über 60-Jährige und bei Vorerkrankungen

Fachgesellschaften empfehlen Schutzimpfung gegen RS-Virus

Stuttgart - 02.11.2023, 16:45 Uhr

Für diesen Winter stehen zwei Impfstoffe gegen das RS-Virus bereit. (Foto: Adobe Stock / KatMoy) 

Für diesen Winter stehen zwei Impfstoffe gegen das RS-Virus bereit. (Foto: Adobe Stock / KatMoy) 


Insgesamt elf medizinische Fachgesellschaften und Institutionen rufen insbesondere Über-60-Jährige – aber auch Menschen jeden Alters mit Vorerkrankungen nach individueller Beratung – auf, sich gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) impfen zu lassen. Zwei RSV-Schutzimpfungen wurden von der EU-Kommission zugelassen und sind bereits in der Apotheke erhältlich. Eine Stiko-Empfehlung gibt es bisher allerdings nicht.

Die RSV-Infektionswelle bei Kleinkindern und Säuglingen sorgte im vergangenen Winter für teils chaotische Zustände: überfüllte Kinderkliniken, Betten auf den Fluren, Babys mit Sauerstoffmasken, verzweifelte Eltern. Nach den Corona-Jahren mit Mund-Nasen-Schutz und Kontaktbeschränkungen war es zu einem „Nachholeffekt“ bei anderen Atemwegsinfekten gekommen. Einen beträchtlichen Anteil daran hatte das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV)

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. empfiehlt nun gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften – wenn auch nicht für den Schutz von Säuglingen – zumindest für die Gruppe der Über-60-Jährigen die neuen RSV-Schutzimpfungen.

Die Expertinnen und Experten von elf medizinischen Fachgesellschaften und Institutionen rufen insbesondere Über-60-Jährige – aber auch Menschen jeden Alters mit Vorerkrankungen nach individueller Beratung – auf, sich gegen das RS-Virus impfen zu lassen. In einem am Donnerstag gemeinsam veröffentlichten Positionspapier heißt es: „RSV-Infektionen gefährden nicht nur Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder, sondern können auch bei älteren und vorerkrankten Erwachsenen schwere Krankheitsverläufe und Komplikationen von vorbestehenden Erkrankungen auslösen.“ Die Empfehlung: „Insbesondere Erwachsenen mit deutlich eingeschränkter Immunabwehr oder schweren Lungen- sowie Herz-Kreislauf-Vorerkrankungen empfehlen wir eine Impfung“, sagt Professor Wolfram Windisch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), unter deren Leitung das Empfehlungspapier entstanden ist.

Die STIKO gibt noch keine Empfehlung ab

Im Juni und im August 2023 wurden erstmals wirksame Impfstoffe gegen RSV von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA für die EU-Zulassung empfohlen und anschließend von der EU-Kommission zugelassen. Die zwei zugelassenen Impfstoffe sind Arexvy® der Firma Glaxo Smith Kline und der unter dem Handelsnamen Abrysvo® vermarktete RSV-Impfstoff der Firma Pfizer. Während Arexvy® nur für Menschen ab 60 Jahren zugelassen ist, darf Abrysvo® von Pfizer auch bei Säuglingen eingesetzt werden. Es ist der erste zugelassene RSV-Impfstoff, welcher der passiven Immunisierung von Säuglingen von der Geburt bis zum Alter von sechs Monaten dient. Die Zulassungsstudien zeigten eine sehr hohe Effektivität der Impfung in Bezug auf die Verhinderung von schweren RSV-assoziierten Atemwegsinfektionen. Die Impfstoffe sind bereits in Apotheken verfügbar. 

Allerdings gibt es bisher keine Stiko-Empfehlung, deshalb sind die Kosten in der Regel privat zu tragen. Eine Kostenübernahme kann bei der zuständigen Krankenkasse beantragt werden. Grundsätzlich gelte immer, erst das Beratungsgespräch mit dem eigenen Hausarzt zu suchen, heißt es von Seiten der DGP. Nach Angaben der Ständigen Impfkommission (Stiko) sei eine Empfehlung in diesem Herbst nicht mehr zu erwarten. Stiko-Mitglied Klaus Überla erklärte, das Expertengremium arbeite dafür noch an verschiedenen Aspekten wie etwa einer Modellierung zum möglichen Einfluss der Impfstoffe auf die RSV-Verbreitung.

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„In den Kliniken beobachten wir eine vergleichbare Krankheitslast und Sterberate wie bei Lungenentzündungen nach Influenza- oder Pneumokokken-Infektionen. Besonders gefährdet sind auch Menschen mit bösartigen Blutkrebserkrankungen wie Leukämie oder Multiples Myelom“, erklärt Professor Martin Witzenrath, federführender Autor des neuen Positionspapiers und Direktor der Klinik für Pneumologie, Beatmungsmedizin und Intensivmedizin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Er warnt zudem vor dem Risiko schwerer Folgeerkrankungen, die durch eine RSV-Infektion ausgelöst werden können.

Die Fachgesellschaften verweisen auch auf die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie zur RSV-Schutzimpfung. Schon im August dieses Jahres wurde hier eine Erweiterung der Zielgruppe auf immundefiziente Patienten ab einem Alter von 18 Jahren empfohlen.


Stefanie Keppler, DAZ-Ressortleiterin
skeppler@daz.online


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