Stiftung Warentest

Bei Depression: Johanniskrautpräparate nur aus der Apotheke

Stuttgart - 26.10.2020, 13:45 Uhr

Johanniskrautpräparate zur Behandlung einer leichten Depression sollten nur als apothekenpflichtige Arzneimittel eingesetzt werden. (Foto: Axel Bueckert / stock.adobe.com)

Johanniskrautpräparate zur Behandlung einer leichten Depression sollten nur als apothekenpflichtige Arzneimittel eingesetzt werden. (Foto: Axel Bueckert / stock.adobe.com)


Freiverkäufliche Mittel: keine Sorge bei Pyrrolizidinalkaloiden - und dennoch nicht empfehlenswert

Bei Schadstoffen waren die Hersteller der rezept-, apothekenpflichtigen und freiverkäuflichen Johanniskrautpräparate durchaus gut: Stiftung Warentest fand keine oder sehr geringe bis geringe Mengen an Pyrrolizidinalkaloiden. Keine PA konnten in den Johanniskrauttees von Sidroga und H&S festgestellt werden, auch nicht im Schoeneberger Heilpflanzensaft mit Johanniskraut. Dennoch sind diese Johanniskrautpräparate nach Einschätzung von Stiftung Warentest nicht empfehlenswert – ebenso wenig alle übrigen freiverkäuflichen Johanniskrautpräparate. Der Grund: „Sie sollen bei geistiger Erschöpfung, nervöser Unruhe und Schlafstörungen helfen, ihre Wirksamkeit ist dafür aber nicht ausreichend belegt“, erklärt Warentest. Sie seien anders zusammengesetzt (Presssaft, getrocknete Pflanzenteile) als Arzneimittel (Trockenextrakt) und niedriger dosiert. Mit dabei sind, neben den oben genannten Tees und dem Heilpflanzensaft, Produkte von Bombastus, Kneipp, dm oder Tetesept.

Daumen hoch für Arzneimittel

Zu einer positiven Bewertung kommt Stiftung Warentest bei apotheken- und rezeptpflichtigen Arzneimitteln: Diese Präparate sind demnach geeignet bei depressiven Episoden. Nachgewiesen wurden ihre Wirkungen in Studien, die den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisgrad wiedergeben. Apothekenpflichtige Arzneimittel, wie Felis®, Hyperforat®, Jarsin® (300 mg und 450 mg), Neuroplant® aktiv, Laif® 900 Balance und Neuroplant® Novo, werden bei leichten vorübergehenden depressiven Störungen eingesetzt. Verschreibungspflichtige Arzneimittel – Jarsin® Rx, Neuroplant®, Laif® 900 – kann der Arzt bei leichten bis mittelschweren depressiven Phasen verordnen. Auch hier prüfte Stiftung Warentest den Pyrrolizidinalkaloidgehalt: Bei den Rx-Arzneimitteln enthielten Jarsin® und Neuroplant® die geringsten Mengen, bei den apothekenpflichtigen Felis®, Hyperforat®, Jarsin® (300 mg und 450 mg) und Neuroplant® aktiv.

Wechselwirkungen beachten

Für alle Johanniskrautpräparate ist eine sorgfältige Beratung in der Apotheke erforderlich. Johanniskraut kann als Induktor von CYP-450-Enzymen die Verstoffwechselung anderer Arzneimittel beschleunigen und deren Wirksamkeit verringern. Dies kann bei oralen Kontrazeptiva der Fall sein und auch bei manchen Antidepressiva. Manchmal möchten Patienten die Wirkung ihrer verordneten Antidepressiva unterstützen, indem sie Johanniskraut einnehmen. Unter Umständen erreichen sie damit jedoch nur, dass beispielsweise das verordnete Amitriptylin schneller abgebaut wird und weniger wirkt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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