Pflanzenporträt

Stimmungsaufheller Johanniskraut

Hamburg - 26.02.2018, 11:00 Uhr

Zu den maßgeblichen Inhaltstoffen des Johanniskrauts zählen Hypericin und Hyperforin, die wohl für die antidepressive Wirkung verantwortlich sind. (Foto: Ingo Bartussek / stock.adobe.com)
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Zu den maßgeblichen Inhaltstoffen des Johanniskrauts zählen Hypericin und Hyperforin, die wohl für die antidepressive Wirkung verantwortlich sind. (Foto: Ingo Bartussek / stock.adobe.com)


In der Selbstmedikation wird Johanniskraut bei leichten vorübergehenden depressiven Verstimmungen eingesetzt. Welche Hinweise bei der Abgabe nicht fehlen sollten und worauf es zu achten gilt, lesen Sie in folgendem Heilpflanzenporträt.

Das Echte Johanniskraut (Hypericum perforatum) kommt in Europa und Westasien vor. Es wächst bevorzugt an Weges- und Wiesenrändern, in lichten Wäldern und auf Ödland. Die mehrjährige, bis zu einem Meter hoch wachsende Staude gehört zu den Johanniskrautgewächsen (Hypericaceae). Die leuchtend gelben Blüten mit ihren vorstehenden Staubblättern sind in vielblütigen Rispen angeordnet und zeigen sich von Juni bis September. Die Blätter sitzen gegenständig am verzweigten, zweikantigen Stängel und sind mit Drüsen durchsetzt, die als kleine durchscheinende Punkte auf der Oberfläche erkennbar sind. 

Wirksame Inhaltsstoffe: Hypericin und Hyperforin 

Pharmazeutisch wird das Kraut (Hyperici herba) verwendet, also alle Pflanzenteile außer der Wurzel. Zu den maßgeblichen Inhaltstoffen zählen insbesondere Hypericin – auf das viele Pflanzenauszüge standardisiert werden – und Hyperforin. Zusammen mit anderen Inhaltsstoffen wie Flavonoiden und Procyanidinen sind sie wohl für die antidepressive Wirkung verantwortlich. 

Die stimmungsaufhellende Wirkung kommt durch die Regulation des aus dem Gleichgewicht geratenen Neurotransmitterstoffwechsels zustande. Für Hyperforin beispielsweise konnte eine unselektive Wiederaufnahmehemmung von Serotonin, Noradrenalin, GABA sowie schwächer von Glutamat nachgewiesen werden. 

Pflanzliches Antidepressivum

Johanniskraut wird bei leichten bis mittelschweren depressiven Episoden eingesetzt (siehe Tabelle 1). Im Rahmen der Selbstmedikation lassen sich leichte vorübergehende depressive Verstimmungen mit den standardisierten Extrakt-Präparaten behandeln. Bei mittelschweren bis schweren Verläufen sollte ein Arzt aufgesucht werden. Dieser kann beispielsweise ein verschreibungspflichtiges Johanniskraut-Präparat oder ein chemisches Antidepressivum verordnen.

Bei der Abgabe des pflanzlichen Antidepressivums sollten mögliche Interaktionen im Auge behalten und dem Kunden einige wichtige Hinweise mit auf den Weg gegeben werden. 

Tab.1: Monopräparate mit Johanniskraut (Beispiele)

Präparat Wirkstoff Indikation Stärke Dosierung (Erwachsene)
apotheken-pflichtig
Felis® Hartkapseln / Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt leichte vorübergehende depressive Störungen

425mg

650mg

2x1 Kapsel

2x1/2 Filmtablette

Hyperforat® Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt leichte vorübergehende depressive Störungen 250mg 2-3x1 Filmtablette
Hypericum Stada® Hartkapseln Johanniskraut-Trockenextrakt leichte vorübergehende depressive Störungen 425mg 2x1 Kapsel
Jarsin® überzogene Tabletten / Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt leichte depressive Episoden/leichte vorübergehende depressive Störungen

300mg

450mg

750mg

3x1 Tablette

2x1 Tablette

2x1/2 Tablette

Johanniskraut 1A Pharma® Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt leichte vorübergehende depressive Störungen 650mg 2x1/2 Filmtablette
Johanniskraut AL® Hartkapseln Johanniskraut-Trockenextrakt leichte vorübergehende depressive Störungen 425mg 2x1 Kapsel
Laif® 900 Balance Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt leichte vorübergehende depressive Störungen 900mg 1x1 Tablette (morgens)
Neuroplant® aktiv Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt leichte vorübergehende depressive Störungen (leichte depressive Episoden) 600mg 1x1 Tablette (morgens)
verschreibungs-pflichtig
Jarsin® Rx überzogene Tabletten Johanniskraut-Trockenextrakt mittelschwere depressive Episoden 300mg 3x1 Tablette
Laif® 900 Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt leichte bis mittelschwere depressive Episoden 900mg 1x1 Tablette
Neuroplant® Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt leichte bis mittelschwere depressive Episoden (Störungen) 600mg 1x1 Tablette (morgens)

Achtung, Wechselwirkungen!

Die möglichen Wechselwirkungen sind zahlreich: Als CYP3A4-Induktor kann Johanniskraut die Wirksamkeit von Arzneimitteln verringern, die über dieses Enzym verstoffwechselt werden. Dazu gehören neben Immunsuppressiva wie Ciclosporin unter anderem auch HIV-Proteaseinhibitoren (z.B. Indinavir), Zytostatika wie Imatinib und Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ (z.B. Phenprocoumon). Zudem kann es zu einer reduzierten Wirksamkeit von oralen Kontrazeptiva kommen – ein wichtiger Hinweise für Frauen im gebährfähigen Alter, die mit der Pille verhüten. Bei bestehender Therapie mit Psychopharmaka ist Johanniskraut kontraindiziert.

 

Wird ein Johanniskraut-Präparat gewünscht oder empfohlen, sollte die Frage nach der Einnahme weiterer Arzneimittel also keinesfalls fehlen und im Zweifelsfall ein Interaktionscheck durchgeführt werden.

Wichtige Beratungshinweise

Die Kunden sollten darauf hingewiesen werden, dass Präparate mit Johanniskraut-Trockenextrakt nicht ab der ersten Tablette oder Kapsel wirken. Das Wirkmaximum entfaltet sich erst nach einer Latenzzeit von zwei bis vier Wochen. Dafür ist eine ausreichend hohe Dosierung (etwa 750-900mg Trockenextrakt pro Tag, Packungsbeilage beachten!) notwendig. Als mögliche Nebenwirkung sollte der fotosensibilisierende Effekt angesprochen werden. Übermäßige Sonnenbestrahlung, beispielsweise durch lange Sonnenbäder oder einen Besuch im Solarium, sind unter der Therapie zu vermeiden. 

Johanniskraut in Kombipräparaten

Neben verschiedenen Monopräparaten zur Therapie von leichten vorübergehenden depressiven Störungen gibt es auch eine Reihe von Kombipräparaten mit verschiedenen Indikationen: Ein Mittel mit Johanniskraut, Baldrian und Passionsblume nennt als Anwendungsgebiet leichte depressive Episoden mit nervöser Unruhe, eine Kombination aus Johanniskraut und Baldrian ist bei leichten vorübergehenden depressiven Störungen in Verbindung mit nervöser Unruhe und nervös bedingten Einschlafstörungen indiziert (siehe Tabelle 2).

In Remifemin® plus ist Johanniskraut mit Traubensilberkerzenwurzelstock kombiniert. Das Arzneimittel richtet sich an Patientinnen mit Wechseljahresbeschwerden, bei denen seelische Beschwerden stärker ausgeprägt sind. 

Tab.2: Kombipräparate mit Johanniskraut (Beispiele)

Präparat Wirkstoff Indikation Stärke Dosierung (Erwachsene)
Remifemin® plus Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt / Traubensilberkerzen-wurzelstock-Trockenextrakt Beschwerden im Klimakterium wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche, depressive Verstimmungs-zustände und psychovegetative Störungen (...)

entspricht Hypericin 0,25mg/27-Deoxyactein 1mg

2x1 Tablette, bei Bedarf 2x2 Tabletten
Neurapas® Balance Filmtabletten Johanniskraut-Trockenextrakt / Baldrianwurzel-Trockenextrakt / Passionsblumen-Trockenextrakt leichte depressive Episoden mit nervöser Unruhe 60mg/28mg/32mg 3x2 Tabletten
Sedariston® Konzentrat Hartkapseln Johanniskraut-Trockenextrakt / Baldrianwurzel-Trockenextrakt leichte vorübergehende depressive Störungen mit nervöser Unruhe und nervös bedingten Einschlafstörungen 100mg/50mg 4x1 oder 2x2 Kapseln

Annette Lüdecke (lue), Apothekerin, Autorin DAZ.online
teamschulung@deutscher-apotheker-verlag.de


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