Mrd. Euro schweren Gesamtmarkt für Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel fielen 17 Prozent auf in Apotheken abgegebene OTC und drei Prozent auf Produkte aus Drogerien und Supermärkten. Gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies in den Apotheken ein Umsatzminus von 0,5 Prozent, im Massenmarkt von minus zwei Prozent. Die Anzahl der Packungen ging in den beiden Märkten um zwei bzw. drei Prozent zurück – doch noch immer sind zwei Drittel aller verkauften Packungen rezeptfrei.

OTC: vielfach therapeutisch sinnvoll ...

Nach einer Studie, die TNS Healthcare im Auftrag des BPI durchgeführt hat, spielt die Selbstmedikation auch in der Hausarztpraxis weiterhin eine wichtige Rolle. 58 Prozent der 200 befragten Allgemeinmediziner, Internisten und Praktiker gaben an, "eher häufig" mit ihren Patienten über das Thema zu sprechen. Aus ihrer Sicht sind OTC oftmals therapeutisch sinnvoll – dies gilt vor allem bei leichten (96 Prozent) und mittleren Beschwerden (82 Prozent). 35 Prozent der Befragten halten rezeptfreie Arzneimittel auch zur Behandlung von starken Gesundheitsstörungen für therapeutisch einsetzbar. 85 Prozent stimmen zudem ihrem Einsatz zur Gesunderhaltung und Vorbeugung zu.

... aber nicht genutzt

Doch trotz der großen Aufgeschlossenheit seitens der Ärzte und Patienten, haben OTC oft das Nachsehen gegenüber rezeptpflichtigen Arzneimitteln: Nach ihrer eigenen Einschätzung haben die Ärzte bei bis zu 14 Prozent aller Patienten ein Rx-Arzneimittel verordnet, obwohl für die Behandlung auch ein apothekenpflichtiges rezeptfreies Arzneimittel zur Verfügung gestanden hätte. Hauptmotiv hierfür war die Rücksichtnahme auf die Patienten, die für OTC-Präparate seit 2004 grundsätzlich selbst zahlen müssen.

Grünes Rezept – beliebt bei Praktikern

Dennoch hat sich das "Grüne Rezept" in der Ärzteschaft etablieren können. Immerhin vier Prozent aller Verordnungen stehen auf dieser Rezeptart. Jürgen Petersen von IMS Health bot weitere Zahlen: So haben im vergangenen Jahr 56 Prozent aller Ärzte mindestens ein Grünes Rezept pro Woche eingesetzt – beliebt sind sie vor allem unter den Praktikern. Jeder zweite von ihnen nutzt die Möglichkeit, Patienten ein OTC-Präparat zu empfehlen. Ihre Top-3-Präparate sind Gelomyrtol, ACC und Sinupret. Bei den Internisten nutzen weitere 17 Prozent das Grüne Rezept, bei den Gynäkologen sind es zehn Prozent – in den anderen Facharztgruppen hat das Grüne Rezept dagegen kaum eine Bedeutung. Petersen verwies darauf, dass lediglich fünf OTC-Hersteller nach dem GKV-Modernisierungsgesetz ihren Außendienst bei den Ärzten behalten haben – vier von ihnen hätten mittlerweile einen höheren Umsatz als zu Zeiten, da OTC noch zum GKV-Leistungskatalog gehörten.

BPI: fragwürdiger Ansatz

"Die Ergebnisse der Studie zeigen den hohen Stellenwert, den Ärzte und Patienten der Selbstmedikation einräumen", erklärte Manfred Kreisch, Vorsitzender der Fachabteilung Selbstmedikation des BPI. Dennoch greife der Arzt häufig zu verschreibungspflichtigen Medikamenten, um dem Patienten Kosten zu ersparen. "Dies bestätigt unsere Annahme, dass oft nicht die medizinisch geeignetste Arzneimitteltherapie zur Anwendung kommt, sondern wirtschaftliche Faktoren zum großen Teil die Therapieentscheidung des Arztes beeinflussen", so Kreisch.

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