Bekenntnis zu Apotheken

Koalitionsvertrag in Hessen: Protest zeigt Wirkung

Berlin - 14.12.2023, 15:15 Uhr

Will mit Koalitionspartner SPD die Apotheken stärken – auch im Bund: Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein. (Foto: imago images / Bernd Elmenthaler)

Will mit Koalitionspartner SPD die Apotheken stärken – auch im Bund: Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein. (Foto: imago images / Bernd Elmenthaler)


Der Hessische Apothekerverband hatte sich mit seinen Protestaktionen besonders hervorgetan. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD, der an diesem Donnerstag öffentlich wurde, scheint das zu honorieren und bekennt sich klar zu inhabergeführten Apotheken. Ein Verdienst der hessischen Apothekerschaft – zeigte sich der Verband gegenüber der DAZ überzeugt.

Am Ende war es dann doch eine Überraschung: Die Hessen-CDU mit Ministerpräsident Boris Rhein kündigte Mitte November an, mit den Sozialdemokraten Koalitionsverhandlungen zu beginnen. Bei den Grünen, dem früheren Partner, gab es lange Gesichter. Vor den Wahlen im Oktober hatte wenig für Wechselstimmung in der Wählerschaft gesprochen – aber auch die Begeisterung für eine Fortsetzung von Schwarz-Grün hielt sich in Grenzen.

In den Wahlprogrammen der Parteien fanden die Apotheken noch kaum Erwähnung. Auf Nachfrage rückten sie dann aber doch mehr oder weniger damit raus, dass Apotheken eine Rolle in der Gesundheitsversorgung spielen. Der Hessische Apothekerverband (HAV) hatte seinerzeit die Chance genutzt, und seinen Protest unmittelbar vor die Wahl gesetzt – mit großem Erfolg, wie sich im Nachhinein herausstellte.

Ein Blick in den am Donnerstag öffentlich gewordenen Entwurf des Koalitionsvertrags zwischen CDU und SPD verrät: Auch hier hat sich ganz offensichtlich das Engagement der Apothekerschaft niedergeschlagen. So schreiben die beiden Parteien beispielsweise, dass sie sich auf Bundesebene dafür einsetzen wollen, die „Gebührenordnung“ – neben der von Ärzten und Zahnärzten – auch für Apotheker zu erhöhen. „Die Versorgung mit Apotheken muss nachhaltig gewährleistet sein. Drohende Engpässe müssen schnell erkannt und diesen entgegengewirkt werden“, heißt es.

Explizit wird dabei unterstrichen:


Die Kompetenz von Apothekerinnen und Apothekern sowie von angestellten Kräften ist unersetzbar, daher setzen wir auf inhabergeführte Apotheken vor Ort. Wir befürworten die Ausweitung von Ausbildungsstätten für PTAs, vor allem in Nordhessen.“

Entwurf Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD für die 21. Legislaturperiode 2024 - 2029


Der HAV begrüßte den Koalitionsvertrag in einer Pressemitteilung am Donnerstag. Der Vorsitzende Holger Seyfarth dankte den Parteien, für die nun festgeschriebenen Positionen. Sie hätten den Handlungsdruck erkannt und würden nun entschlossen handeln.

Verdienst der hessischen Apothekerschaft

Der HAV weiß aber auch genau, dass dieser Koalitionsvertrag nicht vom Himmel gefallen ist. Gegenüber der DAZ erklärte ein Sprecher auf Nachfrage, er sei „mit Blick auf die Apotheken Verdienst der hessischen Apothekerschaft, die in diesem Jahr dreimal mit ihren Teams – teilweise gegen die Widerstände von Kammer und Berlin – auf die Straße gegangen ist“.

Man habe als HAV das gesamte Jahr über intensive Gespräche mit den Verantwortlichen der demokratischen Parteien im Hessischen Landtag geführt, zahlreiche Apotheker:innen hätten Bürgermeister, Landräte, Landtags- und Bundestagsabgeordnete in ihren Häusern begrüßt und Einblicke in den schwierigen Apotheken-Alltag gewährt. 

„Strahlkraft für gesamte Apothekerschaft in Bundesrepublik“

Betont wird auch „das gute Netzwerk des HAV – auch zu wichtigen hessischen Playern in der Ministerpräsidentenkonferenz und ebenso wichtigen hessischen Playern der Bundesregierung – haben dazu beigetragen, dass wir dieses grandiose Ergebnis im Koalitionsvertrag stehen haben.“ Der HAV ist überzeugt, dass dieses Ergebnis „sicherlich Strahlkraft für die gesamte Apothekerschaft in der Bundesrepublik und unsere weiteren anstehenden Protestaktivitäten in 2024 entfalten wird“.

Zudem heißt es im Koalitionsvertrag, dass die Einführung von Stationsapothekern befürwortet werde. Die gibt es bislang so nur in Niedersachsen – Krankenhäuser sind Ländersache. Mit ihnen soll das Medikationsmanagement und die Patientensicherheit auf den Stationen gestärkt werden.

Angedacht wird auch, im Rahmen des noch zu schaffenden Programms „Dorfgemeinschaftshäuser 2.0“ Bürgerhäuser stärker „für Zwecke der Daseinsvorsorge“ zu nutzen. Als eines der Beispiele wird die Verwendung als Apotheke genannt.

Zu guter Letzt sieht die Koalition vor, einen „Hessischen Pakt für Gesundheit“ zu etablieren. Daran beteiligt werden sollen die wichtigsten Akteure der Gesundheitswirtschaft, unter anderem die Apothekerschaft, die Hessische Krankenhausgesellschaft, Krankenkassen, verschiedene Verbände, die Kommunen und das Land.

An diesem Samstag wollen CDU und SPD über das Papier abstimmen. Dann könnte am kommenden Montag (18. Dezember) der Koalitionsvertrag unterschrieben werden, wie Ministerpräsident Rhein kürzlich in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur sagte. Das Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege soll künftig in den Händen der CDU liegen. 


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Koalitionsverträge

von Dorf-Apothekerin am 15.12.2023 um 8:34 Uhr

Hier in Bayern hatte Dr. Nüßlein von der CSU auch schon einmal dafür gesorgt, dass im Koalitionsvertrag mit der CDU ein Versandverbot von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln festgeschrieben wurde. Ein Herr Jens Spahn ignorierte dies mit der Begründung, es ließe sich auf europäischer Ebene nicht durchsetzen, obwohl es nur drei Länder gibt, in denen das überhaupt praktiziert wird.
Wenn in Hessen die SPD das Gesundheitsministerium bekommt wird sich sicher nichts ändern.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.