Operation Pangea XVI

Großaktion gegen Arzneimittelkriminalität nimmt Online-Handel ins Visier

Stuttgart - 02.11.2023, 17:50 Uhr

Bei der diesjährigen Aktion gegen illegalen Arzneimittelhandel spürte Interpol viele illegale Online-Anbieter auf. (Foto: Timon / AdobeStock)

Bei der diesjährigen Aktion gegen illegalen Arzneimittelhandel spürte Interpol viele illegale Online-Anbieter auf. (Foto: Timon / AdobeStock)


Zum 16. Mal hat die Internationale kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) sich in einer einwöchigen Großaktion der Bekämpfung von illegalem Arzneimittelhandel gewidmet. Im Rahmen dieser wurden zahlreiche Produkte beschlagnahmt und Personen verhaftet. In den deutschen Nachbarländern Dänemark und Schweiz stand der illegale Online-Vertrieb von Arzneimitteln im Vordergrund.

Arzneimittelfälschungen und illegal vertriebene Arzneimittel sind gleich auf mehreren Ebenen schädlich. Da es sich hierbei um nicht-qualitätsgesicherte Produkte handelt, enthalten sie nicht zwangsläufig die deklarierten Wirkstoffe in den angegebenen Wirkstärken, sondern mitunter keine oder andere Wirkstoffe – oder aber eine deutlich abweichende Dosis. Wie leicht vorstellbar ist, können solche Produkte der Gesundheit von Anwender:innen unmittelbar schaden. Darüber hinaus werden Arzneimittelfälschungen aber auch mit der Zunahme von Antibiotikaresistenzen und Ressourcenverschwendung in Verbindung gebracht und generieren kriminellen Strukturen ein Einkommen [1]. Gründe, sich gegen den illegalen Arzneimittelhandel einzusetzen, gibt es also genug.

Die Internationale kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) führt seit 2008 jährlich Großaktionen zur Bekämpfung des illegalen Arzneimittelhandels unter dem Namen „Operation Pangea“ durch. Am vergangenen Dienstag gab sie die Ergebnisse der diesjährigen Aktion bekannt.

Im Zeitraum 3. bis 10. Oktober wurden weltweit 72 Personen verhaftet, 1300 Webseiten geschlossen und pharmazeutische Produkte mit einem Warenwert von über 7 Millionen US-Dollar beschlagnahmt. Besonders häufig unter den beschlagnahmten Produkten waren Mittel gegen die erektile Dysfunktion (22 %), Psychopharmaka (19 %), Sexualhormone und Mittel gegen gastrointestinale Beschwerden (je 12 %). Neben Arzneimitteln waren aber auch Medizinprodukte betroffen: In Australien stellten die Behörden beispielsweise 11.000 COVID-19 Testkits sicher [2].

Teilgenommen haben global 89 Länder. Deutschland war nicht darunter, aber einige seiner Nachbarländer wie etwa die Schweiz und Dänemark [2]. In entsprechenden Pressemitteilungen berichteten die Arzneimittelaufsichtsbehörden beider Länder, sich bei der diesjährigen Aktion insbesondere dem illegalen Arzneimittelhandel im Netz gewidmet zu haben [3,4].

Wirkliche Überraschungen habe es dabei nicht gegeben, heißt es aus Dänemark. Neben Potenzmitteln und Tramadol wurden auch die derzeit stark nachgefragten Produkte Ozempic und Wegovy illegal online angeboten. Insgesamt 26 dänischsprachige Webseiten mit illegalen Arzneimittelangeboten habe man identifiziert und den zuständigen Stellen gemeldet [3].

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In der Schweiz fiel insbesondere auf, dass illegale Arzneimittelanbieter Webseiten unbeteiligter Institutionen – wie Sportclubs oder Spielgruppen – gehackt und ihre Ware dort angeboten hatten. 67 solche Fälle identifizierte Swissmedic und kontaktierte die zuständigen Webmaster [4].

Einhellig warnen beide Behörden insbesondere vor Social-Media-Kanälen, die Arzneimittel anbieten. Hier sei die Kontrolle und Nachvollziehbarkeit der Kriminellen im Hintergrund für die Behörden noch schwieriger. Legal ist der Verkauf von Arzneimitteln über diese Kanäle nicht. Kund:innen werden dringend angehalten, ihre benötigten Medikamente über sichere Quellen zu beziehen, zu denen die Apotheken vor Ort zählen [3,4].

Literatur

[1] WHO. A study on the public health and socioeconomic impact of substandard and falsified medical products. 2017. Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO

[2] Global illicit medicines targeted by INTERPOL operation. Interpol. Pressemitteilung vom 31.10.2023. www.interpol.int/News-and-Events/News/2023/Global-illicit-medicines-targeted-by-INTERPOL-operation

[3] Operation PANGEA XVI: Lægemiddelstyrelsen har anmeldt 26 hjemmesider for ulovlig medicinhandel. Pressemitteilung der dänischen Arzneimittelaufsichtsbehörde Lægemiddelstyrelsen vom 31.10.2023. laegemiddelstyrelsen.dk/da/nyheder/2023/operation-pangea-xvi-laegemiddelstyrelsen-har-anmeldt-26-hjemmesider-for-ulovlig-medicinhandel/

[4] Operation PANGEA XVI: Internationale Aktion gegen gefälschte und illegal importierte Arzneimittel. Pressemitteilung der schweizer Arzneimittelaufsichtsbehörde Swissmedic vom 31.10.2023. www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/arzneimittel-aus-dem-internet/drug-safety-current-threats/operation-pangea-xvi.html


Dr. Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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