Pirola, Booster, Personalmangel

COVID-19 – Was bringt der Herbst?

Stuttgart - 08.09.2023, 10:45 Uhr

Bringen die fallenden Blätter die Masken zurück? (bellakadife / Adobe Stock)

Bringen die fallenden Blätter die Masken zurück? (bellakadife / Adobe Stock)


Die Tage werden kürzer, die COVID-19-Fallzahlen nehmen zu. In einer Pressekonferenz hat das Science Media Center drei Expert:innen um ihre Einschätzung gebeten, womit wir in Sachen COVID-19 in diesem Herbst rechnen müssen. Mehr Sorge als die neue Virusvariante „Pirola“ macht diesen der Fachkräftemangel im Gesundheitssektor. Ältere und Risikopatient:innen sollten sich daher die Booster-Impfung mit den angepassten Impfstoffen nicht entgehen lassen.

Surveillancedaten zufolge steigt seit Anfang Juli die COVID-19-Fallzahl in Deutschland auf niedrigem Niveau an. Fast die Hälfte der Fälle entfällt dabei derzeit auf die Omikron-Subvariante Eris (EG.5). Auch vor dem Hintergrund der nun beginnenden Impfsaison dürfte sich in den Apotheken daher die Frage stellen: Wie wird der Corona-Herbst 2023? In einer Pressekonferenz des Science Media Centers, gaben drei Expert:innen auf diese und andere Fragen Antworten.

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Für Schlagzeilen sorgt aktuell mal wieder eine neue Virusvariante: Pirola (BA.2.86). Wie bei Eris handelt es sich hierbei um eine Omikron-Subvariante. Zur Herkunft von Pirola erläutert Prof. Sandra Ciesek (Direktorin des Instituts für medizinische Virologie, Universitätsklinikum Frankfurt), dass diese wahrscheinlich in einem Immunsupprimierten Patienten entstanden sei. Hier habe die Virusvariante BA.2 monatelang persistiert und sich dabei angepasst. Von BA.2 als auch von XBB.1.5 trenne BA.2.86 jeweils über 30 Mutationen. 

In Deutschland sei bislang noch kein Fall von einer Infektion mit dieser Variante nachgewiesen, das könne aber auch an der stark zurückgefahrenen Surveillance liegen, die in Deutschland derzeit betrieben werde. Zwar gäbe es bislang erst wenige Daten zu dieser sehr neuen Variante, ein Grund für große Sorge ist sie laut Ciesek jedoch nicht. Weite Teile der Bevölkerung seien durch Infektionen oder Impfungen bereits mit Omikron-Varianten in Kontakt gekommen, wodurch ein gewisser Schutz vor schweren Verläufen bestehe.

Wer sollte sich (wie oft) impfen lassen?

Mit Comirnaty Omikron XBB.1.5 können Apotheken derzeit einen angepassten COVID-19-Impfstoff bestellen. Genaue Vorhersagen zur Schutzwirkung dieser Impfung könne man noch nicht treffen, erklärt Prof. Leif Erik Sander (Direktor der Abteilung für Infektiologie und Leiter der Arbeitsgruppe für personalisierte Infektionsmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin). Die aktuelle Datenlage spräche aber dafür, dass sich durch eine Impfung mit den angepassten Impfstoffen die Antikörper-Antwort verbreitert und beispielsweise Eris gut kreuzneutralisiert werde.

Hinsichtlich der Frage, für wen eine (weitere) Impfung anzuraten ist, verweist Sander auf die Empfehlungen der STIKO. Für die hier erwähnten Personengruppen – wie etwa Ältere, Vorerkrankte oder medizinisches Personal – sei der Nutzen einer weiteren Impfung erwiesen. Zu beachten sei, dass der letzte Kontakt mit SARS-CoV-2, in Form einer Impfung oder Infektion, mindestens zwölf Monate zurückliegen sollte. Eine Grippeimpfung könne man bei der Gelegenheit „in einem Abwasch“ gleich miterledigen.

Mit dem Vorurteil, dass viele Auffrischimpfungen der Schutzwirkung schaden würden, räumt Sander auf: Es gäbe keinerlei Hinweise, dass mehrfach geimpfte Personen schlechter geschützt wären. Vollkommen gesunde Menschen würden aber auch nicht von häufigen Impfungen profitieren. Bei bislang noch ungeimpften Personen rät Sander zu drei Impfungen, falls noch keine COVID-19-Erkrankung durchgemacht wurde und zu einer, nach bereits überstandener Erkrankung.

Bedrohung Personalmangel

Mehr Sorge als die neuen Virusvarianten bereitet Prof. Stefan Kluge (Direktor der Klinik für Intensivmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) die angespannte Personalsituation im Gesundheitswesen. Etwa 25% der Intensivbetten könnten aufgrund dessen derzeit nicht betrieben werden. Vor diesem Hintergrund – und auch um das Risiko für schwere Verläufe oder Long COVID zu verringern – sei die Impfung auch in diesem Jahr eine sinnvolle Schutzmaßnahme. Auch die Maske könne in bestimmten Situationen wieder nützlich sein – etwa, wenn man trotz Erkältungssymptomen Bus oder Bahn benutzen müsse. Für eine generelle Maskenpflicht sei das Infektionsgeschehen aktuell nicht ausgeprägt genug. 

Insgesamt rechnen die drei Expert:innen in diesem Herbst mit einer vergleichbaren Situation, wie im vergangenen Jahr. Es ist wahrscheinlich, dass sich viele Menschen mit SARS-CoV-2 infizieren werden. Angespannte Situationen in der ambulanten und stationären Versorgung sind aufgrund der knappen Personaldecke möglich. Eine Situation wie etwa 2020/21 sei jedoch nicht zu erwarten. „Wir sind aus der Pandemie raus, aber die Viren sind noch da“, schloss Prof. Sander die Konferenz.


Dr. Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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