BPhD-Kolumne

Klima und Umwelt: Von der Pharmazeutischen Lehre bis in die Offizin

28.02.2022, 09:15 Uhr

Pharmazie und Nachhaltigkeit müssen Hand in Hand gehen, meint Volker Regner vom BPhD. (Foto: BPhD)

Pharmazie und Nachhaltigkeit müssen Hand in Hand gehen, meint Volker Regner vom BPhD. (Foto: BPhD)


Die Klimakrise auch als Gesundheitskrise zu verstehen, sollte nach dem Studium eine Selbstverständlichkeit sein, findet Volker Regner, Beauftragter für Public Health beim Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD). Er fordert daher, diesem Themenkomplex in der Lehre mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

„Suchen Sie sich das Szenario aus, das Ihnen gefällt, und fangen Sie an daran zu arbeiten, die Werkzeugkiste ist voll.” Diese Worte gab der Bestseller-Autor Frank Schätzing auf dem 14. Zukunftskongress öffentliche Apotheke des Apothekerverbands Nordrhein den Zuhörer*innen mit, nachdem er auf Worst-Case- und Best-Case-Szenarien des Klimawandels eingegangen war. In seinem bekannten Buch „Der Schwarm“ beschreibt er auf fesselnde Art, wie sich die Natur systematisch gegen den Menschen wendet. Wenn wir auf aktuelle Statistiken und Ereignisse der vergangenen Jahre schauen, wird bewusst, dass die Fantasien des Science-Fiction-Autors von der Realität eingeholt werden. Der Klimawandel kündigt sich bei uns in Mitteleuropa durch die steigendende Anzahl an Hitzetoten und verheerende Umweltkatastrophen an.

Auch an der Pharmazie ist das Thema Klimawandel in den vergangenen Jahren nicht spurlos vorbeigezogen. Verschiedene Projekte, auch von Apotheker*innen, verdeutlichen eine gesteigerte Aufmerksamkeit für die Auswirkungen des Gesundheitssektors auf die Klimaveränderung. Im Februar 2020 startete zum Beispiel die Initiative „Zeichen setzen! – Klimaneutrale Apotheken“ der Noventi und auch der Deutsche Apothekertag 2022 soll unter dem Motto „Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit“ stattfinden. Auf die Reichweite von Apotheken und ihre Möglichkeiten, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, weist Apothekerin Esther Luhmann (VdPP) in Ihrem Buch „Die Nachhaltige Apotheke“ hin.

Als Studierendenverband haben wir uns die Frage gestellt, wie es beim Nachwuchs aussieht. Dafür haben wir gemeinsam mit den Pharmacists for Future im Sommer die Umfrage „Klima und Umwelt in der pharmazeutischen Lehre“ durchgeführt. Alle Pharmaziestudierenden, Pharmazeut*innen im Praktikum und Jungapprobierte in Deutschland konnten an der Umfrage teilnehmen. Die Ergebnisse sind auf den ersten Blick ernüchternd. 360 auswertbare Antworten bei allein knapp 13.000 Studierenden, da kommt man ins Grübeln. Ein so präsentes Thema und das Resultat nicht repräsentativ? Bei unserer Umfrage zu Beruf und Studium 2019 waren es mehr als 2.000 Teilnehmende. Das Thema hat damals anscheinend viele berührt.

Eine Erklärung könnten auch fehlende Berührungspunkte sein: die Zusammenhänge zwischen Umweltschutz, Klimawandel und Pharmaziestudium wurden eventuell nicht gesehen. Die Strukturformel von Diclofenac allein, auch wenn man sie noch so schön zeichnen kann, vermittelt noch kein Bewusstsein für den Schaden, den das Analgetikum in Gewässern anrichtet. Zusammenhänge dieser Art werden leider viel zu selten vermittelt, obwohl es ein Leichtes wäre, solche Fakten in die Vorlesung einzubauen. Ein Fach Klima und Umwelt ist vielleicht in der Pharmazie übertrieben, doch ein paar Details in manchen Vorlesungsfolien können viel verändern, ohne unsere umfangreiche Ausbildung zu sprengen.

Pharmazie muss mit der Zeit gehen

Denn einen wichtigen Aspekt haben die Ergebnisse unserer aktuellsten Umfrage gezeigt: Klima- und Umweltthemen, die in der Lehre behandelt wurden, bekamen von den Teilnehmenden eine größere Bedeutung und Wichtigkeit zugeordnet. Diese Themen in unsere Ausbildung an allen Standorten einzuführen, scheint also sinnvoll, um gerade als naturwissenschaftlicher Studiengang mit der Zeit zu gehen.

Was für eine Chance, dass unsere Approbationsordnung gerade novelliert werden soll. Der Einzug von Nachhaltigkeitsthemen und Umweltproblematiken ins Studium sollte ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Wünschenswert ist es auf jeden Fall. Es geht längst nicht mehr ausschließlich um die Verhinderung des Klimawandels. Zukünftige Approbierte müssen vorbereitet sein auf höhere Temperaturen in Betriebsräumen, mehr Hitzeunfälle und den Anstieg von Allergieerkrankungen. Die Klimakrise auch als Gesundheitskrise zu verstehen, sollte nach dem Studium eine Selbstverständlichkeit sein.

Chance durch hohe Zahl der Patientenkontakte

Verstärktes Engagement von Apotheker*innen klingt vielleicht wie der Tropfen auf den heißen Stein, verglichen mit den Emissionen von Landwirtschaft und Energieerzeugung. Doch bei etwa 3,3 Millionen Patient*innenkontakten pro Tag und einem hohen Ansehen in der Bevölkerung ist der Einfluss aus der Offizin nicht zu unterschätzen. Es gilt zudem, den Klimaschutz als Chance zu betrachten. Manche Apotheken gehen mit gutem Beispiel voran und sind bereits klimaneutral. In einer Zeit, in der Begriffe wie „Planetary Health“, oder „Global Health“ immer mehr Bedeutung und Bekanntheit gewinnen, ist es notwendig, dass sich Apotheker*innen als Teil dieses Systems sehen. Denn als jetzige und zukünftige Pharmazeut*innen liegt uns die Gesundheit der Patient*innen am Herzen – und diese ist durch den Klimawandel zunehmend in Gefahr.



Volker Reger, Bundesverband Pharmaziestudierender in Deutschland e. V. (BPhD)
redaktion@daz.online


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