ABDA-Präsidentin Overwiening im Livetalk

„Bei uns Apothekerinnen und Apothekern ist nichts zu holen“

Berlin - 31.08.2022, 14:30 Uhr

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening warnt die Politik davor, den Apotheken, Geld „zu stehlen“. (Foto: Facebook / ABDA)

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening warnt die Politik davor, den Apotheken, Geld „zu stehlen“. (Foto: Facebook / ABDA)


Die parlamentarische Sommerpause neigt sich dem Ende – doch die Politik stand in den vergangenen Wochen nicht still. Dabei gab es für die Apotheken auch positive Entwicklungen, wie ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening gestern im ABDA-Livetalk betonte. Doch nach wie vor schwebt drohend das GKV-Spargesetz über ihnen. Overwiening appellierte an alle Apotheker:innen, nun das Gespräch mit den Parlamentarier:innen zu suchen – denn sie entscheiden am Ende, was Gesetz wird.

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening meldete sich am gestrigen Dienstagabend mit dem ABDA-Livetalk auf Facebook zurück. In einer halben Stunde gab sie einen Überblick über die politischen Geschehnisse des Sommers und stellte sich anschließend den Fragen der Zuhörer:innen. 

In der Politik, so unterstrich Overwiening, sei für die Apotheken durchaus auch Positives geschehen. So sollen etwa die Regelungen der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung bis in den April 2023 verlängert werden. Das gebe Luft, um die dauerhafte Etablierung einiger wichtiger Regeln zu erreichen – auch die hierfür nötigen Gesetzesänderungen habe die ABDA mit Formulierungshilfen bereits gut vorangebracht, so die ABDA-Präsidentin. 

Erreicht habe man auch, dass die Schulungen der Apotheken zu COVID-19 und Grippe-Impfungen gegenseitig anerkannt werden sollen. Beide Änderungen finden sich im Entwurf für ein „Gesetz zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19“, das kommende Woche vom Bundestag beschlossen werden soll.

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Weniger positiv fällt hingegen der Blick auf das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz aus. Dieses liegt mittlerweile als Kabinettsentwurf vor, der nach der Sommerpause ins parlamentarische Verfahren geht. Nach wie vor ist geplant, den Kassenabschlag, den die Apotheken je Rx-Packung zu gewähren haben, für zwei Jahre von 1,77 Euro auf 2 Euro anzuheben. 

Overwiening versicherte, man werde intensiv in den Kontakt mit den Parlamentariern gehen und ihnen deutlich machen: „Bei uns Apothekerinnen und Apothekern ist hier nichts zu holen“. Es gebe sicher ein riesiges Defizit bei den Krankenkassen – „aber doch nicht durch apothekerliches Tun verursacht!“ Um 17 Milliarden Euro auszugleichen, müsse man ganz andere Ansätze haben, als den Apotheken in zwei Jahren 240 Millionen Euro „zu stehlen“, so die ABDA-Präsidentin. Die derzeitigen Pläne fühlten sich nach all dem, was die Apotheken in der Pandemie geleistet haben, wie eine „Bestrafung“ an. „Herr Minister Lauterbach, so geht es nicht!“, appellierte Overwiening. Dies gelte umso mehr, wenn man weiterhin leistungsstarke Apotheken erwarte, die pharmazeutische Dienstleistungen anbieten und bei einer nächsten Corona-Welle mit am Start sind.

Nicht weniger, sondern mehr Geld ist nötig

In der anschließenden Fragerunde machte die Präsidentin auch deutlich, dass es ihr nicht nur darum geht, Belastungen zu vermeiden. Erforderlich sei vielmehr „eine adäquate Anpassung in der Honorierung“. Seit Jahren sei man hier von der Kostenentwicklung abgekoppelt. Aber notwendig sei nicht nur ein Inflationsausgleich. Zu berücksichtigen sei zum Beispiel auch das Lieferengpass-Management, das Apotheken leisten – auch im Notdienst. „Ich tue alles dafür, dass uns das gelingt“, so die ABDA-Präsidentin. Es gehe schließlich um die Zukunft der Apotheke – und dafür brauche man Geld.

Der Koalitionsvertrag verspricht eigentlich, die pharmazeutischen Dienstleistungen auszubauen und besser zu honorieren. Doch derzeit kann sich auch Overwiening nur fragen, was solche Versprechungen noch wert sind. Nötig seien „Taten für die Förderung der Apotheke vor Ort“. In diesem Jahr seien bereits mehr als 200 Apotheken verloren gegangen – um die Versorgung in der Fläche zu sichern, müsse man sich mit der Politik kreative Gedanken machen.

Lauterbach sagt Gesprächstermin ab

Doch bislang vermisst Overwienig den Austausch und die Kreativität in der politischen Kommunikation. Auf der Arbeitsebene laufe es zwar gut – doch zum Bundesgesundheitsminister wünscht sie sich einen besseren Zugang. Am heutigen Mittwoch hätte sie ihr erstes Gespräch mit Karl Lauterbach (SPD) haben sollen, sagte die ABDA-Präsidentin. Leider sei es vor eineinhalb Wochen abgesagt worden. Der Grund wird die Klausurtagung des Kabinetts auf Schloss Meseberg sein. Nun muss auch Overwiening auf Lauterbachs Erscheinen auf dem Deutschen Apothekertag warten – lieber hätte sie einen Temin davor gehabt. Ein Ersatztermin wurde ihr bislang nur für den 15. September angeboten. Doch da muss die Präsidentin natürlich auf dem DAT präsent sein und kann nicht nach Berlin reisen.

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Auch das Thema Paxlovid sprach die ABDA-Präsidentin an: Obwohl die bisherige Versorgung über die Apotheken problemlos funktioniert habe, habe der Minister den Ärzten ein Dispensierrecht eingeräumt. Aus ihrer Sicht ist das der falsche Weg: „Sie kaufen den Ärzten ab, dass sie das Medikament abgeben“, so ihr Vorwurf an Lauterbach. Selbst in der Ärzteschaft werde dies kritisch kommentiert. Overwiening zitierte einen Mediziner, der beklagte, mit der neuen Regelung wisse der Patient nicht mehr, ob ihm Paxlovid verordnet werde, weil er es brauche oder weil sein Arzt dran verdiene. 

Für die ABDA-Präsidentin ist hier das Vertrauen erschüttert. Den Kolleginnen und Kollegen gab sie den Rat, sich mit den Ärztinnen und Ärzten in der Umgebung abzusprechen, dass es beim „normalen“ Lieferweg bleibt, die Apotheke das Paxlovid also zum Patienten bringt. Sie habe gehört, dass viele Ärzt:innen diesen Weg ebenfalls bevorzugen.

Abschließend appellierte die ABDA-Präsidentin an die Apotheker:innen, denen es möglich ist, ebenfalls das Gespräch mit der Politik im eigenen Wahlkreis zu suchen. Die Mitgliedsorganisationen bekämen eine Argumentationshilfe, die sie weitergeben könnten. Vor allem aber sei es wichtig, Politikern vor Ort zu zeigen, was sie, die Apotheken, leisten – und was man ihnen nehmen will. Am Ende, betonte Overwiening, entscheiden die Parlamentarier:innen. Da könne der Gesundheitsminister entwerfen, was er wolle – die Bundestagsabgeordneten könnten dem ein Veto entgegensetzen.

Hier können Sie den gesamten Livetalk im Video anschauen. 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

nichts zu holen

von Karl Friedrich Müller am 01.09.2022 um 10:39 Uhr

bei uns ist nicht nur nichts zu holen, sondern das Ansinnen ist vor dem Hintergrund der hohen Inflation eine Unverschämtheit und eine Ungleichbehandung gegenüber anderen Branchen. Dazu kommt, wie bekannt, dass wir seit 2004 kaum eine Erhöhung und schon gar keine Anpassung an die Inflation bekommen haben.
Diese finanzielle Auszehrung der Apotheken durch die Politik ist nicht mehr nachvollziehbar und schlicht eine Ungerechtigkeit im Vergleich zu zum Beispiel der KK.
Die Politik muss gezwungen werden, Gründe zu nennen. Sparen reicht nicht, weil ja nur bei uns gespart wird. Wie schon öfter gesagt: Eine Klage sollte geprüft werden.
Es wäre mal der Staat dran, wie auch von den KK gefordert: MwSt senken.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Nix zu holen?

von Roland Mückschel am 31.08.2022 um 16:19 Uhr

Hören Sie nicht was die Politik sagt?

Stark steigende Gewinne, schauen Sie den Durchschnittsgewinn an?

Wer soll Ihnen das glauben?

NIEMAND!

Dass Sie nur die Buden-Apotheken meinen kann
doch niemand wissen.
Würde auch niemand interessieren.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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