Maag, Gabelmann, Aschenberg-Dugnus, Schulz-Asche, Spangenberg

Welche Botschaften hätten die Politiker zum Apothekertag mitgebracht?

Berlin - 08.10.2020, 15:30 Uhr

(Fotos: Die Linke | Grüne | Metodi Popow || Christian Thiel / imago images)

(Fotos: Die Linke | Grüne | Metodi Popow || Christian Thiel / imago images)


Normalerweise wäre der Deutsche Apothekertag jetzt in vollem Gange – doch wegen der Coronavirus-Pandemie konnten die Delegierten nicht wie geplant in München zusammenkommen. Auch der Austausch mit der Bundespolitik fiel dem Virus weitgehend zum Opfer. So ganz unbehelligt wollte DAZ.online die für den Apothekenmarkt zuständigen Abgeordneten der Bundestagsfraktionen jedoch nicht davonkommen lassen. Lesen Sie hier die Botschaften der Gesundheitspolitiker an die Apotheker.

Karin Maag (CDU), gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag:

„In der Corona-Pandemie haben wir einmal mehr gemerkt, wie sehr wir eine flächendeckende Apothekenlandschaft brauchen: Vor allem die Eigenherstellung fehlender Desinfektionsmittel war unentbehrlich. Viele Apotheker waren bereit, unbürokratisch ihre Öffnungszeiten auszudehnen, um in den Fragen, welche die Kunden in der andauernden Pandemie im Medikamentenbereich beschäftigten, zu beraten. Auch durch den Ausbau des Botendienstes haben die Apotheker ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise geleistet.

Karin Maag (Foto: privat)

Ganz klar bleiben unsere Apotheken vor Ort also ein wesentlicher Baustein in der Gesundheitsversorgung. Nur hier, und das betone ich nicht zum ersten Mal, wird die verlässliche Versorgung mit Medikamenten kombiniert mit den Nacht- und Notdiensten und vor allem der persönlichen Beratung. Das ist unersetzlich! Und ich teile deshalb die Empörung unserer inländischen Apothekerschaft über das Ungleichgewicht, das seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes besteht. Wir achten das Europarecht, aber wir können nicht akzeptieren, dass ausländische Versandapotheken (die sich nicht an den Notdiensten beteiligen müssen) ihren Medikamentenabgabepreis frei festlegen und Rabatte gewähren, während unsere heimischen Apotheker an die Festpreise gebunden sind.

Deswegen haben wir jetzt das Apothekenstärkungsgesetz ins parlamentarische Verfahren gebracht. Hier bin ich ganz ehrlich: Ich weiß, dass viele sich mehr wünschen, auch ich mache für mich selbst keinen Hehl daraus – aber wir müssen uns auf das beschränken, was europarechtlich möglich ist. Deswegen sehen wir – sanktionsbewehrt – vor, dass der einheitliche Apothekenabgabepreis erhalten bleibt und regeln das über die Rahmenvereinbarungen nach § 129 Absatz 2 SGB V. Der Botendienst wird verstetigt und dauerhaft vergütet. Ich danke Ihnen, wenn Sie unser Gesetzesvorhaben unterstützen.“

Gabelmann: Apotheken vor Ort brauchen klares Bekenntnis 

Sylvia Gabelmann, arzneimittelpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag:

„Was zeichnet eine moderne Arzneimittelversorgung durch eine zukunftsfähige Apotheke aus? Die Apotheke vor Ort trägt zum Schutz der Patientinnen und Patienten wesentlich zur Arzneimittelsicherheit bei, sie fördert einen rationalen Gebrauch von Arzneimitteln und sie arbeitet interprofessionell sowie regional verankert mit anderen Heilberufen zusammen. Im Notfall, nachts und an Wochenenden bietet sie den Patientinnen und Patienten schnelle Hilfe, inklusive guter Beratung.

Sylvia Gabelmann (Foto: Die Linke)

All das kann der Versandhandel nicht leisten! Und darum brauchen wir eine effektive Stärkung der Vor-Ort-Apotheken. Das VOASG allerdings wird seinem Namen nicht gerecht und versagt hier. Sicher, den Apotheken werden zusätzliche Honorare versprochen für erweiterte Aufgaben. Dagegen spricht nichts.

Aber ein Boni-Verbot, das für Privatversicherte und Selbstzahler nicht gilt und auch noch weitere Schlupflöcher und Regelungsdefizite bei Selektivverträgen vorsieht, das ist Murks! Zudem ist dieser Gesetzentwurf weiterhin stark gefährdet, in Brüssel einkassiert zu werden. Aber vielleicht wäre das dem Gesundheitsminister Spahn insgeheim gar nicht unlieb.

Aus Sicht der Linksfraktion gibt es nur eine überzeugende Alternative: Ein klares und konsequentes Rx-Versandverbot – wie es drei Viertel aller EU-Mitgliedsstaaten übrigens auch haben. Nur so sind die Vor-Ort-Apotheken gegen den bevorzugten Versandhandel effektiv zu stärken.

Und mit dieser Forderung stehen wir nicht allein da. Nicht nur der Bundesrat, auch manche Abgeordnete der Union liebäugeln mit dem Versandverbot. Darum lassen Sie uns weiterhin gemeinsam dafür streiten, dass wir zu einer effektiven und konsequenten Lösung kommen. Das Boni-Verbot ist es leider nicht.“

Aschenberg-Dugnus: Von AvP-Pleite betroffenen Apotheken schnell helfen

Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag:

„Das Coronavirus hält uns Akteure im Gesundheitswesen alle in Atem. Die Apothekerinnen und Apotheker leisten einen entscheidenden Beitrag bei der Krisenbewältigung. Dafür möchte ich Ihnen allen an dieser Stelle ganz herzlich danken.

Christine Aschenberg-Dugnus (Foto: imago images / Metodi Popow)

Im Sinne der Patientensicherheit ist es wichtig, dass wir die Vor-Ort-Apotheken, vor allem im ländlichen Raum, stärken. Als Pharmazeuten verfügen Sie über ein großes Leistungsspektrum. Daher sollten aufwendige Beratungen, z.B. zur Verhinderung von Polypharmazie, auch besser vergütet werden.

Das von der Regierung eingebrachte „Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz“ betrachten wir deshalb kritisch, weil es nach unserer Auffassung gegen Europarecht verstößt. Wir streben nachhaltige Lösungen an, die nicht nur kurzfristig angelegt sind und zu keinem Vertragsverletzungsverfahren führen. Deshalb befürworten wir einen engen Korridor für Boni, den alle Apotheken anbieten können. Wir sind der festen Überzeugung, dass Sie mit der zusätzlichen Honorierung der Beratungsleistungen und durch Ihren guten Service auch in Zukunft wettbewerbsfähig sind. Das zeigt sich auch daran, dass trotz Boni der Anteil des Versandhandels auch nach dem Urteil des EuGH aus dem Jahre 2016 weiterhin bei lediglich einem Prozent liegt. Darauf können die Apotheken in Deutschland zurecht stolz sein. 

Die Insolvenz des Dienstleisters AvP ist äußerst beunruhigend, denn die Bundesregierung verschläft hier drohende Insolvenzen und damit mögliche Versorgungslücken. Jetzt kommt es darauf an, den betroffenen Apotheken schnell zu helfen. Dabei bietet die FDP ihre Hilfe an.“

Schulz-Asche: Stärke der Apotheker liegt in heilberuflicher Kompetenz

Kordula Schulz-Asche, Apothekenexpertin der Grünen-Fraktion im Bundestag:

„Auch wenn es zwischen Teilen der Apothekerschaft und uns Grünen durchaus auch kontroverse Ansichten gab, versuchen wir in der grünen Bundestagsfraktion tatsächlich seit vielen Jahren den Fokus darauf zu legen, worauf es bei der guten Arzneimittelversorgung der Bürgerinnen und Bürger wirklich ankommt. Wir sind uns alle einig: Für eine patientennahe, flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln ist die Vor-Ort-Apotheke unverzichtbar. 

Kordula Schulz-Asche (Foto: Grüne)

 

Deshalb ist es mir gerade jetzt, wo die Apothekerschaft mit widrigen Umständen wie der Coronakrise und der AvP-Insolvenz zu kämpfen hat, umso mehr ein Anliegen, Ihnen unsere Forderungen nochmals darzulegen.

Die Stärke von Apothekerinnen und Apothekern liegt gerade nicht darin, wie viele Arzneimittelpackungen sie verkaufen, sondern in ihrer heilberuflichen Kompetenz. Deshalb wollen wir die Vergütung von pharmazeutischen Dienstleistungen verbessern. Dazu gehört, dass wir die Arbeit von Apothekerinnen und Apothekern zum Beispiel in den Bereichen Arzneimittelsicherheit und Medikationsmanagement sowie bei der Beteiligung an Programmen zur besseren Betreuung älterer Menschen mit mehreren Erkrankungen aufwerten. 

Das ist nur ein Punkt aus unserem Antrag, mit denen wir die Vor-Ort-Apotheke stärken wollen und den wir zu den parlamentarischen Beratungen des Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetzes dazu gestellt haben. Darauf kommt es nämlich in der aktuellen Situation tatsächlich an. Das sogenannte Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz macht aus unserer Sicht nicht genug für eine echte Stärkung unserer Präsenzapotheken. Es verlängert die Debatte über das Rx-Versandhandelsverbot und verhindert die notwendige gemeinsame Diskussion über innovative und nachhaltige Ideen für eine gute Patientenversorgung und eine sichere Zukunft für die Vor-Ort-Apotheke.

Meine Damen und Herren, bleiben wir auch zukünftig im Diskurs miteinander. So können wir gemeinsam Gutes bewirken und die Apotheken zukunftsfähig machen.“

Spangenberg: Rx-Versandhandel verbieten, Lieferengpässe beseitigen

Detlev Spangenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag:

„Die Apothekenzahl in Deutschland sinkt ständig, während die großen Versender im EU-Ausland expandieren. Problematisch dabei sind Schließungen von Apotheken, bei denen im Umkreis keine andere Apotheke angesiedelt ist. Gerade dies ist  für eine flächendeckende Versorgung aber besonders wichtig. In kleineren Orten sind sie für die Menschen wichtige Anlaufstellen in Gesundheitsfragen. Oft fehlen nämlich gerade dort auch Ärzte.

Detlev Spangenberg (Foto: imago images / Christian Thiel)

Die AfD-Bundestagsfraktion fordert deshalb nach wie vor, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Gleichzeitig wollen wir den Botendienst der ortsansässigen Apotheken verstetigen und stärken.

Botendienste der Apotheken bieten den Kranken einen schnelleren Zugriff auf wichtige Arzneimittel als der Versandhandel. Es freut uns zwar, dass die Bundesregierung zwischenzeitlich dieser Forderung nachgekommen ist - allerdings nur sehr halbherzig. Warum zunächst 5 Euro angemessen sind und dann plötzlich nur noch die Hälfte, das ist unverständlich. Wir fordern weiterhin eine Honorierung in Höhe von 5 Euro zuzüglich Umsatzsteuer für jede Anlieferung, die nicht mit anderen Vergütungen oder Honoraren, die Apotheke erhält, verrechnet werden darf. Der Botendienst braucht eine wirtschaftliche Basis, die gleichzeitig dazu beiträgt, die Präsenzapotheken in der Fläche zu erhalten.

Ganz wichtig ist aber auch, dass diese für die Arzneimittel in den Apotheken zur Verfügung stehen.

Lieferengpässen muss endlich wirksam entgegengesteuert werden. Bei der Vergabe von Rabattverträgen müssen Zuschläge grundsätzlich auf mindestens zwei Anbieter verteilt werden, von denen mindestens einer sowohl das Fertigarzneimittel als auch den darin enthaltenen Wirkstoff innerhalb der EU herstellt bzw. herstellen lässt. Außerdem wollen wir ein Exportverbot für Arzneimittel, die bei uns vakant sind.“



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Parteien

von Conny am 08.10.2020 um 19:30 Uhr

....und wer hat jetzt für die Apotheken die beste Aussage gemacht ? Ich schreibs mal lieber nicht

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