ABDA bestätigt Gespräche

Lauterbach präsentiert die Eckpunkte seiner Reformpläne

Stuttgart - 20.12.2023, 19:00 Uhr

Gesundheitsminister Karl Lauterbach drückt aufs Tempo und will seinen Gesetzesentwurf zur Apothekenreform zu Jahresbeginn einbringen. (Foto: dts Nachrichtenagentur/imago images)

Gesundheitsminister Karl Lauterbach drückt aufs Tempo und will seinen Gesetzesentwurf zur Apothekenreform zu Jahresbeginn einbringen. (Foto: dts Nachrichtenagentur/imago images)


Offenbar will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) alle Gesetzesvorhaben und Reformen in diesem Jahr zumindest noch anstoßen. Auch die umstrittene Apothekenreform, die zu heftigen Protesten in der Apothekerschaft geführt hatte. Über die Eckpunkte berichtet das „Handelsblatt": So soll das Fixum in zwei Stufen bis 2026 auf 8,73 Euro angehoben, der prozentuale Aufschlag im Gegenzug schrittweise auf 2 Prozent gesenkt werden. 

Die dicke Überraschung kommt vier Tage vor Heiligabend: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bestätigte am Mittwoch gegenüber dem „Handelsblatt“ ein Eckpunktepapier und seine konkreten Apotheken-Reformpläne. Es handele sich um die „größte Strukturreform der Apotheken seit 20 Jahren“, erklärte der SPD-Politiker auf „Handelsblatt“-Anfrage. Zu den wichtigsten Zielen gehöre, die Zahl der seit Jahren zurückgehenden Apotheken wieder zu erhöhen. „Das Apothekensterben soll nicht nur aufgehalten werden, sondern es soll mehr Apotheken auf dem Land geben“, sagte Lauterbach. 

Der erste Gesetzentwurf wird Anfang 2024 erwartet 

Die Reform-Pläne hatte Lauterbach erstmals im September kurz vor dem Deutschen Apotheker-Tag in Düsseldorf vorgestellt und nun in Form eines Eckpunktepapiers konkretisiert. Am Mittwochmittag fanden darüber Beratungen mit der Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Overwiening, statt. Der erste Gesetzesentwurf wird für Anfang kommenden Jahres erwartet.

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Die ABDA bestätigte die Gespräche. Präsidentin Overwiening erklärte am Mittwoch nach dem Gespräch im Gesundheitsministerium: „In unserem Protestmonat November haben zehntausende Apothekerinnen, Apotheker, PTA und PKA gegen die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und für eine wohnortnahe Versorgung durch die inhabergeführten Apotheken vor Ort protestiert. Die Ministerpräsidentenkonferenz, zahlreiche Minister aus den Bundesländern und auch der Bundesrat haben sich mit Anträgen und öffentlichen Stellungnahmen in den vergangenen Monaten hinter die Apothekerschaft gestellt und eine Stabilisierung der Apotheken gefordert. Nach einem weiteren Gespräch mit Minister Lauterbach am heutigen Mittwoch können wir feststellen, dass auch die Bundesregierung nun sensibler wird. Der Minister hat uns erste Eckpunkte seiner geplanten Apothekenreform vorgestellt. Wir als ABDA wiederum haben ihm unsere Positionen und Vorschläge verdeutlicht.“

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Laut „Handelsblatt“ will Lauterbach im Kern das Geld zugunsten der Landapotheken umverteilen und den Aufbau von Zweigapotheken fördern. Dafür will Lauterbach künftig die sogenannte „Telepharmazie“ ermöglichen. „Das ist längst überfällig“, sagte der Gesundheitsminister. Außerdem soll künftig nicht immer zwingend ein Apotheker für die Arzneimittelabgabe anwesend sein müssen. Unter Einsatz von Telepharmazie soll eine Arzneimittelabgabe auch ohne approbierten Apotheker vor Ort möglich sein, wenn sich PTA bei Bedarf per Video Unterstützung holen können. Laut Eckpunktepapier, das dem "Handelsblatt" vorliegt, plant Lauterbach außerdem eine Honorarreform: Das Fixum soll demnach 2025 auf 8,54 Euro angehoben werden und im Jahr 2026 auf 8,73 Euro. Im Gegenzug soll aber der prozentuale Zuschlag von derzeit 3 Prozent auf den Herstellerabgabepreis schrittweise auf 2 Prozent gesenkt werden. Das würde vor allem Apotheken mit vielen hochpreisigen Arzneimitteln hart treffen. Insgesamt sollen so 300 Millionen Euro umverteilt werden.

Nach den Plänen Lauterbachs soll der Kassenabschlag wieder von 2 auf 1,77 Euro gesenkt werden. Die aktuelle Erhöhung ist aber ohnehin bis Ende 2024 befristet. Zudem will Lauterbach die Vergütung für Notdienste erhöhen, von derzeit 400 auf rund 550 Euro.

ABDA: es zeigen sich erste Kompromisslinien 

ABDA-Präsidentin Overwiening gibt sich kämpferisch: „Nach wie vor gibt es viele Unterschiede in den Denkweisen: Im BMG will man beispielsweise weiterhin ermöglichen, dass die Arzneimittelversorgung in den Apotheken teilweise auch ohne Präsenz von Apothekerinnen und Apothekern stattfinden kann. Dem werden wir uns weiterhin mit aller Kraft entgegenstellen! Die pharmazeutische Expertise der approbierten Apothekerinnen und Apotheker ist durch keine andere Berufsgruppe zu ersetzen. Und nach wie vor fehlt es auch an einer sofort greifenden Anpassung der Vergütung. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass unsere Forderungen der vergangenen Monate gehört wurden. Filialen ohne Rezeptur oder Notdienste tauchen in den Plänen nicht mehr auf. Und sogar bei unserer wichtigsten Forderung, der wirtschaftlichen Stabilisierung der Apotheken zeigen sich erste Kompromisslinien: Erstmals könnte es uns gelingen, dass wir mit festgelegten Kriterien eine regelmäßige Anpassung für unser Fixhonorar erreichen. Hier gibt es noch wichtige Details zu klären: Aber für uns entscheidende Faktoren, wie etwa die Inflation oder die Personalkostenentwicklung, könnten dann in Verhandlungen berücksichtigt werden. Und auch bei der Vergütung der Notdienste und bei der ungerechtfertigten Erhöhung des Kassenabschlags könnten sich positive Entwicklungen ergeben. Die ABDA wird den Dialog mit dem Bundesgesundheitsministerium nun weiter fortsetzen und auch im anstehenden parlamentarischen Verfahren ihre Positionen vehement vertreten.“


Stefanie Keppler, DAZ-Ressortleiterin
skeppler@daz.online


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8 Kommentare

mal kurz Nachgerechnet

von Kleiner Apotheker am 21.12.2023 um 11:15 Uhr

Für uns würde das im Durchschnitt bedeuten:
50 Cent pro Packung weniger (2% statt 3%)
19 Cent pro Packung mehr (8,54 Euro statt 8,35 Euro)

Also im Durchschnitt insgesamt 31 Cent pro Packung weniger Honorar im Jahr 2025. Tja, Pech gehabt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: mal kurz Nachgerechnet

von KiWi am 21.12.2023 um 16:12 Uhr

oder kurz gesagt: jeder "Hochpreiser" mit einem EK >16 Euro kommt mit weniger Rohertrag daher
(bitte sag mir jemand, dass ich mich verrechnet habe :()

AW: mal kurz Nachgerechnet

von KiWi am 21.12.2023 um 16:46 Uhr

sorry ab EK > 19 Euro
da hat der Tippfehlerteufel zugeschlagen

FA

von Dr. Radman am 21.12.2023 um 8:06 Uhr

Bitte nicht meckern und jammern. Gleich zu "freien Apothekerschaft" kommen. Wir brauchen mindestens 2000 Apotheken, die mitziehen, um effektiv zu agieren. Frau Hänel kann es garantiert besser.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Gute Gespräche

von Ulrich Ströh am 21.12.2023 um 7:37 Uhr

Die ABDA. hat ja eben erst auf den Parteitagen der SPD und der Grünen nach eigenen Angaben gute Gespräche geführt…

Die jetzt bekanntgewordenen Resultate sprechen eine andere Sprache.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

ABDA: Verrat!

von Roland Mückschel am 20.12.2023 um 19:36 Uhr

Da ist keine Umverteilung zu den Landapotheken hin.
Nein, es geht nur um die Fortführung der gegenwärtigen Zustände. Die Zukunftsapotheken, die Apotheken unserer Standesvertreter fressen die Buden.
So war der Plan schon lange, weg mit den Schwachleistern.
Das ist seit mehr als 20 Jahren von der ABDA mit der Politik abgesprochen, ( kann man nichts machen…
Hätte schlimmer kommen können…).

Endlich ist es klar warum wir bei der Politik nie Erfolge erzielen konnten.
Ziel der ABDA war die Eliminierung der Buden zugunsten ihrer Apotheken und Verbünde.

Alles was an Aktionen in der letzten Zeit gezeigt wurde war nur nutzloses Blendwerk mit dem Zweck die kleinen Kollegen zu täuschen.
Ich konnte es lange Zeit nicht glauben dass die Berufsvertretung so ein infames Spiel treibt, Hinweise von Kollegen gab es ja immer.

Ihr Standesvertreter und eure Lakaien, ich verachte und verfluche euch.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: ABDA: Verrat

von Anita Peter am 20.12.2023 um 19:46 Uhr

"Lasst euch keine Bude andrehen"

Ab da war doch alles klar oder?

AW: ABDA: Verrat

von Roland Mückschel am 20.12.2023 um 20:03 Uhr

Frau Peter,
Ich hielt ihn für einen Dummschwätzer.
Aber weit gefehlt, das war deren Programm.

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