Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

23.10.2022, 07:30 Uhr

Die Erhöhung des Kassenabschlags kommt – hätte dies mehr Streik, mehr Widerstand verhindert? Vielleicht!  (Foto: Alex Schelbert) 

Die Erhöhung des Kassenabschlags kommt – hätte dies mehr Streik, mehr Widerstand verhindert? Vielleicht!  (Foto: Alex Schelbert) 


18. Oktober 2022

Kurz vor knapp entwickeln sich in Sachen Erhöhung des Kassenabschlags noch große Aktivitäten, um eben dies zu verhindern: Wir Apothekers wollen vereinzelt ein bisschen protestieren und am Mittwochnachmittag in vier Bundesländern die Apotheken zusperren. Und der Union ist fünf vor zwölf die grandiose Idee gekommen, schnell noch einen Änderungsantrag zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz einzubringen, mit dem der betreffende Passus gestrichen werden soll. CDU und CSU sehen es nämlich sehr kritisch, die Apotheken in der jetzigen Situation (Inflation und Energiekrise) weiter zu belasten. Mein liebes Tagebuch, ja, Dankeschön liebe Union  für den Änderungsantrag, aber warum ist euch das erst jetzt eingefallen? Bisschen spät, oder?

 

Während SPD, Grüne und FDP mit mehreren Änderungsanträgen zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz Zugeständnisse an Ärzte, Zahnärzte und die Pharmaindustrie machen, bleibt die Ampel knallhart, wenn es um die Belastung der Apotheken geht. Haben denn die Ministerinnen und Minister der betroffenen Länder gar kein Verständnis für die verzweifelte Lage der Apotheken? Und wie käme denn ein Apothekerstreik bei den Landesgesundheitsministerien an? Aus Brandenburg heißt es von Ursula Nonnemacher (Grüne), man habe sich im Bundesrat gegen eine Erhöhung des Kassenabschlags ausgesprochen. Und das Gesundheitsministerium von Schleswig-Holstein (Ministerin Kerstin von der Decken, CDU)  lehnt den Kassenabschlag ebenso ab wie das Saarland (Minister Magnus Jung, SPD): Man dürfe nicht die bestrafen, die in der Pandemie die Stütze der Versorgung waren. Apotheken sollten angemessen vergütet werden. Nur aus dem SPD-geführten Gesundheitsministerium von Hamburg war nichts zu hören, SPD-Gesundheitsministerin Melanie Leonhard wollte sich nicht zum geplanten Apothekenstreik äußern.

 

Der Vorabend des Streiks: Die Apothekers in den vier Bundesländern, die sich zum Streik durchringen konnten (Brandenburg, Schleswig-Holstein, Hamburg und das Saarland), zeigen sich kampflustig. Die Kammern und Verbände gehen davon aus, dass sich bis zu 90 Prozent der Apotheken in diesen Ländern am Streik beteiligen wollen. Es sei eine vollkommen andere Stimmung als beim Streik vor zehn Jahren, als es damals darum ging, das Apothekenhonorar von 8,15 auf nur 8,35 Euro zu erhöhen, so hört man. Denn dieses Mal gehe es darum, eine Leistungskürzung um 23 Cent zu verhindern. Und ja, mein liebes Tagebuch, die Kampfestrompeten waren sogar so laut, dass sie im nordrheinischen Gebiet zu hören waren. Das weckte in letzter Minute auch den Apothekerverein Nordrhein auf, der wiederum seine Mitglieder dazu aufrief, sich am Streik zumindest ein klein bisschen zu beteiligen und – oh Gott, welch drastische Maßnahme – von 11.55 h bis 13 Uhr das Licht in den Apotheken auszumachen. Licht aus statt Schließung – Streik light, so sind sie, die Nordrheiner, mit einer Aktion gleich zwei Fliegen erschlagen: Denn das hätte auch ein Protest  gegen die ständig steigenden Energiekosten sein können. Auch wenn der Streik zu spät kommt: Apotheker Erik Tenberken, Birkenapotheke Köln, hat gerne mitgemacht: Seine elektronische Sichtwahl hinterm HV blieb ausgeschaltet, nur auf zwei Monitoren blendete er einen Text ein. Unter der Überschrift „Wir machen das Licht aus!“ erklärte er der Kundschaft, worum es bei diesem Protest ging. Sein Kommentar dazu: „Die schwarze Sichtwahl wurde gut wahrgenommen. Leider waren die Proteste zu spät und zu schwach, wie Sie bereits richtig geschrieben haben.“



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche 

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Resonanz zum Apothekenstreik

„Großartig, was da passiert ist“

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

12 Kommentare

Mein liebes Tagebuch

von Bernd Haase am 23.10.2022 um 16:53 Uhr

Liebe ADEXA,

Alle Mitarbeiter der öffentlichen Apotheken benötigen eine Zukunftsperspektive.

Die Gehälter, die in den Apotheken gezahlt werden sind auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr wettbewerbsfähig.

Eine notwendige Forderung für die Angestellten in den Apotheken wäre eine Übernahme der Tarifverträge, wie Sie im öffentlichen Dienst für die Mitarbeiter der Klinikapotheken gelten.

Tarifverträge kann man kündigen.

Tarifverhandlungen können scheitern.

Sie müssen keine Tarifverträge akzeptieren, die auf Arbeitgeberseite nicht gegenfinanziert werden.

Es hilft den Angestellten in den Apotheken nicht wenn Ihre Arbeitgeber finanziell ausbluten.

Bitte nehmen Sie den Kampf auf.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Fragen über Fragen

von Karl Friedrich Müller am 23.10.2022 um 10:57 Uhr

passiert noch was?
wird geklagt? Eine echte Begründung für die Erhöhung des Kassenabschlags gibt es nicht. Zudem müsste die Regierung auf die schlechte Lage reagieren und das Honorar anpassen?
Sind wir beim Hartz4 angekommen? Die Begründung lässt es vermuten. Bekommst Du irgendwoher Geld, wird es Dir beim Honorar abgezogen. Das ist Abstrus. Wir haben die geforderte Leistung erbracht, sind gemäß Vereinbarung bezahlt worden und nun will man das Geld zurück? Ich sag hier nurn mal Maskendeals! Geld zurück.!
Überhaupt ließe sich das hervorragend auf die Nebeneinkünfte der Politiker anwenden. Da bekämen einige keine Diäten mehr. Das ist problematisch. SInd solche Abgeordnete überhaupt noch dem Staat verpflichtet? oder stellen die Diäte nur noch ein zusätzliches Taschengeld dar? (wie sind Lindners Immobiliengeschäte zu bewerten?)
Wieso sollen ausgerechnet Apotheken für das Defizit der KK bezahlen und sonst niemand? Hersteller vielleicht noch?
Wie hoch ist das Defzit wirklich?
Wieso bezahlt der Staat nicht die Kosten, die er den Kassen aufgeladen hat? Gäbe es dann überhaupt ein Defizit?
Heißt doch, dass die Falschen belastet werden.Der Staat, Herr Lauterbach machen es sich bequem. wie so oft.
Man könnte die Beitagsgrenzen anheben oder völlig aufheben. Alle Einkommen heranziehen. Damit würde der Beitragssatz massiv sinken. Früher war das Weihnachtsgeld weitgehend beitragsfrei.
Die Angesteellten werden nun voll belastet. Warum nur die? wo es doch bei anderen viel mehr zu holen gibt? Ungerecht:

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

ABDA! tun Sie was!

von Dr. Radman am 23.10.2022 um 10:37 Uhr

… und was gedenkt die ABDA jetzt zu tun?. Einfach so hinnehmen? Das wäre erbärmlich. So geht es nicht weiter.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: ABDA! tun Sie was

von Anita Peter am 23.10.2022 um 10:45 Uhr

"und was gedenkt die ABDA jetzt zu tun?"

Nichts.

"Einfach so hinnehmen?"

Natürlich, auch die ABDA will die Apothekenzahl massiv reduzieren.

Großartig, was da passiert ist!

von Ulrich Ströh am 23.10.2022 um 9:35 Uhr

Es stellen sich nach der Arbeitsniederlegung einige Fragen :
Warum wurde die ADEXA nicht mitgenommen?

Warum schreibt die ADEXA : Zu wenig , zu spät ..?

Nordrhein machte das Licht in Apotheken kurz an und aus,in Berlin und Bayern passierte am Streiktag wenig bis nichts und in Itzehoe wurde ein Zelt aufgebaut..
Gewollte Vielfalt oder völlig unkoordiniert ohne zentrale Streikbotschaft?

Großartig, was da passiert ist ! ! !So die Kommentierung führender Verbandsvertreter!
Wirklich?

Resultat am Donnerstag:
Verabschiedung des Apothekenspargesetzes durch den Bundestag und keine Beachtung in überregionalen Medien!

Respekt habe ich vor den Kollegen, die sich am Mittwochnachmittag vor ihre Apotheken gestellt haben und nicht nur abgeschlossen haben .

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Protest

von Conny am 23.10.2022 um 9:01 Uhr

Der nächste knallharte Protest steht nach meinen Insiderinformationen kurz bevor: keine Grippeimpfung am Sonntag

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Realitätsverlust

von Linda F. am 23.10.2022 um 8:59 Uhr

Diese Woche wurde ein Gesetz verabschiedet, dass die Apotheken völlig ungerechtfertigt brutal hart trifft und tausende Apotheken in akute wirtschaftliche Bedrängnis bringt. Und hier im Tagebuch spricht man fast nur vom E-Rezept… Thema verfehlt!

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Realitätsverlust

von Peter Ditzel am 23.10.2022 um 10:11 Uhr

Hallo, Linda F., möglicherweise haben Sie nur den Tagebucheintrag vom 18. 10. gesehen. Schauen Sie doch mal die Einträge an den weiteren Tagen an... Schönen Sonntag.

AW: Realitätsverlust

von Karl Friedrich Müller am 23.10.2022 um 10:24 Uhr

DAZ und Ditzel stehen zu 100% hinter Frau O und der ABDA. Vollkommener Realitätsverlust und Kritiklosigkeit.
DAV und ABDA waren gegen den Streik, man Rat nur als ob, um die Gemüter etwas zu beruhigen. Nun kommen noch ein paar Allgemeinplätze und hofft dann, dass die Sache beerdigt ist.
Beerdigt ist allenfalls die Motivation bei einigen. Die anderen laufen halt schneller im Hamsterrad, noch nach Apothekerart. Nur, ob das die Mitarbeiter/innen so mitmachen, ist die Frage.
Der Kassenabschlag alleine bringt uns nicht um. Es ist hat eine Ohrfeige, eine Ungerechtigkeit und mangelnde Wertschätzung. Was uns umbringt, ist die Summe der Kostensteigerungen mit gestrichenen Rabatten und eben des Kassenabschlags. Wir sind am Ende der Leiter und können nichts weitergeben.
Die Krankenhäuser drohen mit weniger Leistungen in vergleichbarer Lage. Von uns kommt nichts, nur die Anfrage, was wir noch ohne Bezahlung tun können.
Die ABDA UND DAV müssen komplett zurücktreten.

.

von Anita peter am 23.10.2022 um 7:41 Uhr

"Was lernen wir daraus?"

Was hat die ABDA aus den Mißerfolgen der letzten 20 Jahre gelernt? Genau. Nichts. Ohne Lernfähigkeit und Chuzpe geht die Reise eben weiter...

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: .was lernen wir daraus 2:

von Dr.Diefenbach am 23.10.2022 um 9:32 Uhr

---Solange das SO abläuft, wird eine Aktion der Praxis NIE richtige Erfolge bringen,weder Hessen noch Bayern uä.haben doch reagiert, vereinzelte Aktionen nimmt das politische Geschäft nicht wahr,dies ist doch inzwischen bekannt.Es hilft nur die gesamte !!!! Gruppe, und DIE wird es niemals geben.Und die Geschichte mit Herrn Habeck,also wie peinlich ist das denn?Da wird doch die praktische Pharmazie nicht (mehr) ernst genommen.So ist es halt bei Apothekers,Ganz "oben" das bloss nie irgendwo anecken -feeling,die Basis ist ZU RECHT nur noch verärgert.Und dass nicht viel mehr KollegInnen nach der KERNSTRUKTUR des Ganzen fragen,wundert mich.Ich höre und hörte ja immer:Die Hinterzimmerdebatten sind viel effizienter.DAVON ist NICHTS übrig.Alles Andere wäre ein Wunder..

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.