Technische Voraussetzungen

Das Digitalgesetz – Wegbereiter für das interprofessionelle Medikationsmanagement?

Berlin - 14.07.2023, 15:15 Uhr

Das Medikationsmanagement lebt vom Zusammenwirken ärztlicher und apothekerlicher Kompetenzen. (Bildquelle: ABDA)

Das Medikationsmanagement lebt vom Zusammenwirken ärztlicher und apothekerlicher Kompetenzen. (Bildquelle: ABDA)


Der Referentenentwurf eines Digitalgesetzes aus dem Hause Lauterbach liegt jetzt den Verbänden zur Stellungnahme vor, darunter auch der ABDA. Ein Punkt dürfte die Standesvertretung der Apotheker:innen besonders freuen: In dem Entwurf ist vorgesehen, die technischen Voraussetzungen für ein interprofessionelles Medikationsmanagement zu schaffen.

Viele Jahre hat es gedauert, im April dieses Jahres war es dann so weit: Die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN) lieferte endlich Ergebnisse. Und diese ließen aufhorchen: Den Beteiligten am ABDA-Prestigeprojekt war es gelungen zu zeigen, dass ein interprofessionelles Medikationsmanagement durch Arzt und Apotheker dazu beitragen kann, die Sterblichkeit unter den Patientinnen und Patienten um 16 Prozent zu reduzieren. Der Jubel war groß, denn mit so einem eindeutigen Resultat hatten auch die Initiatoren nicht gerechnet.

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Gemeinsam sprachen sich Ärzte, Apotheker und die AOK Plus als beteiligte Krankenkasse bei der Präsentation der Evaluationsergebnisse dafür aus, ARMIN zum Vorbild zu nehmen und das Medikationsmanagement bundesweit möglich zu machen. Knapp zwei Monate zuvor hatte die ABDA diese Forderung bereits in ihren Zehn-Punkte-Katalog aufgenommen, den der Gesamtvorstand Ende Februar in Berlin beschloss und der nun als Grundlage für Gespräche mit der Politik dienen soll.

Erster Schritt in Richtung Medikationsmanagement

Jetzt deutet sich an, dass die ABDA zumindest in diesem Punkt Erfolg haben könnte. Inzwischen liegt den Verbänden der offizielle Referentenentwurf für ein Digitalgesetz zur Stellungnahme vor – darin ist auch eine Anpassung des § 342 SGB V vorgesehen, wonach die elektronische Patientenakte (ePA) technisch fit gemacht werden muss, um ein interprofessionelles Medikationsmanagement digital zu unterstützen. Zu diesem Zweck wird ein neuer Absatz 2a geschaffen, der unter anderem regelt, dass arzneimittelbezogene Verordnungs- und Dispensierdaten sowie Daten zu rezeptfreien Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln in der ePA „in semantisch und syntaktisch interoperabler Form“ nutzbar sind und das Erstellen und Aktualisieren des elektronischen Medikationsplans unterstützen können.

Überdies wird mit einem neu gefassten § 355 Absatz 3 SGB V die Kassenärztliche Bundesvereinigung in die Pflicht genommen, die nötigen Festlegungen zu treffen, um „die semantische und syntaktische Interoperabilität für ein digital gestütztes Medikationsmanagement in den informationstechnischen Systemen der Leistungserbringer zu ermöglichen“. Dabei hat sie unter anderem zu berücksichtigen, dass die Verordnungsdaten und Dispensierinformationen elektronischer Verordnungen in strukturierter und interoperabler Form in den von Praxen, Krankenhäusern und Apotheken genutzten Systemen für ein digital gestütztes Medikationsmanagement bereitgestellt werden können.

Ministerium will AMTS verbessern

„Bereits in der ersten Phase soll die elektronische Patientenakte die Etablierung eines modernen, digitalisierten Medikationsmanagements in der Regelversorgung unterstützen“, schreibt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) dazu in der Begründung zum Entwurf. Ziel ist demnach, jenen Versicherten, die über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen gleichzeitig mindestens drei verschreibungspflichtige, systemisch wirkende Arzneimittel anwenden, bei der richtigen Anwendung ihrer Medikation zu helfen und damit zur Steigerung der Arzneimitteltherapiesicherheit beizutragen. „Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung der Gesundheitsversorgung soll das digitale Medikationsmanagement, zusätzlich zu den aktuell geregelten Funktionen, im Rahmen künftiger Gesetze auch um weitere Funktionen, die beispielsweise die erleichterte Einbeziehung arzneimittelrelevanter Vorbefunde ermöglichen, ergänzt und ausgebaut werden.“

Auch wenn damit die ABDA-Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für das bundesweite interprofessionelle Medikationsmanagement noch nicht erfüllt ist: Zumindest stellt das BMG im Entwurf eines Digitalgesetzes die Weichen, um ein digital unterstütztes Medikationsmanagement zu etablieren, an dem die Apotheken ausdrücklich mitwirken sollen. Die Absichtserklärung ist klar – nun darf man gespannt sein, wie die ABDA sich zu den konkret vorgesehenen Regelungen positionieren wird. Bis 2. August hat sie Zeit, um ihre Stellungnahme zum Entwurf abzugeben.


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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