BMG vs. KBV

Wie viel Impfstoff bekommen die Arztpraxen?

Berlin - 14.04.2021, 14:45 Uhr

Die Vertragsärzte hätten gerne mehr Biontech-Impfstoff in ihren Praxen. (Foto: IMAGO / Jochen Eckel)

Die Vertragsärzte hätten gerne mehr Biontech-Impfstoff in ihren Praxen. (Foto: IMAGO / Jochen Eckel)


Die Vertragsärzte beschweren sich, gegenüber den Impfzentren benachteiligt zu werden: Zunächst den Arztpraxen zugesagte Impfdosen der Biontech-Vakzine würden nun in den Zentren landen. Das Bundesgesundheitsministerium weist die Kürzungsvorwürfe zurück. Schließlich gibt es ja AstraZeneca.

Schon in der vergangenen Woche warnten die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Kassenärztliche Vereinigungen davor, den Praxen versprochene Impfdosen in die Impfzentren umzuleiten. Nun legt KBV-Chef Andreas Gassen nach: „Den Praxen werden in den kommenden Wochen viel weniger Biontech-Dosen zugewiesen als versprochen, weil der Impfstoff offensichtlich vorrangig an die Impfzentren geht“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom heutigen Mittwoch. „Die Zuteilung für die Hausärzte wurde halbiert. Daher wächst bei den niedergelassenen Ärzten die Sorge, dass sie in den kommenden Wochen eher weniger als mehr am Impfgeschehen teilhaben können.“

Zwar räumt Gassen auch ein, dass die Impstoffmengen insgesamt etwa gleich blieben: Aufgefüllt wird ab nächster Woche bekanntlich mit der AstraZeneca-Vakzine. „Aber das wird so nicht aufgehen“, sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende. „Wenn die Impfzentren komplett den vergleichsweise unproblematischen Impfstoff erhalten, die Praxen aber den umstrittenen, der zumal den Unter-60-Jährigen nicht gespritzt werden darf, wird die Impfkampagne massiv ins Stocken geraten. Das darf nicht passieren!“

Tatsächlich hat sich diese Woche gezeigt, dass manche Praxen gar keinen AstraZeneca-Impfstoff bei den Apotheken bestellen wollten. Dennoch blieb es bei der Vorgabe: Die Bestellung ist nur generisch möglich – oder gar nicht.

Gassen: Praxen könnten wöchentlich fünf Millionen Menschen impfen

Gassen mahnt: Wenn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seine Zuteilungsstrategie nicht wieder ändere, gerate die Herdenimmunität in weite Ferne. Die Lieferreduzierungen in dieser und der kommenden Woche ließen „das Schlimmste befürchten“. Dabei könnten die Praxen bis zu fünf Millionen Menschen pro Woche impfen.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wies die Kritik umgehend zurück: „Anders als von manchem behauptet, werden die Impfstoff-Lieferungen an die Arztpraxen nicht halbiert“, teilte ein Sprecher am Mittwochmorgen mit. Die Impfstoffmenge steigere sich vielmehr stetig. „Außerdem war immer klar, dass nach zwei Wochen die Praxen Impfstoffe unterschiedlicher Hersteller bekommen.“ Das habe die KBV auch selbst in ihrer Praxis-Information vom 24. März kommuniziert.

Schwierige Prognosen zu Liefermengen

Tatsächlich sind die Prognosen offensichtlich schwierig. Einer Übersicht des BMG vom 14. April zufolge gingen in der laufenden Woche gut eine Million Biontech-Dosen an die Arztpraxen. In der kommenden Woche sollen es rund 462.000 Dosen Biontech und gut 554.000 Dosen AstraZeneca sein, in der letzten Aprilwoche (KW 17) dann 1,16 Millionen Dosen Biontech und 343.000 Dosen AstraZeneca (insgesamt 1,5 Millionen Dosen). Am 8. April hatte die ohnehin vorbehaltliche Lieferprognose noch geringfügig mehr versprochen, nämlich gut 463.000 Dosen Biontech und 568.000 AstraZeneca für die 16. Kalenderwoche. Für die Woche darauf waren den Arztpraxen zu diesem Zeitpunkt noch insgesamt 1,7 Millionen Dosen in Aussicht gestellt worden. Daten für Mai liegen bisher öffentlich nicht vor.

Wie viel die Praxen verimpfen

Indessen läuft die zweite Impfwoche in den Arztpraxen langsamer an als die erste. Nachdem am 8. April ein Höhepunkt erreicht war – 325.502 Impfdosen wurden in Arztpraxen verabreicht – waren es am gestrigen Dienstag etwas weniger als 200.000 Dosen. Damit stehen in der laufenden Woche noch mehr als 765.000 Impfdosen zur Verabreichung in den Praxen zur Verfügung – und diese Woche ist es noch ausschließlich Comirnaty von Biontech, der lediglich fünf Tage bei Kühlschranktemperatur aufbewahrt werden kann.

Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Zi Data Science Lab Quelle: RKI und KBV

Aber auch in den Impfzenten läuft es nicht rund mit den Lieferungen. So werden in Brandenburg wegen Engpässen die Erstimpfungen mit Biontech und Moderna auf Null gefahren: „Wir werden keine Erstimpfungstermine mehr herausgeben, um wenigstens – soweit es irgend geht – mit den vorhandenen Biontech- und Moderna-Dosen die Kompensation der Zweitimpfungen zu AstraZeneca durchhalten zu können“, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am heutigen Mittwoch in einer Sitzung von Gesundheits- und Innenausschuss des Landtags. „Das wird so eng werden, dass wir nach Stand jetzt nicht unbedingt in der Lage sind, das zu erreichen.“



Kirsten Sucker-Sket / dpa
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Corona-Impfstoffe

Auch Kürzungen bei Moderna

Herausfoderung für die Logistik

Rechenspiele um Impfstoff-Nachschub

Biontech/Pfizer-Impfstoff

Kürzungen um mehr als die Hälfte

Belieferung der Hausarztpraxen funktioniert – jetzt muss die Zahl der Impfdosen steigen

COVID-19-Impfungen nehmen langsam Fahrt auf

Biontech/Pfizer-Vakzine wird bevorzugt eingesetzt / Moderna befürchtet Probleme bei der Belieferung über Großhandel

Welche Impfstoffe gibt es bei den Hausärzten?

COVID-19-Impfstoffbestellung

Es gibt wieder Höchstmengen für Comirnaty

1 Kommentar

Impfflicht und Impfstoff

von Horst Boog am 22.04.2021 um 11:25 Uhr

Um Covid-19 Herr zu werden ist eine gestzliche Impfflicht für alle erforderlich und eine freie Auswahl des Impfstoffes.
Nur so ist es möglich den Virus auszurotten!
Horst Boog

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.