Hochstufung zur Variant of Interest

Was derzeit über den neuen COVID-19-Erreger EG.5 aka Eris bekannt ist

Düsseldorf - 14.08.2023, 12:15 Uhr

Eris weist eine neue Mutation im Spike-Protein auf. (Foto: Iurii Kachkovskyi / AdobeStock)

Eris weist eine neue Mutation im Spike-Protein auf. (Foto: Iurii Kachkovskyi / AdobeStock)


Mit Eris schickt sich eine neue Subvariante des COVID-19-Erregers an, die Vorherrschaft unter den zirkulierenden Virusstämmen zu übernehmen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stufte EG.5 und die weitere Sublinie EG.5.1 jetzt zur „Variant of Interest“ hoch, hält das Public-Health-Risiko aber derzeit für gering.

Eris, das ist der Spitzname, den die jüngste „Variant of Interest“ (siehe Kasten) in der Reihe der COVID-19-Erreger erhalten hat. Eris ist auch der Name der altgriechischen Göttin des Streits und der Zwietracht. In der systematischen Nomenklatur lautet der Name der Virusvariante EG.5 und sie schickt sich an, schnell zur dominierenden unter den aktuellen COVID-19-Fällen weltweit zu werden.

Einteilung von SARS-CoV-2-Varianten durch die WHO

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilt relevante, neu auftretende Varianten des SARS-CoV-2 Virus in drei Kategorien ein

Variant Under Monitoring (VUM) sind Varianten mit einer genetischen Veränderung, die dem Virus einen Wachstumsvorteil bringen könnten, aber für die die Datenlage noch unklar ist.

Variant of Interest (VOI) sind Varianten mit einer genetischen Veränderung, die nachgewiesenermaßen einen Wachstumsvorteil gegenüber anderen zirkulierenden Varianten haben und die sich in mehreren Regionen weltweit ausbreiten.

Variant of Concern (VOC) erfüllen die gleichen Kriterien wie VOI und führen darüber hinaus zu deutlich schwereren Verläufen, belasten Gesundheitssysteme übermäßig stark oder sind mit einer deutlichen Abnahme der Wirksamkeit verfügbarer Impfstoffe verbunden.

In China beträgt der Anteil von EG.5 beziehungsweise der Subsubvariante EG.5.1 bereits 30,6 % der gemeldeten Sequenzen in der Kalenderwoche 32, Tendenz rasch steigend.

EG.5 ist eine weitere Subvariante der Omikron-Variante von SARS-CoV-2. Sie stammt von den Subvarianten XBB.1.9.2 und XBB.1.5 ab. Mittlerweile fanden sich weltweit bereits EG.5-Sequenzen in mehr als 51 Ländern, darunter auch Deutschland. Den höchsten Anteil hat die Subvariante aber in China und den Vereinigten Staaten. Weltweit lag die Prävalenz in der Kalenderwoche 29 bei 17,9 % – nur eine Woche zuvor hatte sie erst bei 7,6 % gelegen.

Damit hat die „neue Evolutionsstufe“ der sich rasch weiterentwickelnden Omikron-Variante erneut einen Wachstumsvorteil gegenüber den bisherigen zirkulierenden Linien entwickelt. Die Reproduktionszahl von EG.5.1 liegt einer als Preprint veröffentlichten Arbeit japanischer Forscher zufolge etwa 1,2-fach über der bislang dominierenden Subvariante XBB.1.5.

Neben dem Wachstumsvorteil wird Eris auch eine neue Immunescape-Fähigkeit zugerechnet.

Neue Mutation im Spikeprotein

Im Vergleich mit ihren Elternlinien XBB.1.9.2. und XBB.1.5 trägt die EG.5-Linie eine neue Mutation im Spike-Protein, die F456L-Mutation. Die Sublinie EG.5.1 trägt noch eine weitere Q52H-Mutation. EG.5.1 macht mehr als 88 % aller gefundenen EG.5-Sequenzen aus.

Zwar steigen in mehreren Ländern mit wachsender EG.5-Prävalenz Fall- und Hospitalisierungszahlen, bislang gibt es laut Informationen der WHO jedoch keine klare Evidenz für einen direkten Zusammenhang. Eine erhöhte Gefahr für die globale Gesundheit sieht die WHO derzeit nicht.

Die Entwicklung der Linie verläuft dabei so rasant, wie das bislang bei Omikron-Subtypen öfter zu beobachten war. Erst am 17. Februar 2023 wurde EG.5 entdeckt, am 19. Juli wurde sie als VUM eingestuft – jetzt am 9. August zur VOI hochgestuft (siehe Kasten). In Deutschland datiert der erste Nachweis auf den 30. März 2023.

Streit über den Einfluss von Eris

In welchem Ausmaß Eris die COVID-19-Pandemie wieder befeuern könnte, darüber entfacht die „Göttin der Zwietracht“ im Internet unter Forschern tatsächlich Streit. Einige Wissenschaftler sehen es etwa mit Sorge, dass besonders die EG.5.1-Sublinie Seren von Patienten mit XBB.1.5 und sogenannten BA.5+XBB.1.5-Durchbruchsseren (das heißt die Patienten hatten eine Infektion mit der Sublinie BA.5 und später noch einmal mit XBB.1.5) entkommen konnte.

Andere Wissenschaftler wie etwa Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, erklärten unter anderem gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt, dass man bei Personen mit Grund- und Boosterimmunisierung wahrscheinlich von einem Basisschutz ausgehen könne. Weitere Forschung sei aber für definitive Aussagen noch notwendig.

Die Einstufung als VOI teilt sich EG.5 nun mit XBB.1.5 und XBB.1.16 (aka Arcturus).

Der aktuelle Anteil der COVID-19-Infektionen in Deutschland unter den akuten Atemwegserkrankungen ist gering. Insgesamt sei die Aktivität akuter respiratorischer Erkrankungen „aktuell auf einem niedrigen Sommerniveau“, berichtet das Robert-Koch-Institut. In der 31. Kalenderwoche läge der Anteil an Rhinoviren unter den untersuchten Proben Erkrankter bei 28 %, der von Parainfluenzaviren bei 12 % und der SARS-CoV-2 bei 4 %. Weitere Viren des Erregerpanels seien in der 31. Kalenderwoche nicht nachgewiesen worden.

Quellen

Weltgesundheitsorganisation. Updated working definitions and primary actions for SARS-CoV-2 variants. 15. März 2023. www.who.int/publications/m/item/updated-working-definitions-and-primary-actions-for--sars-cov-2-variants

Weltgesundheitsorganisation. EG.5 Initial Risk Evaluation. 9. August 2023. www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/09082023eg.5_ire_final.pdf?sfvrsn=2aa2daee_1

Kaku Y et al. Antiviral efficacy of the SARS-CoV-2 XBB breakthrough infection sera against Omicron subvariants including EG.5. bioRxiv 2023. Preprint; doi: https://doi.org/10.1101/2023.08.08.552415 

Focosi D. Twitter-Post vom 9. August 2023. twitter.com/dfocosi/status/1689347595993288705

WHO: Neue SARS-CoV-2-Variante EG.5 könnte für weltweit steigende Fallzahlen sorgen. Meldung des Deutschen Ärzteblatt vom 11. August 2023. www.aerzteblatt.de/nachrichten/145192/WHO-Neue-SARS-CoV-2-Variante-EG-5-koennte-fuer-weltweit-steigende-Fallzahlen-sorgen

Buda Set al. ARE-Wochenbericht KW 31/2023; Arbeitsgemeinschaft Influenza –Robert Koch-Institut. DOI: 10.25646/11674


Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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