Daten von 200.000 Frauen analysiert

Chirurgische Menopause erhöht Herz-Kreislauf-Risiko

Remagen - 30.06.2020, 10:30 Uhr

Offenbar spielt es hinsichtlich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle, ob die Wechseljahre chirurgisch eingeleitet werden oder natürlich eintreten. (Foto: RFBSIP / adobe.stock.com)

Offenbar spielt es hinsichtlich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle, ob die Wechseljahre chirurgisch eingeleitet werden oder natürlich eintreten. (Foto: RFBSIP / adobe.stock.com)


Bislang war bereits bekannt, dass ein früheres Alter in den Wechseljahren mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Mortalität und Gesamtmortalität in Verbindung steht. Weniger weiß man allerdings darüber, welche Rolle die Art der Wechseljahre dabei spielt und inwieweit eine postmenopausale Hormonersatztherapie das Risiko verringern kann. Ein internationales Forscherteam ist diesen Fragen mit einer umfangreichen Analyse auf den Grund gegangen.

Für Frauen ist es sicher spannend, wann und wie sie ihre Wechseljahre erleben und wie der Zeitpunkt und etwaige Unterleibseingriffe oder eine Hormonersatztherapie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) beeinflussen. Ein internationales Wissenschaftlerteam aus dem australischen Queensland und aus Melbourne, vom University College London und der Universität von Leeds sowie aus Schweden, den USA und Frankreich hat sich mit dieser komplexen Gemengelage befasst.

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Um etwaige Zusammenhänge ableiten zu können, analysierten die Forscher gepoolte Daten von 203.767 Frauen nach der Menopause. Die Daten stammen aus zehn Beobachtungsstudien, die zur internationalen Zusammenarbeit für einen Lebensverlaufsansatz zur reproduktiven Gesundheit und Ereignissen bei chronischen Krankheiten (InterLACE) beitragen. Das InterLACE-Projekt wird vom Australian National Health and Medical Research Council finanziert. 

Kategorisiert nach Alter und Art der Wechseljahre

In die Studien waren Frauen nach der Menopause eingeschlossen, für die Informationen zur Art und zum Alter der Wechseljahre sowie zu nicht tödlichen CVD-Ereignissen berichtet worden waren. Sie wurden nach Art der Wechseljahre (natürliche und chirurgische) und dem Alter in den Wechseljahren kategorisiert (<35, 35-39, 40-44, 45-49, 50-54 und ≥55 Jahre). Die natürliche Menopause wurde definiert als das Fehlen einer Menstruation über einen Zeitraum von zwölf Monaten (keine Entfernung der Gebärmutter/Hysterektomie und/oder operative Entfernung eines oder beider Eierstöcke/Oophorektomie) und die chirurgische Menopause als Entfernung beider Eierstöcke. Das Studienergebnis war das erste nicht tödliche CVD-Ereignis (definiert als Ereignis einer koronaren Herzkrankheit (KHK) oder Schlaganfall), das aus Krankenakten des Krankenhauses ermittelt oder selbst gemeldet wurde. Zur Abschätzung der Hazard Ratios (HRs) und 95-Prozent-KI für nicht tödliche CVD-Ereignisse im Zusammenhang mit natürlichen Wechseljahren und chirurgischen Wechseljahren verwendeten die Forscher Cox-Proportional-Hazards-Modelle.

20 Prozent erhöhtes Risiko

Im Vergleich zu den natürlichen Wechseljahren war die chirurgische Menopause mit einem über 20 Prozent höheren Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen verbunden (HR 1,22, 95-Prozent-KI 1,16-1,28). Stratifiziert nach Alter in den Wechseljahren ergab eine abgestufte Beziehung für CVD-Ereignisse mit niedrigerem Alter, und zwar sowohl bei natürlichen als auch bei chirurgischen. Es zeigte sich auch eine signifikante Wechselwirkung zwischen der Art der Wechseljahre und dem Alter, in dem sie erlebt wurden (P<0,001). Im Vergleich zu Frauen mit natürlichen Wechseljahren in der Altersgruppe 50 bis 54 Jahre hatten Frauen mit chirurgischen Wechseljahren, die jünger waren als 35 (HR 2,55, 2,22-2,94) und Frauen von 35 bis 39 Jahren (HR 1,91, 1,71-2,14) ein höheres Risiko für CVD als Frauen mit natürlichen Wechseljahren (HR 1,59, 1,23-2,05 bzw. 1,51, 1,33-1,72). Frauen, die in einem früheren Alter (<50 Jahre) eine chirurgische Menopause hatten und eine Hormonersatztherapie erhielten, hatten ein geringeres Risiko für KHK-Ereignisse als Frauen, die keine Hormone bekamen.

Frauen mit frühen Wechseljahren engmaschig überwachen

Die Autoren ziehen aus den Ergebnissen folgende Schlussfolgerungen: Der Zeitpunkt der Menopause sollte als wichtiger Faktor bei der Risikobewertung von CVD bei Frauen betrachtet werden. Frühere chirurgische Wechseljahre (z. B. <45 Jahre) bergen im Vergleich zu Frauen mit natürlichen Wechseljahren im gleichen Alter ein erhöhtes Risiko für CVD-Ereignisse. Eine Hormonersatztherapie (HRT) kann bei Frauen mit frühen chirurgischen Wechseljahren das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern. Frauen mit frühen Wechseljahren, sei es eine natürliche oder chirurgische Menopause, sollten nach Meinung der Autoren engmaschig überwacht werden, um vorbeugende Gesundheitsmaßnahmen zu ergreifen und eine Herz-Kreislauferkrankung rechtzeitig zu diagnostizieren. Außerdem sprechen die Ergebnisse aus ihrer Sicht dafür, dass eine beidseitige Entfernung der Eierstöcke im Falle einer der Hysterektomie bei gutartigen Erkrankungen aufgrund eines erhöhten CVD-Risikos nicht empfohlen werden sollte.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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